DressUp Deisterstraße – Revitalisierung einer Einzelhandelsachse
Kontakt:
- Wolfgang Prauser, Landeshauptstadt Hannover, Stadtbezirksmanagement Döhren-Wülfel, Trammplatz 2, 30159 Hannover, Tel.: 0511/168-41189; Email: Diese E-Mail Adresse ist gegen Spam Bots geschützt, du musst Javascript aktivieren, damit du sie sehen kannst
- Oliver Kuklinski, PlanKom (Kommunikation, Planung, Beratung, Forschung), Brehmstraße 38, 30173 Hannover, Tel.: 0511/855953; Email: Diese E-Mail Adresse ist gegen Spam Bots geschützt, du musst Javascript aktivieren, damit du sie sehen kannst ; Internet: www.plankom.net.
- Ralf Wittek, Landeshauptstadt Hannover, Fachbereich Wirtschaft, Brüderstr. 6, 30159 Hannover, Tel.: 0511/168-42834, Email: Diese E-Mail Adresse ist gegen Spam Bots geschützt, du musst Javascript aktivieren, damit du sie sehen kannst
- Deisterkiez e.V., c/o Ohrwurm-CDs, Deisterstr. 32, 30449 Hannover, E-Mail: Diese E-Mail Adresse ist gegen Spam Bots geschützt, du musst Javascript aktivieren, damit du sie sehen kannst , Internet: www.deisterkiez.de
Das Projekt DressUp Deisterstraße wurde 2007 im Wettbewerb "Hier ist was los!" des Einzelhandelsverbandes Hannover-Hildesheim mit dem ersten Preis in der Kategorie "Bester ganzheitlicher Ansatz", sowie 2008 mit einer Anerkennung im Bundeswettbewerb "Preis Soziale Stadt" ausgezeichnet.
Der Stadtteil Linden-Süd
Vom Arbeiterstadtteil zum Sanierungsgebiet
Das heutige Linden entstand im Laufe des 19. Jahrhunderts aus einem kleinen Bauerndorf vor den Toren der Residenzstadt Hannover. Innerhalb weniger Jahrzehnte wuchs es zu einer bedeutenden Industrie- und Arbeiterstadt. Eine Voraussetzung für die rapide Industrieentwicklung war eine stetig wachsende Anzahl verfügbarer Arbeitskräfte - die Einwohnerzahl stieg erheblich an.
Nach dem beständigen Aufschwung beginnt in den Jahren etwa ab 1960 ein sehr starker Abwanderungsprozess, der nur teilweise ausgeglichen wurde durch den Zuzug von Bevölkerungsgruppen, die auf billigen Wohnraum angewiesen sind, - insbesondere ausländische Arbeitnehmer und ihre Familien, die 1972 bereits einen Anteil von 18 % hatten und deren Anteil ständig weiter anstieg.
Auf Grund der insgesamt schlechten Stadtteilsituation (Bausubstanz, Wohnumfeld, Grünflächen) beschloss der Rat der Stadt Hannover 1972 die Einleitung der städtebaulichen Sanierung. Diese Sanierung wurde mit dem Ziel durchgeführt, die ursprünglich im Stadtteil wohnende Bevölkerung im Stadtteil zu halten. Der so entstandene hohe Anteil des sozialen Wohnungsbaus wurde mit dem Rückgang industrieller Arbeitsplätze zum Problem: In den ehemaligen Arbeiterwohnungen wohnten nunmehr Arbeitslose, sogenannte Modernisierungsverlierer und Migranten.
1999 waren 30 % der Wohnungen im Stadtteil Belegrechtwohnungen. Daneben existiert noch eine größere Anzahl von Wohnungen mit geringem Standard. Der Anteil von Arbeitslosen und HLU-Empfängern lag deutlich über dem Stadtdurchschnitt, der hohe Migrantenanteil führte zu sprachlichen Problemen an den Schulen, sozial stabilere Familien begannen den Stadtteil zu verlassen. Heute verzeichnet Linden-Süd einen etwa doppelt so hohen Anteil an Arbeitslosen wie das sonstige Stadtgebiet, mit 42% MigrantInnenanteil liegt der Stadtteil an der Spitze der hannoverscher Stadtteile (Stadtdurchschnitt: 24%).
