Prinzipien der Sozialen Arbeit und der Lokalen Ökonomie – ein Vergleich

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Judith Knabe, Cranachstr. 5, 50733 Köln, Tel.: 0221-8008321; eMail: Judith.Knabe@gmx.de

Bei dem hier veröffentlichen Text handelt es sich um das Kapitel 3 der Diplomarbeit der Autorin "Lokale Ökonomie als Ansatz Sozialer Arbeit - dargestellt am Beispiel Kölner Projekte" (eingereicht 07/2002 im Fachbereich Sozialwesen an der Kath. Fachhochschule NW Abt. Köln).
Die komplette Diplomarbeit können Sie hier als pdf-Datei » downloaden (187 Seiten, 1.849 kB), ebenso die dazugehörigen vollständigen Interviews als » Anhang (64 Seiten, 698 kB )


Im folgenden Kapitel sollen die Prinzipien der Lokalen Ökonomie mit entsprechenden, ausgewählten Theorien bzw. Konzepten der Sozialen Arbeit konfrontiert werden. Im ersten Teil jedes Abschnitts werden die einzelnen Prinzipien im Hinblick auf das Verständnis aus sozialarbeiterischer Sicht beleuchtet, um sie im zweiten Teil aus dem Blick lokalökonomischer Strategien darzustellen. Im dritten Teil eines jeden Abschnitts wird überprüft, ob beide Konzepte miteinander vereinbar sind, bzw. wo Unterschiede bestehen.
Mit dem Begriff des „Arbeitsprinzips“ richte ich mich nach einer Definition von Meinhold. Demnach sind „Arbeitsprinzipien der handlungsleitende Orientierungsrahmen allgemeiner Grundsätze, an denen sich das Handeln orientiert. Sie stellen gewissermaßen die Brücke zwischen Denken und Handeln dar. Sie sind gewöhnlich als normative Aufforderungen zum Handeln formuliert, etwa `Hilfe zur Selbsthilfe´, in denen sich eine eigentümliche Vermischung von zeittypischen Werten mit dazu passenden fachlichen Orientierungen widerspiegelt. Arbeitsprinzipien können entweder sehr allgemein gefasst sein, beispielsweise `Stadtteilorientierung´, `Partizipation´, oder eingegrenzt sein, z.B. `Entlasten´, `Vernetzen´.“ 1) Und weiter heißt es bei Meinhold: „Arbeitsprinzipien oder handlungsleitende Orientierungsrahmen liefern die Begriffe, mit denen die Handlenden ihr Tun verstehen, deuten und legitimieren.“ 2)  
Daraus ergibt sich, dass Prinzipien je nach Kontext und handelnder Person eine andere Auslegung finden und somit einen beträchtlichen Handlungsspielraum eröffnen, was problematisch sein kann. 3)  
Wichtig dabei ist, dass diese Arbeitsprinzipien von mir selber operationalisiert wurden und somit keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Allgemeingültigkeit erheben.
Die Prinzipien sind geprägt durch ihre ständige Weiterentwicklung, denn davon lebt die Lokale Ökonomie. 4)  
Die Aspekte der einzelnen Prinzipien, die aus den Theorien der Sozialen Arbeit entnommen wurden, sind ebenfalls nicht als vollständig anzusehen.
Jedes einzelne Prinzip könnte in einer eigenen Diplomarbeit behandelt werden und kann aufgrund der Fülle der Theorien in der Sozialen Arbeit nicht erschöpfend dargestellt werden. Es wird deshalb versucht, Beispiele zu nennen und die Kompatibilität der Sozialen Arbeit mit der Lokalen Ökonomie zu prüfen. Daraus ergibt sich eine unterschiedliche Länge der einzelnen Abschnitte.


1)  Bedürfnisorientierung in der Sozialen Arbeit

Die Definition von Bedürfnis enthält laut Lexikon Sozialarbeit, Sozialpädagogik, Sozialrecht drei verschiedene Kriterien, nach denen Bedürfnisse eingeteilt werden können:

  1. juristische Kriterien der Bedürfnisse und Bedürftigkeit (BSHG),
  2. psychologische Gesichtspunkte (physiologische Bedürfnisse, Sicherheitsbedürfnisse, Zuwendungsbedürfnisse, Anerkennungsbedürfnis sowie Bedürfnis nach Selbstverwirklichung (A. Maslow),
  3. organische Bedürfnisse (Nahrung) auch primäre Bedürfnisse genannt, im Gegensatz zu sekundären Bedürfnissen (Kontakte, Kommunikationen, Leistung, Einfluß).
    Bedürfnisse werden in den Sozialwissenschaften über soziale Indikatoren erfasst. Bedürfnisanalysen bilden wesentliche Voraussetzungen für politische Planungen, Maßnahmen, sowie agogische Interventionen und Methodenanwendungen in SA/SP (Zielgruppenanalysen für die Arbeit mit Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen, Randgruppen).“ 5)  

Das Fachlexikon der Sozialen Arbeit definiert Bedürfnisse wie folgt: „ Universelle und schillernde Bezeichnung für Mangelgefühle des Menschen, die durch seine physische, psychische und sozio-kulturelle Existenz verursacht werden. Menschliche Bedürfnisse werden in diesem Sinne als Spannungszustände interpretiert, die aus einer subjektiv erlebten Mangellage (materieller oder immaterieller Art) resultieren und nach Ausgleich (Homöostase), also Befriedigung drängen.“ 6)  
Interessant ist die Tatsache, dass es sich hier um eine Definition handelt, die der ältesten und gebräuchlichsten Bedürfnisdefinition aus der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur entlehnt ist. 7)  
Bereits vor Maslow 8) legte Arlt 9) eine Skala der Grundbedürfnisse vor. Sie sah den Menschen als Täter wie als Opfer in einem umfassenden ökologischen Netzwerk mit ungleicher Chancenverteilung. 10) Die Theorie der Fürsorgewissenschaft nach Arlt geht von einem speziellen Armutsbegriff aus. 11) Sie stellt die Bedürfnisse in den Fordergrund: „(...) Armut ist sonach die wirtschaftliche Unmöglichkeit zur ausreichenden Befriedigung aller oder einzelner der wirtschaftlichen Grundbedürfnisse.“ 12)  
Arlt legt dreizehn Grundbedürfnisse des Menschen zugrunde, die Ausgangspunkt für jede fürsorgerische Hilfe sein sollten.
Sie benennt Ursachen und Grundvoraussetzungen, die ein Mensch haben muss, um seine Grundbedürfnisse zu befriedigen. Auf dieser Theorie entwickelt Arlt die Hilfsmaßnahmen einer adäquaten Fürsorge. Diese Fürsorge, die alle Bedürfnisse und fehlende Vorraussetzungen zu ihrer Befriedigung beachtet, nennt sie „Volkspflege“. „Volkspflege ist die Hilfsweise, welche nach genauer Erfassung der Not die Hilfe stets unter gleichzeitiger Berücksichtigung aller Grundbedürfnisse volkswirtschaftlich richtig aufbaut und bei der Durchführung Volkssitte und Volksart berücksichtigt.“ 13)  
Hier sind zwei Grundannahmen zu erkennen. Erstens geht Arlt von der Existenz menschlicher Grundbedürfnisse aus, die es zu befriedigen gilt und zweitens geht sie von der ökologischen Sichtweise aus, dass die Befriedigung der Bedürfnisse stark von der Umwelt abhängig ist.
Deshalb gilt Arlt auch als Vordenkerin für eine ökologisch orientierte Theorie der Sozialen Arbeit, wie sie z.B. Wendt vertritt. 14)  
Dieser Ansatz befasst sich mit Prozessen und Beziehungen von Menschen und ihren Umwelten unter einer ökologischen Perspektive, d.h. mit den personalen und inneren Prozessen von Menschen in ihren physischen, sozialen und kulturellen Gegebenheiten. Bedürfnisse und Lebenslagen werden hier als Ergebnisse des Austausches zwischen Person-Umwelt-Beziehung gesehen. Das Ziel lautet deshalb, die Zusammenarbeit bzw. Vernetzung zwischen Mensch und Umwelt zu verbessern oder zu optimieren, damit es nicht zu negativen Auswirkungen kommt.
Die ökologische Sozialarbeit erweitert somit den Umweltbegriff, indem sie den strukturellen, räumlichen und physischen Gegebenheiten mehr Gewicht gibt und besonders die Systembezüge zwischen Person und Umwelt in den Blick nimmt. 15)  
Auch Staub-Bernasconi bezieht sich auf die Bedürfnistheorie von Addams, die mit der Gründung von Hull-House als „Sozialbürgerhaus“ immer beim Individuum und einer Analyse der Determinanten und folgender jeweils festgestellten Bedürfnisbefriedigungsnotstände. Die Menschen wurden hier als „neighbours in need“ verstanden. 16)  
In Staub-Bernasconis Theorie der „Sozialen Arbeit als Menschenrechtsprofession“ begreift sie die Menschenrechtperspektive auf allen Ebenen der Gesellschaft, also auf der Ebene des Individuums ebenso wie auf den Ebenen des Gemeinwesens wie der Gesellschaft, als Zentrum der Theorie und Praxis Sozialer Arbeit. 17) Sie sieht die Menschenrechte als eine wichtige Ressource, aus denen sich für die Soziale Arbeit ein eigenbestimmter und selbstdefinierter Auftrag ergeben könne. D.h. die Aufgabe müsse lauten, auf allen Ebenen der Gesellschaft eine Menschenrechtskultur zu schaffen. Eine der sieben Thesen nach Staub-Bernasconi bezieht sich auf die Bedürfnisorientierung nach Arlt, weswegen sie hier interessant ist. Das Organisationsprinzip der Sozialen Arbeit solle demnach die Bedürfnisorientierung sein, denn „Menschen- und Sozialrechte geben Sozialer Arbeit die Möglichkeit zurück, in größter Radikalität vom Menschen, seinen Bedürfnissen und Nöten (...) her zu denken.“ 18)  
Die Theorie der Menschenrechte stellt eine Universalität fest, d.h. alle Menschen haben Grundbedürfnisse, weshalb die Menschenrechte auch für alle Menschen gelten. Der Auftrag Sozialer Arbeit leitet sich also nur mittelbar vom Träger einer sozialen Leistung ab, er ist darüber hinaus unmittelbar durch die Bedürfnisse der Menschen begründet. 19)  
Klienten- und Bedürfnisorientierung wird in den dargestellten Theorien als professionsethisch gebotenes Ziel gesehen. Dies unterscheidet die Bedürfnisorientierung der Sozialen Arbeit von einer Orientierung an den Kundenbedürfnissen in der Wirtschaft. Dort ist Bedürfnisorientierung nur ein Mittel zum Zweck der Gewinnmaximierung und nicht das eigentliche Ziel. 20)  
Ein weiterer Begriff der in der Sozialen Arbeit im Zusammenhang mit Bedürfnisorientierung zu nennen ist, ist die „Bedarfsplanung“. 21)  
Mit Hilfe der „Bedarfsplanung“ wird in der Sozialen Arbeit ein Hilfsangebot in Art und Umfang ermittelt und festgelegt. Voraussetzung sind hierbei die Kenntnisse über die Bedürfnisse der Zielgruppe, d.h. über die durch Defizite in den individuellen und sozialen Lebensbedingungen verursachten Problemsituationen.
„Auf dieser Grundlage wird im Rahmen aktuell bestehender Normvorstellungen und politischer Prioritäten durch eine Gegenüberstellung des Bestandes an Einrichtungen und Diensten der angestrebten Ziele (Soll-Ist-Vergleich) der maßnahmenbezogene Hilfebedarf ermittelt.“ 22)  
Eine bedürfnisgerechte Bedarfsplanung ist dadurch allerdings noch nicht zwingend gewährleistet. Erst durch empirische Forschung und unmittelbare Beteiligung der Betroffenen am Planungsprozess kann eine bedürfnisgerechte Planung ermöglicht werden. 23)  
Doch diese Theorien zeigen auch, dass eine Geldzuweisung Armut „nicht abschafft“ und die Bedürfnisse nur materiell abdeckt. Sozialhilfe reicht nicht aus. Armut zu „verwalten“ und kontinuierlich Leistungen an Einzelpersonen auszuzahlen, in der Hoffnung, damit Normalität in den Haushalten aufrecht zu erhalten, greift zu kurz. Vernachlässigt wird, dass Armut auch die eingeschränkte Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben bedeutet und somit materielle und immaterielle Bedürfnisse vorhanden bleiben, die sich im Lebensalltag der Menschen spiegeln. 24)