Angesichts eines starken Wechsels der Bewohnerschaft drohte der traditionell gute und von Toleranz geprägte soziale Zusammenhalt der Einwohner zu zerbrechen. Eine im Januar 2000 initiierte "Stadtteilwerkstatt" legte den Grundstein für den Prozess "Soziale Stadt" mit entsprechenden Anträgen (bisher leider erfolglos) auf Aufnahme in das gleichnamige Bund/Länder Programm.
Entwicklung der Deisterstraße bis 2005
„Trading Down“
Bundesweit zu beobachten ist der Trend der Verdrängung kleinerer Einzelhändler und Nahversorger in den Stadtteilen durch große Vollversorger und Verbrauchermärkte zumindest an den Stadtteil-, wenn nicht gleich an den Stadtgrenzen. Diese überall spür- und sichtbare Entwicklung wird in sozial belasteten Quartieren deutlich verstärkt durch die geringe Kaufkraft weiter Teile der Stadtteilbevölkerung.
In der Folge häufen sich in den Geschäftsstraßen insbesondere dieser belasteten Stadtteile wenig attraktive und recht oft wechselnde Ladennutzungen (Second-Hand-, Telefon- und sonstige Billigläden, Wettbüros & sog. "Kulturvereine"), zusätzlich nimmt der Leerstand zu – in der Deisterstraße in Linden-Süd auf mehr als 20% im Jahr 2003.
Die sinkenden Mieteinnahmen wiederum bremsen dringend notwendige Modernisierungsarbeiten an den Häusern, auf der Deisterstraße behindert außerdem der erhebliche Autoverkehr (ca. 10.000 Fahrzeuge pro Tag) die Überquerung und mindert die Aufenthaltsqualität zusätzlich. Alteingesessene Geschäftsleute in Linden-Süd sehen in der Verlegung der Straßenbahnlinien 3 und 7, sowie der Ansiedlung einer Methadonausgabestelle am Eingang der Straße maßgebliche Auslöser für die Negativentwicklung, externe Beobachter machen umgekehrt fehlende Modernisierungsbemühungen der örtlichen Geschäftsleute für den stark negativen Trend mitverantwortlich. Vor diesem Hintergrund gab die Stadt Hannover 2002 ein erstes Gutachten "Urbane Achse Deisterstraße" in Auftrag.
Kulturschaffende in leer stehenden Läden
In der Folge dieses Gutachtens gab es mehrere vergebliche Versuche, eine Werbegemeinschaft der Geschäftsleute zu bilden. Sie scheiterten vor allem an dem sehr geringen Engagement und der fehlenden Initiative der alteingesessenen Geschäfte - von vielen Betreibern (insbesondere der Billigläden) gab es meist überhaupt keine Reaktionen. Ein erneuter Anlauf Ende 2003 zeichnete sich vor allem durch die Initiative aus, gemeinsam mit dem Vermieter GBH leer stehende Gewerberäume kostenlos an Künstler, Kunsthandwerker und Jungunternehmer zu vergeben. Ziel dieser befristeten "Probenutzung" war es, die Attraktivität der Deisterstraße zu erhöhen und leer stehende Gewerbeobjekte wieder einer dauerhaften Vermietung zuzuführen. Über diesen Weg ist es gelungen, durch geringe Einstiegsmieten u.a. ein kleines Veranstaltungszentrum, einen Kinderkostümverleih, einen Laden für Kunstgewerbe- und Geschenkartikel und ein Designatelier anzusiedeln.