1.1)  Bedürfnisorientierung in der Lokalen Ökonomie

Das Quartier als Ort der Existenzsicherung, des Wohnens, des sozialen Austausches und der Teilhabe an gesellschaftlichen Einrichtungen, gewinnt vor allem für benachteiligte BürgerInnen 25) zunehmend an Bedeutung. Wir gelangen an die Kapazitätsgrenzen der Mobilität und der sekundären Bedürfnisbefriedigung. Primäre Bedürfnisse, soziale, finanzielle, kulturelle und ökologische Existenzsicherung stehen heute wieder an erster Stelle. Das Quartier bietet zur Befriedigung dieser Bedürfnisse ein großes Ressourcenpotential, das es zu Nutzen gilt. 26) 
Im Mittelpunkt der Lokalen Ökonomie stehen die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Bevölkerung, sei es eine bestimmte soziale Zielgruppe oder die örtliche Bevölkerung. D.h. die Bedürfnisse und Wünsche der Menschen sind die zentrale Aufgabe der Organisationen in der Lokalen Ökonomie ganz im Sinne einer „people-centred economy“. 27) Leistung wird daher in Beziehung auf die Menschen und die Gesellschaft gemessen. Das impliziert eine ganzheitliche Herangehensweise 28) im Sinne der Gleichwertigkeit primärer und sekundärer Bedürfnisse. Die Überwindung der Trennung von wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen und kulturellen Handlungsstrukturen wird angestrebt, in dem z.B. ein Arbeitsplatz nicht nur die wirtschaftliche Existenzsicherung gewährleistet, sondern auch Selbstverwirklichung und die Schaffung eines sozialen Netzes im Vordergrund stehen. 29)  
Laut Mertens und ihrer Studie zur Bedürfnisorientierung und Politik in der Weltgesellschaft, in der sie die Lebensverhältnisse und Befriedigungsstrukturen im Kölner Stadtteil Mülheim untersuchte, benennen die BewohnerInnen die Bedürfnisse im Stadtteil ganz konkret. Es geht um Wohnraum, Grünflächen,
Spielplätze, saubere Straßen, öffentliche 30) und private Plätze. 31)  
Mertens stellte die Hypothese auf, dass unbezahlte Eigenleistungen der Haushalte wesentlichen Anteil an der sozialen Sicherung unter Berücksichtigung der hohen Arbeitslosigkeit in Köln-Mülheim haben. Die Untersuchung sollte Strategien aufdecken, mit denen die Haushalte z.B. durch unbezahlte und informelle Arbeit fehlendes Haushaltseinkommen kompensieren. 32)  
Ergebnisse der Studie zeigen, dass zwar Bedürfnisse des täglichen Lebens gemeinschaftlich organisiert werden, z.B. mit Haushaltsangehörigen oder Verwandten in Haushaltsnähe oder aber auch mit anderen Haushalten der Umgebung, aber auch darüber hinaus globale Beziehungen z.B. zu Freunden im Ausland bestehen, die eine wichtige Funktion einnehmen können. Im Gesamten konnte Mertens Hypothese also nicht bestätigt werden. Der materielle Wohlstand wurde eher in Haushalten durch soziale Netzwerke ergänzt, die auch vorher bereits ökonomisch abgesichert waren. 33) Doch zu keiner Zeit war unbezahlte Arbeit ein Ersatz für Einkommen aus der Erwerbsarbeit. 34)  
In Befragungen wurde deutlich, dass das Bedürfnis aber weit über ökonomische Ziele hinaus geht. Gerade in den etablierten Haushalten im Stadtteil, wurde neben dem sicheren monetären Einkommen durch unbezahlte Versorgungsarbeit, Eigenarbeit in Haushalten und Engagement in lokalen Netzwerken und Initiativen Wert darauf gelegt, auch „kulturelles und soziales Kapital“ 35) zu erwerben, welches ebenfalls zur Absicherung der Lebensverhältnisse beiträgt.
Zusammenfassend erklärt Mertens, dass es ähnliche Ausgangspunkte bei Strukturen der vor Ort tätigen Organisationen gibt. „Zunächst liegt der Ausgangspunkt bei Bedürfnissen der alltäglichen Lebensführung, wie sie in Haushalten und den engeren sozialen Netzwerken der Haushalte bearbeitet werden. Im wesentlichen geht es um die Wiederaneignung von Raum, Zeit und Ressourcen durch die in einem Stadtteil, einer Region lebenden Menschen. Die sozialen Bewegungen um die Aneignung lokaler Verfügungsmacht als Gegenmacht zur Globalisierung (Empowerment) haben als gemeinsame Grundpfeiler die Herstellung sozialer Beziehungen und kultureller Identitäten (soziales und kulturelles Kapital), die gemeinsame Aneignung von Verfügungsmacht über Orte (politics of place) und die Bedürfnisorientierung auf Gewinn als Handlungsmaxime für lokale Politik in der Weltgesellschaft.“ 36)  Lebensqualität und Bedürfnisbefriedigung hängt nach Mertens nachhaltig auch von der Mobilisierung und Effektivierung lokaler Ressourcen ab. Vieles deutet darauf hin, dass – zwar nicht unabhängig von Erwerbseinkommen – die lokale Einbettung der Haushalte in soziale Netzwerke und lokale Ökonomien entscheidend für den Lebensstandard ist.
Denn es werden mit dieser Arbeit nicht nur die eigenen, sondern auch die Bedürfnisse anderer befriedigt. 37)  


1.2)  Fazit

Gezeigt wurde, dass die Bedürfnisorientierung in der Theorie der Sozialen Arbeit bereits seit den Anfängen der Professionalisierung fest verankert ist. Einige Autoren wie Staub-Bernasconi fordern eine Rückbesinnung auf dieses Prinzip, ganz so, wie es in der Lokalen Ökonomie gefordert wird.
In Bezug auf das Prinzip der Bedürfnisorientierung kann eine Übereinstimmung zwischen Sozialer Arbeit und Lokaler Ökonomie festgestellt werden. Der Ansatz der Lokalen Ökonomie steht in diesem Punkt den Theorien und Prinzipien der Sozialen Arbeit nicht gegensätzlich gegenüber. In beiden Fällen sollten idealerweise die Bedürfnisse der Betroffenen Handlungsgrundlage jeder Intervention im Gemeinwesen sein.


2)  Integration in der Sozialen Arbeit

Der Begriff der Integration wird in vielen Bereichen der Sozialen Arbeit verwendet. Er findet in den meisten Einrichtungskonzeptionen Erwähnung, und doch ist er problematisch.
Dem Wortsinn nach bedeutet Integration ursprünglich (lat. integrare) „Wiederherstellung, Erneuerung“. Gegenwärtig wird der Begriff meist im Sinne von Eingliederung, Anpassung oder Angleichung verwendet. 38)
Die Definition des Fachlexikons der sozialen Arbeit stellt fest: „Soziale Integration wird dabei in der Regel als Anpassung an das Normengefüge und den Lebensstil einer Gesellschaft oder Gruppe verstanden, wobei abweichende Verhaltensweisen und -orientierungen zugunsten einer Assimilation (Angleichung; Übernahme der Verhaltensweise + Verlust jeglichen Gruppenbewusstseins) nach und nach aufgegeben werden.“ 39) Die Vieldeutigkeit des Begriffes läßt seine Bedeutung in vielen Fällen unklar und macht eine Definition im jeweiligen Kontext notwendig.
In der Interkulturellen Arbeit, d.h. in der Arbeit mit ausländischen Menschen, taucht die Frage ganz besonders auf, was Integration bedeutet und wie man dazu beitragen kann. Die verinnerlichte Kultur der ersten Sozialisation muss in der Fremde revidiert werden (Enkulturation). 40) Deren Wertmaßstäbe besitzen keine Gültigkeit mehr. Die Normen und Werte der neuen Kultur sind nun gültig und an die muss eine Anpassungsleistung erbracht werden (Akkulturation). 41) Es ist die Fähigkeit der „Ambiguitätstoleranz“, die notwendig ist, um ein gesundes Maß zwischen der eigenen und der übernommenen Kultur zu finden, um sich in einer zunächst fremden Kultur zu integrieren, ohne seine bis dahin erlernten Werte zu verlachlässigen. Integration bedeutet in diesem Zusammenhang „die Eingliederung der Zuwanderer in das soziostrukturelle Gefüge der Aufenthaltsgesellschaft, vor allem in das ökonomische, das politische und das System der öffentlichen Daseinsvorsorge (also vor allem das Bildungssystem), und zwar unabhängig von einer kulturellen Anpassung.“ 42) Zu beobachten ist, dass es zu „Segregation“ 43) kommt. Eine Integration wird verweigert. Die Werte, die seiner eigenen Kultur zugeordnet sind, werden übersteigert dargestellt, um sich von der fremden Kultur bewusst abzuheben. 44) Von einer „Diffusion“ spricht man, wenn jemand bisher keine eigene kulturelle Identität aufgebaut hat und zwischen „Assimilation“ und „Segregation“ schwankt. Die Auswahl des Vorgehens hängt sehr stark von der Persönlichkeit desjenigen ab, der in der Fremde ist.
Die Soziale Arbeit ist in diesem Bereich auf äußerste gefordert, Lösungen zu erarbeiten, wie die Gesellschaft der Einheimischen zu einer Chancengleichheit für Minoritäten beitragen kann. 45)
Der Begriff bleibt allerdings problematisch, da er offen lässt, in welches gesellschaftliche Normverhältnis Randgruppen von der Sozialen Arbeit integriert werden sollen. Berechtigt ist deshalb die Auseinandersetzung mit dem Integrationsbegriff in der Sozialen Arbeit.
Die Vorstellung, dass Soziale Arbeit Menschen „in die Gesellschaft integrieren“ soll, ist zunächst eine logische Beschreibung ihres Auftrags. Auch moralisch ist es richtig, sich um den Zugang zur Gesellschaft in Bezug auf die Befriedigung der primären Bedürfnisse für Arme, Ausgegrenzte und Randgruppen zu kümmern. Soziale Teilhabe soll gesichert werden, damit „Exklusion“ 46) (Ausschluss) verhindert wird. 47)
Was gegen eine solche Sichtweise spricht, ist die Tatsache, dass Soziale Arbeit in einigen Fällen auch Desintegrationsarbeit leistet, z.B. wenn es um Gruppen bzw. Cliquen geht, bei denen die Integration zu Problemen führt wie bei rechtsextremen Skinheads oder Hooligans. Des weiteren muss die Frage gestellt werden, in welche Gesellschaft Soziale Arbeit integrieren soll. Was ist das Wert- und Normbild der Sozialen Arbeit oder deren Auftraggeber, das zum Maßstab gemacht wird?
In einer pluralistischen Gesellschaft, in der unterschiedliche Lebensstile und Interessen vorhanden sind, sollte es sich bei der Aushandlung von Normen und Werten um einen offenen Aushandlungsprozess handeln. 48)
Die klassische Sozialarbeit bezieht sich noch auf Werte, die wesentlich mit den „bürgerlichen Arbeitstugenden“ zusammenhängen. Sich darauf zu berufen, fällt in einer Gesellschaft mit derzeit über vier Millionen Erwerbslosen allerdings schwer. 49) Mit zunehmendem Zerfall übergreifender Deutungssysteme und aufgrund von herrschendem Pluralismus der Lebensformen und -vorstellungen, kommt es deshalb zu Unsicherheit, was als gesellschaftlich normale Lebensform gelten kann. 50) Scherr plädiert deshalb dafür, den Leitbegriff der Integration in der Sozialen Arbeit aufgrund seiner Ungenauigkeit und der Tatsache, dass er die Erwartungen der Gesellschaft und nicht die Bedürfnisse der Adressaten in den Vordergrund stellt, aufzugeben. Die Frage lautet also naheliegender, wie Soziale Arbeit den Zugang zu Teilsystemen der Gesellschaft, etwa zu medizinischer Versorgung oder zu Bildung, also der Inklusion, ermöglichen kann. Ebenso ist „Exklusionsvermeidung“ sowie die Bewältigung der Folgen von „Exklusion“ und problematischer „Inklusion“ von Notwendigkeit. 51)
Hinzu kommt, dass die Erwartungen der Gesellschaft, die an den Begriff der Integration gekoppelt sind, von der Sozialen Arbeit gar nicht geleistet werden können. Denn Zugehörigkeit, gleich in welchem Kontext, erfordert gegenseitige Anerkennung. 52) Und daran müssen alle Gesellschaftsmitglieder mitwirken.


2.1)  Integration in der Lokalen Ökonomie

In der Lokalen Ökonomie geht es vordergründig darum, Menschen, die ins ökonomische und soziale Abseits gedrängt worden sind, „wieder ökonomisch zu reintegrieren“ 53)
Es geht um eine ökonomische Wiedereingliederung, in der es zu einem Ausgleich ökonomischer Benachteiligungen kommen soll.
Diese Integration geschieht durch die Organisationen der Lokalen Ökonomie, die sich ein solidarisches Wirtschaften zum Ziel gemacht haben.
Sie tragen dazu bei, „dass alle Menschen in der Gesellschaft gleiche Rechte und Chancen in den Entscheidungsprozessen haben – ohne jedwede Diskriminierung, sei sie rassischer, geschlechtlicher, sexueller Art oder habe sie mit (körperlichen oder geistigen) Fähigkeiten, Religionen, politischer Zugehörigkeit oder ökonomischer Benachteiligung zu tun.“ 54) Die Lokale Ökonomie geht davon aus, dass mit dem Ausgleich von Benachteiligungen durch die Eingliederung von Menschen in sozialökonomische Prozesse, Ausgrenzung rückgängig gemacht und Zusammenhalt im Gemeinwesen erzeugt wird. 55)
Praktisch heißt das vor allem, dass die Organisationen der Lokalen Ökonomie eine gleichberechtigte Beteiligung an Entscheidungsprozessen innerhalb der Organisation auch in Bezug auf die Produktionsmittel und Gewinne, d.h. „Demokratie im wirtschaftlichen Sinne“ 56) fördern wollen.
Wie in der Sozialen Arbeit auch, ist hier die kritische Anmerkung erlaubt, an welchem Normgefüge sich die Lokale Ökonomie bei der Integration orientieren soll.
Bereits festgestellt wurde ja, dass die Lokale Ökonomie als ein Gegenkonzept zur derzeit herrschenden Form des Wirtschaftens gelten kann. 57) Wenn man die Lokale Ökonomie allerdings als ein komplementäres System zur Gesellschaft sieht, läßt sich die Frage stellen, ob man die ausgegrenzten Bevölkerungsgruppen nicht eher in ein Subsystem integriert, als tatsächliche gesellschaftliche Integration schafft. 58)


2.2)  Fazit

Im Gesamten ist der Integrationsbegriff durchaus kritisch zu sehen und seine Verwendung sollte immer in einen deutlichen Kontext gebracht werden. Zentral ist hier meines Erachtens der Integrationsbegriff, wie er bei Nieke verwendet wird, da er nicht nur für Zuwanderer in der interkulturellen Pädagogik verwendet werden kann, sondern ebenso auf Randgruppen übertragbar ist. Bei Nieke ist die „Chancengleichheit“ ein wichtiges Kriterium, um Integration messen zu können.
Eine vollständige Integration wäre erreicht, wenn die Zuwanderer den Einheimischen die gleichen Chancen hätten, alle attraktiven Positionen zu erreichen, wenn also nicht nur formale, sondern faire Chancengleichheit gewährleistet wäre. 59)
Trotz vielfach problematischer Verwendung wird deutlich, dass Lokale Ökonomie und Soziale Arbeit gleichermaßen eine Integration Randständiger in vorhandene ökonomische, politische und kulturelle Sozialsysteme zum Ziel haben. Es liegt also in diesem Punkt eine Übereinstimmung vor.