Nur sehr bedingt erreicht wurde jedoch das Ziel, die Deisterstraße auch wirtschaftlich wieder zu beleben: Es gab nach wie vor eine rege Fluktuation bei einer meist recht niedrigen Gesamtqualität des Angebotes. Allerdings konnte der erste Eindruck der Straße verbessert werden, darüber hinaus hat diese Ansiedlung künstlerischer Nutzungen und Angebote (mit der folgenden sehr umfassenden und positiven Berichterstattung in der Presse) ganz sicher auch einen nicht unerheblichen Imagegewinn des Stadtteiles (und auch der Deisterstraße) bewirkt.
"DressUp" – ein ganzheitlicher Ansatz zur (Wieder-)Belebung der Deisterstraße
Entstehung und Projektelemente
Eine spontan entstandene Idee bei einem Workshop im hannoverschen "Bürgerbüro Stadtentwicklung" zum Thema Lokale Ökonomie sowie das zufällige Zusammentreffen späterer Schlüsselpersonen brachte den Startimpuls für das Projekt "DressUp Deisterstraße", mit dem eine nachhaltige Entwicklung dieser Einzelhandelsachse vorangetrieben werden sollte.
In dem neu gegründeten Arbeitskreis Deisterstraße treffen sich seit Sommer 2005 Vertreter des städtischen Quartiermanagement Linden-Süd, der ebenfalls städtischen Wirtschaftsförderung, der Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft "hannoverimpuls GmbH", sowie des Kommunikationsbüros "PlanKom" zur Konzeptentwicklung, später wurden zunehmend Geschäftsleute und Hausbesitzer der Deisterstraße in die Projektsteuerung einbezogen.
Als Grundelemente des ganzheitlichen Konzeptes "DressUp Deisterstraße" wurden entwickelt:
- Keine ausschließliche Orientierung an der geringen Kaufkraft der aktuellen Stadtteilbevölkerung, um nicht durch zusätzlichen Ausbau qualitätsarmer Angebote weitere Segregation zu fördern
- Bildung eines attraktiven Branchenschwerpunktes, um Käuferschichten auch aus Nachbarstadtteilen anzuziehen
- Ansiedlung von ExistenzgründerInnen mit Pioniergeist, Phantasie und Engagement
- Schaffung und Verbesserung von Aufenthaltsqualitäten
- Verbesserung des Erscheinungsbildes der Straße, der Häuser und der Läden
- Entwicklung und Umsetzung eines Marketingkonzeptes
- Bildung einer innovativen handlungsfähigen Standortgemeinschaft
Ressourcen der Deisterstraße
Wenngleich in der Deisterstraße eine Vielzahl sich gegenseitig verstärkender negativer Faktoren beobachtet werden können, lassen sich umgekehrt aber auch Vorzüge der Straße benennen, die - richtig ausgespielt – wichtige Ressourcen für eine positivere Entwicklung darstellen können:
- Die innenstadtnahe Lage und die halbwegs gute Nahverkehrsanbindung machen Linden-Süd und die Deisterstraße leicht erreichbar auch für BewohnerInnen anderer Stadtteile
- Den meist aus der Gründerzeit stammenden Häusern verdankt die Straße einen "pittoresken Charme" (der aber leider zu oft durch den ungepflegten Zustand der Häuser verdeckt wird)
- An der Straße befinden sich 2-3 stadtweit bekannte Restaurants, die dem Stadtteil insgesamt ein leicht positiv bewertetes multikulturelles Image verschafft haben.
- Auf der Westseite der Straße wird das Erscheinungsbild zusätzlich durch einen vorhandenen Baumbestand verbessert.
Chancen durch eine Belebung
Geschäftsstraßen in den Stadtteilen sind heute nicht nur lebensnotwendig wegen ihrer Funktion als Standorte der Nahversorger (insbesondere für die weniger mobilen Teile der Bevölkerung), sondern wirken darüber hinaus auch sehr stark Image- und Identitätsstiftend für den Stadtteil und seine BewohnerInnen.