3)  Ressourcenorientierung in der Sozialen Arbeit

Der Begriff der Ressourcenorientierung hat in den letzten 20 Jahren Einzug in den Sprachgebrauch der Sozialen Arbeit gefunden und wird in vielen Einrichtungskonzepten ausdrücklich als Ziel genannt. 60)
Bünder sieht die Orientierung auf die „Ressourcen“ der Klientel als ein gesellschaftliches und sozialpolitisches Phänomen, dass vor allem durch die wirtschaftlich kritische Situation an Popularität gewonnen hat und die Rahmenbedingungen Sozialer Arbeit zunehmend beeinflusst. 61)
Um so mehr fällt auf, dass der Begriff der Ressource(norientierung) selbst in neueren Auflagen renommierter Wörterbücher oder Handbücher für Soziale Arbeit keine Erwähnung findet. 62)
Im Brockhaus heißt es unter dem Stichwort „Ressource“: „im weiteren Sinne alle Produktionsfaktoren (Arbeit, Boden, Kapital), im engeren Sinne Rohstoffe, Energieträger (Bodenschätze, fossile Energieträger, Wasserkräfte u.a.).“ 63)
Bei der völlig unterschiedlichen Verwendung des Begriffs in der Literatur der Sozialen Arbeit wird deutlich, dass unklare Definitionen aus Soziologie und Psychologie 64) zum Teil unreflektiert übernommen wurden. 65)
Wichtig ist zunächst die Unterscheidung zwischen materiellen und nicht-materiellen Ressourcen.
Nach Bünder sind materielle Ressourcen daher „alle erschöpfbaren und regenerierbaren natürlichen Stoffe oder von Menschen produzierten Waren, Güter und Tauschmittel. Wesentlich an einer Ressource ist der Sachverhalt, dass sie (noch) nicht direkt zugänglich ist, sondern dass unter günstigen Bedingungen erwartet werden kann, dass über sie verfügt werden kann. Ressourcen, die identifiziert, nachgewiesen werden können und einem direkten Zugriff unterliegen heißen statt dessen Reserven.“ 66)
Nach Bearbeitung psychologischer und soziologischer Theorien und Modelle (z.B. von Parsons, Etzioni oder Nestmann) kommt Bünder zu dem Schluss, dass „nichtmaterielle im Gegensatz zu materiellen Ressourcen eine beinahe unbegrenzte Kategorie bilden. Was für einen Menschen oder eine Gruppe von Menschen nichtmaterielle Ressourcen darstellen, ist abhängig vom Kontext der persönlichen, sozialen und kulturellen Situation. Sie können verstanden werden als Ausstattungen, Fertigkeiten und Fähigkeiten, hier speziell als Wahrnehmungs-, Erkenntnis- und Emotionsfähigkeiten. Eine nichtmaterielle Ressource ist dadurch gekennzeichnet, dass sie – gegebenenfalls in Verbindung mit anderen Ressourcen – ein Hilfsmittel darstellt, um ein erwünschtes oder erwartetes Ziel erreichen zu können.
Nichtmaterielle Ressourcen sind danach zu unterscheiden, ob sie einem Individuum persönlich zur Verfügung stehen oder aus eigener Kraft erschlossen werden können. Diese heißen personale oder interne Ressourcen. Sind diese Ressourcen jedoch im Besitz bzw. in der Verfügungsgewalt anderer Personen, sprechen wir von externen oder sozialen Ressourcen.“ 67) 
Auch Staub-Bernasconi, die sich mit dem Begriff der Ressourcenorientierung in der Sozialen Arbeit beschäftigt, unterscheidet zwischen materiellen und nichtmateriellen Ressourcen. Sie definiert den Ressourcenbegriff und dessen Eingang in die Soziale Arbeit "

  1. als Oberbegriff für alle wirtschaftlich-materiellen, personellen und ideel-kulturellen Hilfsquellen, Dienstleistungen, infrastrukturellen Einrichtungen, die der Sozialen Arbeit zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse zur Verfügung stehen, durch sie erschlossen oder hergestellt werden können (...)
  2. als Oberbegriff für das, was ihre Klientel in den Lern- und Hilfsprozessen an eigenen Kompetenzen, Stärken sowie materiellen und ideellen Beiträgen einbringt
    seit den 90er Jahren vereinzelt als Oberbegriff für Soziale Arbeit schlechthin (...) 68)
  3. als Zusatz- oder Ersatzbegriff für eine differenzierte Problemerfassung, die von einer zu überwindenden, negativen `Problem- und Defizitorientierung´ zu einer positiven Ressourcenorientierung führen soll.“ 69)

Ein Verständnis von externen Ressourcen findet man bei Brack. 70) Sie benutzt den Begriff „externe Ressourcenerschließung“ im Zusammenhang mit der klassischen Arbeit in der Einzelfallhilfe, was früher auch als „Sachhilfe“ beschrieben wurde.
Mit externen Ressourcen bezeichnet Brack die Sozialleistungen des Staates (des Ressourcenverwalters), die die SozialarbeiterIn mit bestimmten Verhandlungs- und Vermittlungsstrategien und in Anwaltschaft für den Klienten zu erschließen hat.
Unter dem Begriff werden im Rahmen der externen Ressourcenerschließung also folgende Leistungen zusammengefasst: 71)

  • Erschließung von finanziellen (Sozial-)leistungen
  • Sichern und Erschließen von Arbeit, Beschäftigung und Ausbildung
  • Sicherung einer Unterkunft
  • Vermittlung von (Teil-)stationärer Betreuung
  • Erschliessen von ambulanten Diensten

Im Gegensatz zu diesen öffentlichen Leistungen, auf die in der Regel ein Rechtsanspruch besteht und für deren Erlangung gewisse Kriterien vorhanden sein müssen, sind die „informellen Ressourcen“ nach Brack ein Gut, dass von Privaten nur aus Entgegenkommen abgegeben wird.
Zu nennen sind hier freiwillige Geldleistungen, Erlass von Schulden, bevorzugte Behandlung bei der Vergabe von Arbeitsplätzen oder Wohnraum, aber vor allem auch zwischenmenschliche Dienste. 72)
Hierzu gehören meines Erachtens auch Geldleistungen des sogenannten „Social sponsoring“, also Spenden von Firmen, die an eine bestimmte Klientengruppe oder Einrichtung gehen, wovon die Firma sich positive Werbung verspricht. Oder auch Leistungen, die aus bestimmten Fonds wie dem Europäischen Sozialfond für eine bestimmte Arbeit in Einrichtungen oder die Erschließung von Stiftungsgeldern für Projektarbeit in einer Einrichtung.
Staub-Bernasconi führt hierzu an, dass die externe Ressourcenerschließung nicht nur für die Einzelfallhilfe gilt. Für die Soziale Arbeit im Gemeinwesen geht es ebenso um die Erschließung externer Ressourcen z.B. in Bezug auf die Schaffung einer besseren Infrastruktur durch mehr Räume, Verkehrsverbindungen etc. 73)
Brack plädiert für eine Beschreibung der Kenntnisse zur externen Ressourcenerschließung. Sie sieht hier eine Notwendigkeit für eine Theoriebildung. Denn obwohl das Erschließen dieser Ressourcen zur täglichen Arbeit eines/r SozialarbeiterIn gehört, gibt es kaum theoretische Kenntnisse über ihre Arbeitstechniken. Brack versucht hier eine Systematisierung: 74)

  • Systematische Erfassung der „Ressourcengeografie“, also einer Übersicht über die vorhandenen Geldquellen in einem Gemeinwesen, ihrer Anbieter und der Voraussetzungen zu ihrer Erlangung.
  • Dokumentation der Ressourcen, bei der alle nötigen Dokumente und Daten eines Klienten archiviert werden, um sinnvolle Hilfe zu leisten und den Überblick zu bewahren.
  • Pflege der Beziehungen zu Ressourcenverwaltungen in Form von Öffentlichkeitsarbeit und kooperativ-integrativem Verhalten

Ein weiteres wichtiges Verfahren, ist das Initiieren neuer Ressourcen, die einen vorhandenen, aber bisher nicht gedeckten Bedarf bedienen sollen. Dazu gehört es auch, die Hilfsquellen einem Bedarf anzupassen, wenn dieser sich verändert hat. 75)
Für Staub-Bernasconi lässt sich die Funktion Sozialer Arbeit in Zusammenhang mit Individuen sowohl als die „Erschließung von Ressourcen zur Befriedigung von Grundbedürfnissen als auch die Ermöglichung und Förderung von Lernprozessen im Hinblick auf individuelle und kulturelle Orientierungs- und Handlungsmuster (...)“ 76) bezeichnen. Staub-Bernasconi verweist ebenfalls auf die Theorien der Sozialarbeitstheoretikerinnen Addams, Salomon und Arlt, die bereits die Ressourcenerschließung als klassische Arbeitsweise der Sozialen Arbeit beschrieben, ohne den Begriff direkt zu verwenden. 77)
In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass die Erschließung von Ressourcen eng mit einer Theorie der Bedürfnisbefriedigung verknüpft sind, wie sie vor allem Arlt vertritt.
Als Hauptziel der Ressourcenerschließung nennt Staub-Bernasconi die ressourcenmäßige Besserstellung von Individuen, Familien, gesellschaftlichen Gruppen als auch von territorialen und organisationellen Gemeinwesen. 78) Ressourcenorientierung findet also auf verschiedenen Ebenen statt, nämlich individuell, gruppenbezogen, gemeinwesenbezogen (lokal), organisationsbezogen, im nationalen und internationalen Kontext. 79)
Bünder stellt trotz der obigen Darstellungen fest, dass die Soziale Arbeit im Zuge der „Therapeutisierung Sozialer Arbeit“ in den letzten zwanzig Jahren bei der Thematisierung von „Ressourcenorientierung“ meist nichtmaterielle Ressourcen meint. Dies ist bei einer materiellen Ressourcenknappheit nicht nur in der Sozialen Arbeit verwunderlich. 80)
Hinzu kommt die Problematik, dass die Übertragung der Theorie einer nichtmateriellen Ressourcenerschließung in der Praxis äußerst schwierig ist. Wie erschließt man die Fähigkeiten und Fertigkeiten seiner Klientel? Wie nutzt man diese Fähigkeiten für einen positiven Prozess etwa im Rahmen der Beratung? Dies sind wichtige Fragen, die in einem fachlichen Diskurs, wie in einer einübenden Praxis weiterzuentwickeln sind. 81)


3.1)  Ressourcenorientierung in der Lokalen Ökonomie

Ebenso wie aus dem Zusammenhang der Konzepte der Einrichtungen der Sozialen Arbeit, die den Begriff Ressourcenorientierung benutzen, hervorgeht, handelt es sich in der Lokalen Ökonomie bei Ressourcen um die Fähigkeiten der beteiligten BewohnerInnen, also um nichtmaterielle Ressourcen sowie um materielle Ressourcen, die es zu erarbeiten gilt.
Die Fähigkeiten der BewohnerInnen sollen erkannt und auf eine Weise genutzt werden, die dem Menschen selber und dem Gemeinwesen oder der Gemeinschaft nützlich sind. Betriebe sollen im Sinne von ökonomischer Selbsthilfe auf eigenen Kräften und Fähigkeiten aufbauen, statt auf der Abhängigkeit von sozialen Zuwendungen. Vorrangig vor Sachkapitalinteressen soll bei Investitionen oder Projekten die Entfaltung menschlicher Ressourcen sein. 82)
Doch ein wichtiger Aspekt ist m.E. die Ressource der Produktionsmittel. Eine Initiative, die ein lokalökonomisches Projekt oder ein soziales Unternehmen gründet, hat in der Regel zunächst keine oder nicht ausreichend Produktionsmittel zur Verfügung. Zu diesem Zweck schlagen Vertreter der Lokalen Ökonomie die Gründung eigener Finanzierungsinstrumente vor. 83) Auch andere Unterstützungseinrichtungen wären sinnvoll, wie etwa das Angebot zielgerichteter Beratungs- und Qualifizierungsmaßnahmen für lokalökonomische Vorhaben, denn auch hier handelt es sich um zu erschließende Ressourcen. 84)
Im Zusammenhang mit Gemeinwesenorientierung Lokaler Ökonomie können Ressourcen jedoch auch Kompetenzen und finanzielle Unterstützung von ansässigen Unternehmen oder die Unterstützung der örtlichen Verwaltung eines Projektes mit öffentlichen Zuschüssen sein.
Um Ressourcen erkennen und nutzbar zu machen, sieht die Lokale Ökonomie vor allem eine Defizit- und Ressourcenanalyse für geeignet. Doch ebenso wie in der sozialen Arbeit fehlt es an einer klaren Definition der Ressourcen, die in lokalökonomischen Projekten erschlossen werden sollen.
Konkreter hingegen ist die Beschreibung von Methoden der Ressourcenerschließung. Einer dieser Methoden ist das sogenannte „Planning for real“ ein mobilisierendes Planungsverfahren, dass die Beteiligung der BewohnerInnenInnen an Veränderungen ihres Stadtteils ermöglicht. 85)
Eine neuere Entwicklung im Sektor der Lokalen Ökonomie ist die Gründung von sogenannten „Umsonstläden“. 86) Funktionsfähige Dinge jeder Art können in einem Ladenlokal, geführt von einer Gruppe engagierter BürgerInnen, abgegeben werden. Diese Gegenstände können sich interessierte Kunden umsonst abholen. Nicht jeder, der was nimmt, muss auch was geben, lautet eine Regel. Bei jedem Besuch dürfen allerdings nur drei Teile mitgenommen werden und eine kleine Spende für Unkosten wie Miete und Strom sind willkommen. „Umsonstläden“ sind eine möglichst einfache Form der materiellen Ressourcenerschleißung, mit dem entscheidenden Vorteil, dass sie für jeden zugänglich sind. 87)
Eine der bekanntesten Methode ist der Tauschring. Die Tätigkeiten der zahlreichen Tauschringe, die sich weltweit gründen, können als ressourcenorientiert bezeichnet werden. Deutschlandweit gibt es bisher etwa 260 Tauschringe, die alle geldlos, aber mit sogenannten „Talenten“, „Motten“ oder „Kreuzern“, also mit ihren Fähigkeiten handeln. 88) „Ein Tauschring fördert also den geregelten Tausch von Gütern zwischen Menschen im Rahmen einer Verrechnungseinheit durch eine zentrale Tauschvermittlungsstelle. Er beseitigt die Abhängigkeit von Kapital und führt zu einem reflektierteren Umgang mit Geld. Die überwiegende Mehrzahl der Tauschringe arbeitet ohne positive Zinsen auf das Guthaben.“ 89) Die Aktivitäten der Tauschringe werden in der Literatur als Teil einer Lokalen Ökonomie gesehen. 90)
Sie sind bedürfnisorientiert, sie verfolgen eine soziale Ökonomie, und die Bürger organisieren sich in der Tauschgemeinschaft und bestimmen ihre Regeln selbst. Dies sind alles Voraussetzungen, die unter die Definition der Lokalen Ökonomie fallen. Doch ist auch im Laufe der Entwicklung von Tauschringen deutlich geworden, dass sie bestehende Erwerbsarbeitsplätze nicht ersetzen können. Es geht um Ergänzung eines bestehenden Angebotes und darum, neue Möglichkeiten zu schaffen. 91)
Die Soziale Arbeit kann die Tauschring-Methode nutzen, um z.B. in einem Stadtteilladen oder einer Offenen Tür gemeinwesenbezogen zu arbeiten. Eine Tauschbörse zu eröffnen, bedarf nicht allzu viel Arbeit, zumal dann nicht, wenn es sich um einen kleineren Mitgliederkreis handelt. Allerdings muss es schon auch gewisse Anreize und damit eine Vielfalt von angebotenen Fähigkeiten geben.
Zu einer bundesweiten Arbeitsgemeinschaft, zur „AG Bundesdeutsche Tauschsysteme“ 92) haben sich die Tauschringe zusammengeschlossen und auf einer Konferenz 1998 u.a. folgende Ziele vereinbart: 93) Tauschringe wollen Kommunikation und Nachbarschaftshilfe im Sinne lokaler Ökonomie schaffen, in dem lokale Gemeinschaften und persönliche Kontakte gefördert werden. Tauschringe befähigen sozial schwache Personen, Leistungen in Anspruch zu nehmen, für die sonst kein Geld da wäre und sie leisten einen Beitrag zu Umweltschutz durch Reparatur. Hilfe zur Selbsthilfe wird gefördert und die Abhängigkeit vom Geld gemildert.
Tauschringe sind als ein Modellversuch für eine ressourcenschonende, lokale Strukturen vernetzende Methode zur bargeldlosen Erfüllung von Grundbedürfnissen. 94) Dabei werden die Fähigkeiten der Teilnehmenden als nichtmaterielle Ressource systematisch abgefragt und genutzt. 95)
Somit kann der Tauschring als ein ergänzendes Beispiel einer ressourcenorientierten und ressourcenerschließenden Methode in der Lokalen Ökonomie gesehen werden.