Gut funktionierende attraktive Geschäftsstraßen bzw. -zentren können Stadtteilen ein positives Image verschaffen und engagierte Bewohner anziehen, unattraktive Geschäftsstraßen mit hohem Leerstand wirken abweisend auf diejenigen, die sich ihren Wohnstadtteil frei auswählen können und verstärken damit auch Tendenzen einer sozialen Segregation.
Eine Orientierung der Entwicklung von Einkaufsstraßen in benachteiligten Stadtteilen vorwiegend an der vorhandenen geringen Kaufkraft führt vorhersehbar zu einer Erhöhung der Attraktivität des Stadtteiles für benachteiligte Bevölkerungsgruppen - und verstärkt dadurch zusätzlich die zukünftige Entmischung.
Umgekehrt kann eine stärkere Ausrichtung der Veränderungen auch an den Interessen der BewohnerInnen in anderen Stadtteilen neue InteressentInnen in das Quartier locken und damit Segregationsentwicklungen durchbrechen helfen.
Konzeptbausteine
Ansiedlung von ExistenzgründerInnen und Bildung eines Branchenschwerpunktes
- Entwicklung des Branchenschwerpunktes „Modedesign“
Mehrere Workshops ab Herbst 2005 u.a. mit Hauseigentümern, Geschäftsleuten, Künstlern, Bürgern und Politik zur Konzeptentwicklung führten zu der Festlegung, statt eines wenig profilierten Branchenmixes einen Branchenschwerpunkt zu entwickeln, der attraktiv und stark genug sein sollte, um auch wieder Käuferschichten aus anderen Stadtteilen in die Deisterstraße zu locken. Von den insgesamt ca. 80 Läden wurde angestrebt, ca. 10 diesem neuen Schwerpunkt zuzuordnen.
Als Branchenschwerpunkt ausgewählt wurde der Bereich "Mode & Design". Zur Entwicklung konkreterer Vorstellungen wurde ein Referent aus Berlin eingeladen, der das dortige Projekt "berlinerklamotten" vorstellte. Eine gemeinsame Exkursion nach Hamburg brachte viele interessante und konkrete Anregungen aus dem Schanzenviertel und dem Carolinenviertel. - Ansiedlung von ExistenzgründerInnen
Eine weitere konzeptionelle Festlegung erfolgte durch den Beschluss, durch die Ansiedlung von jungen Existenzgründerinnen "frischen Wind" in die Deisterstraße zu holen: Unkonventionelle Ideen und Pioniergeist sollten dazu beitragen, neue Initiative der Geschäftsleute zu entfachen.
Mit einem von der Wirtschaftsförderung gestifteten Sonderpreis "Mode & Design Deisterstraße" im Gesamtwert von 10.000,- € beteiligte sich das Projekt im Herbst 2006 an dem jährlich von hannoverimpuls durchgeführten stadtweiten Existenzgründerwettbewerb "startUp Impuls", mit einer überregionalen Postkartenaktion wurde an vielen Modeschulen Deutschlands für eine Teilnahme geworben.
Die Wohnungsbaugesellschaft GBH unterstützte das Konzept zusätzlich durch die zunächst für ein Jahr mietfreie Zurverfügungstellung leer stehender Läden u.a. für die 3 ausgezeichneten Preisträgerinnen.
Ein weiterer zunächst mietfreier Laden ging an einen ursprünglich "ShowRoom" genannten Laden mit Ankerfunktion: In diesem Laden soll Mode verkauft werden, von ihm sollen aber auch Impulse für begleitende und möglichst vernetzende Aktivitäten (Modenschauen, Lesungen, Kurse…) ausgehen.