3.2)  Fazit

Ausgangspunkt für die Ressourcenerschließung Sozialer Arbeit sind Lebenslagen, bei denen Erwerb und Teilhabe an Gütern durch Eigenleistung teilweise oder ganz ausgeschlossen sind oder bei denen dieser Zugang durch gesellschaftliche Machtstrukturen verunmöglicht wird. 96)
Dies gilt auch für die Lokale Ökonomie, die mit anderen Mitteln das Ziel der Ressourcenerschließung ganz nach dem Motto „Local work for local people using local resources“ für sich in Anspruch nimmt.
Es ist also eine Übereinstimmung bezüglich des Arbeitsprinzips der Ressourcenorientierung in der Sozialen Arbeit und der Lokalen Ökonomie feststellbar.
Zusammenfassend ist kritisch anzumerken, dass je knapper die öffentlichen Mittel im Sinne von Ressourcen zur Befriedigung allgemeiner Bedürfnisse werden, umso dringender ist es, dass die Soziale Arbeit eine Systematisierung ressourcenorientierten Handelns vornimmt.
Die Betonung nichtmaterieller Ressourcen sollte in einer sozialpolitischen Debatte nicht dazu führen, dass materielle Leistungen in den Hintergrund treten. Ziel sollte die Beteiligung aller Menschen an den Ressourcen sein. 97)
Doch damit bewegen sich die Soziale Arbeit und die Lokale Ökonomie mit der Orientierung auf Ressourcen in einer Spannung zwischen Sparmaßnahmen und der Hoffnung auf Erweiterung sozialpolitischer Gestaltungsräume.


4)  Vernetzung in der Sozialen Arbeit

Vernetzung findet in der Sozialen Arbeit in sehr vielen Bereichen statt, die im folgenden exemplarisch dargestellt werden. Als theoretische Grundlage, kann das „Konzept der sozialen Netzwerke“ angesehen werden. 98)
Im Zentrum dieser Konzeption steht ein Netzwerk sozialer Beziehungen und ihre spezifischen alltäglichen Formen, also die sozialen Netze. Die Netzwerkforschung versucht das Feld der sozialen Beziehungen systematisch zu erkunden. Sie beschäftigt sich mit Qualität, Wirkung und Funktion von Alltagsbeziehungen, auch in Bezug auf gesellschaftliche Auswirkungen und versucht diese Erkenntnisse für die Soziale Arbeit und andere Arbeitsfelder nutzbar zu machen. 99)
Eine Definition des Wörterbuches für Sozialarbeit und Sozialpädagogik lautet: „Der Begriff des sozialen Netzwerkes wird in den empirischen Sozialwissenschaften (Soziologie und Psychologie) als analytische Kategorie verwandt, um Strukturen sozialer Beziehungen in sozialen Gebilden, Institutionen sowie darüber hinaus aber auch in Arealen zu untersuchen.“ 100)
Unter einem sozialen Netzwerk versteht man also „die Ordnung aller Beziehungen zwischen einer Menge von Personen, Rollen oder Organisationen.“ 101)
Die sozialen Netzwerke werden zum einen unterschieden zwischen vorgefundenen, also konventionell entstandenen Netzwerken, wie der Verwandtschaft (natural networks), und gezielt hergestellten Beziehungen, wie Freundschaften. Zum anderen kann das Netzwerk strahlenförmig vom Individuum aus betrachtet werden, oder gruppenzentriert, wie eine informelle Gruppe. Je dichter, vielseitiger und intensiver die gegenseitigen Beziehungen der Vernetzung sind, um so eher handelt es sich um ein soziales Netz im Sinne eines sozialen Stützsystem. 102) Hierin liegen auch die Interessen der Sozialarbeit als angewandte Sozialwissenschaft. Sie nutzt das soziale Netzwerk, um Fragen bezüglich der Beziehungsdefizite ihrer Klientel zu stellen. Soziale Isolierung, Entfremdung, Einsamkeit, räumliche und soziale Segregation ergeben sich dabei aus unzureichenden Verknüpfungen in Geflechten sozialer Beziehungen. Bei Erhebungen bezüglich eines sozialen Netzes in den Sozialwissenschaften, wird besonders der Fokus auf die „soziale Unterstützung“ eines Netzwerkes gerichtet. Gefragt wird, wie oft Hilfe im Rahmen des Netzes angeboten wird, ob sie schon bei der Bewältigung kritischer Lebensereignisse hilfreich oder störend war oder in welchem Ausmaß sie soziale Bedürfnisse befriedigt. 103) Dabei wird über die bisherigen traditionellen Netzwerke, wie Familie, hinaus ermittelt, in dem die gesamte soziale Einbettung des Individuums, also auch indirekt vermittelte Beziehungen und deren Verflechtung untereinander berücksichtigt werden. 104)
Ein weiteres Forschungsfeld sind Untersuchungen auf dem Gebiet der sozialen Gefüge z.B. Dorfgemeinschaften oder soziale Bewegungen daraufhin untersucht, welche Muster von Austauschprozessen vorliegen, welche Verknüpfungen zwischen unterschiedlichen Sektoren, Machtstrukturen, Cliquenbildung nachzuweisen sind, wie Wissen bzw. Einstellungen, Güter und z.B. auch Krankheiten weitergegeben werden. 105)
Vorraussetzung für die Theorie der Netzwerke ist die Erkenntnis, dass Lebenschancen von Individuen und sozialen Gruppen abhängig sind vom Eingebundensein in soziale Beziehungen, sowie ein systemisches Denken. 106)
Der Begriff des sozialen Netzwerkes beinhaltet also die Mikroebene (Individuum) ebenso wie die Makroebene (Gesellschaft). 107)
Die Erkenntnisse, die aus einer Netzwerk-Erstellung resultieren, werden in der Sozialen Arbeit in mehreren Hinsichten genutzt.
Erstens in der direkten Arbeit mit dem Klienten. Denn für das Verständnis der psychosozialen Situation einzelner Personen und Risikogruppen bietet das Konzept wertvolle Hinweise. Sie helfen zu beantworten, wie defizitär die sozialen Bindungen und informellen Ressourcen von Menschen in ihrer individuellen Situation sind. Praktisch wird dieses Wissen umgesetzt, indem Beziehungen immer wieder thematisiert werden und in dem ganz konkret auf die Stärkung des sozialen Netzes in der Einzelfallhilfe hingearbeitet wird. Einzelpersonen lernen z.B. in Trainings, Schulungen oder in Gruppenarbeit Netzwerke und ihre Unterstützungsleistungen wahrzunehmen. Weitere Beispiele sind neu in ein Netzwerk eingeführte HelferInnen wie z.B., wenn Mütter minderjährige Mütter im Umgang mit ihren Kindern unterstützen. 108)
In der Konzeption des Drogenhilfeverbundes des Sozialdienstes Katholischer Männer Köln e.V. ist die Netzwerkarbeit ein wichtiger Bestandteil. In der Resozialisierungseinrichtung des Verbandes gehört es zum Programm, sich in einem Verein zu engagieren oder einer Initiative oder Gruppe beizutreten. 109) Die Interventionsformen sind deshalb im Kontext des Konzeptes der sozialen Netzwerke vielfältig und umfassen sowohl Maßnahmen der Prävention als auch rehabilitative Maßnahmen.
Zweitens bietet das Konzept der sozialen Netzwerke für die Gemeinwesenarbeit wichtige Erkenntnisse im Hinblick auf die Erkennung defizitärer Strukturen und die Identifizierung von Ressourcen im Stadtteil.
Drittens gibt es netzwerkorientierte Maßnahmen, die das Konzept ausschließlich im metaphorischen Sinne nutzen. Hierunter sind verschiedene Formen von psychosozialen Tätigkeiten zu fassen, wie die Initiierung einer Selbsthilfegruppe, wo es darum geht, Personen mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten zu vernetzen. 110)
Der vierte Aspekt des Nutzens für die Soziale Arbeit bezieht sich eher auf die Vernetzung der einzelnen Systeme untereinander, z.B. die Abstimmung der Hilfeeinrichtungen in Bezug auf die Arbeit mit Drogenabhängigen. Dies zeigt sich auch in der Fachdiskussion um die Vernetzung der Hilfeformen und um die Schaffung von Verbundsystemen im Rahmen von Effektivität in der Sozialen Arbeit. Nicht nur deshalb wird das Konzept der sozialen Netzwerke als ein wichtiges Instrument der Sozialplanung gesehen. 111)
Als letzte Ebene der Nutzung von Erkenntnissen der Netzwerktheorie nennt Nestmann die Ebene der Gemeinde. Sie verbindet alle beschriebenen Ebenen miteinander mit dem Ziel der Netzwerkförderung. 112)
Man kann sagen, dass der Gegenstand der Vernetzung zunehmend in der Theoriebildung und Konzeptentwicklung der Sozialen Arbeit Beachtung findet. 113) Allerdings sollte beachtet werden, dass das Konzept der sozialen Netzwerke eher beschreibend ist und somit zunächst nichts erklärt oder gar verändert. Analysen, Einflüsse und Veränderungen, die mit dem Konzept erarbeitet wurden, sind deshalb unbedingt im Kontext von fachspezifischen Theorien zu erklären. 114)
Wichtig für die Soziale Arbeit ist die Nutzung der Erkenntnisse durch die Entwicklung von Interventionsstrategien. Hier gibt es bisher jedoch nur eine sehr geringe Publikationsdichte für netzwerkpraktische und angewandte Unterstützungsinterventionen. 115)


4.1)  Vernetzung in der Lokalen Ökonomie

Lokale Ökonomie erprobt vorrangig eine Vernetzung zwischen sozialem und ökonomischem Handeln. 116)
Klares Ziel ist die Vernetzung unterschiedlicher Wirtschaftsformen im Gemeinwesen. Damit gemeint sind mikroökonomische Ansätze (privatwirtschaftliche Unternehmen), sozialökonomische Ansätze (soziale Betriebe) ebenso wie Selbsthilfeansätze (Nachbarschaftshilfe). Dabei ist die Vernetzung der vorhandenen Ressourcen im Stadtteil ein wichtiger Aspekt. 117)
Das Ziel der Vernetzung lässt sich auch aus dem Prinzip der Kooperation ableiten, welches in der Lokalen Ökonomie als Leitsatz gilt. Menschen, die lokalökonomisch tätig sind, arbeiten zum gegenseitigen Nutzen zusammen. Denn arbeiten in Kooperation schafft Synergieeffekte, die sich als spezifische Produktivkraft positiv auswirken. 118)
Die Netzwerkförderung ist also ein benanntes Ziel der Lokalen Ökonomie.


4.2)  Fazit

Zunächst ist festzustellen, dass die Erkenntnisse aus der Untersuchung sozialer Netzwerke nicht nur für die Soziale Arbeit von Nutzen sind, sondern ebenso für die Praxis der Lokalen Ökonomie. Es ist z.B. für die Soziale Arbeit von äußerster Wichtigkeit, Antworten auf die Frage zu bekommen, wie viel professionelle Hilfe durch informelle soziale Systeme ersetzt bzw. ergänzt werden kann und soll. Die Analyse von sozialen Netzwerken macht verständlicher, wie sich das soziale Leben informeller Systeme, z.B. der Nachbarschaftshilfe, auch angesichts der globalen und ökologischen Krisen der heutigen Gesellschaft organisiert und verändert. Dementsprechend kann sie ihre Hilfen in bestimmten Bereichen den Entwicklungen anpassen, d.h. entweder zurückziehen, wo es etablierte Selbsthilfesysteme gibt oder mehr professionelle Hilfen einsetzen, wo soziale Netze nicht zu einem Unterstützungssystem werden. Das gleiche gilt natürlich für die Lokale Ökonomie. Sie kann sich die aus der Untersuchung sozialer Netzwerke ergehenden Erkenntnisse zu Nutze machen.
Denn im Kontext der Krise des Wohlfahrtsstaates werden mit Hilfe des Konzeptes der sozialen Netzwerke Ressourcen ausgekundschaftet, die professionelle Dienstleistungen entweder ergänzen oder ersetzen können. Auf der Suche nach neuen Lebensformen als Alternative zur gegenwärtigen Krise wird dabei das ideologische oder utopische Potential sozialer Netzwerke geprüft. 119)
Doch ist das Konzept der sozialen Netzwerke zunächst nur „ein Analyseinstrumentarium zur Erhebung und Durchdringung sozialer Strukturen“, wobei erreicht wird, die individuellen zwischenmenschlichen Beziehungen ebenso zu erfassen, wie die gesellschaftlichen Umgebungen. 120)
Auch in diesem Fall liegt also eine Vereinbarkeit der Ansätze vor. Die Vorgehensweise bei der Vernetzung in der Sozialen Arbeit stimmt mit der der Lokalen Ökonomie überein. Gerade in der Gemeinwesenarbeit ist die Vernetzung ein wichtiges Instrument, um Bürger mit anderen Bürgern zu einer Gemeinschaft werden zu lassen, in der Kommunikation stattfindet.
Parallelen sind des w