Bereits vor der Ansiedlung der Modeläden konnte zusätzlich einer neu gegründeten Planergemeinschaft ebenfalls ein leer stehender befristet mietfreier Laden in der Deisterstraße vermittelt werden Aufgrund ihres fachlichen Interesses und im Gegenzug zur eingesparten Miete hat diese Gruppe das Projekt DressUp Deisterstraße und seine Akteure bereits häufig ehrenamtlich beraten und tatkräftig unterstützt. - Existenzgründerberatung
Sowohl in der Phase der Entwicklung ihrer Geschäftsidee als auch in der folgenden Zeit der Gründung erhalten die jungen Geschäftsleute gezielte Beratungs- und Fortbildungsangebote von der Existenzgründerberatung im Technologie-Centrum Hannover
Im Rahmen des Projektes "DressUp Deisterstraße" wurde außerdem eine enge Kooperation mit dem Verein "Wirtschaftssenioren Hannover - Alt hilft jung" vereinbart, über die die InhaberInnen der neuen Geschäfte für 6 Monate eine individuelle Beratung und Begleitung durch einen Wirtschaftssenior erhalten.
Verbesserung des Erscheinungsbildes der Straße
In einem Workshop mit breiter Beteiligung der Geschäftsleute aus der Deisterstraße im Oktober 2006 wurden Möglichkeiten diskutiert, wie mit geringem finanziellen Einsatz eine optische Aufwertung und Attraktivierung der Straße erreicht werden kann. Eine Vielzahl dieser Vorschläge konnte anschließend mit Phantasie, Kooperationen, städtischen Zuschüssen und finanzieller Beteiligung der Geschäftsleute realisiert werden:
- Müllbeseitigung durch Pico BelloZur Verringerung der Vermüllung der Straße organisiert das Beschäftigungsprojekt "pico bello" tägliche Inspektionsgänge und sammelt dabei neben herumwehenden Werbeblättern und Tage zu früh herausgestellten gelben Säcken auch herrenlose Einkaufswagen ein und meldet unangemeldete Sperrmüllhaufen an den Abfallwirtschaftsbetrieb "aha".
- Begrünungsmaßnahmen (Kübel & Baumscheiben)
Die relativ großen "Baumscheiben" auf der Westseite der Deisterstraße wurden (ebenfalls vom Beschäftigungsprojekt "pico bello") im Herbst 2006 mit hunderten von Blumenzwiebeln bestückt, im Frühjahr zunächst mit einem niedrigen Zaun gegen gedankenloses Überqueren gesichert und mit Stauden und bunten Sommerblumen bepflanzt.
Die Jugendwerkstatt Linden hat zur Eröffnungsfeier im Juni 2007 rund 25 Lärchenholz-Pflanzkübel nach dem Entwurf des neu angesiedelten Planungsbüros "urban agency" gebaut und aufgestellt, die anschließend von den Geschäftsleuten selbst mit Kirschlorbeer bepflanzt wurden. Weitere 11 Pflanzkübel konnten im Sommer 2008 aufgestellt werden. - Ausweitung der (Außen-)gastronomie
Im Bereich der Gastronomie wies die Deisterstraße 2003 zwei stadtbekannte Restaurants, ansonsten lediglich zwei Pizzabringdienste, diverse Schnellimbisse sowie einige traditionelle Gaststätten auf - darunter keine nennenswerte Außengastronomie.
Eine abwechslungsreiche Gastronomie, interessante Treffpunkte und Straßen-Cafés jedoch tragen deutlich zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität einer Straße bei. Positive Impulse setzten insofern die Ansiedlung des Veranstaltungszentrums "Kulturpalast", die sich als kultiges Steh-Café entwickelnde portugiesische “Pastellaria Luis” sowie die Eröffnung der Szenekneipe "Hamburger Botschaft". Der zusätzlich stärkere Trend zu vermehrter Außengastronomie wurde vom Projekt "DressUp Deisterstraße" durch Bezuschussung von Außenmobiliar sowie Hilfestellung bei der Lösung organisatorischer Probleme gezielt unterstützt. - Fassadensanierungen
Notwendige Fassadenrenovierungen wurden durch das Förderprogramm "Wir bezahlen Ihr Gerüst" angeregt: Auf Antrag bekamen Hauseigentümer, die ihre Häuser frisch anstreichen lassen, einen Zuschuss von bis zu 1.000,- Euro zu den Kosten des notwendigen Gerüstes. Nach zunächst zögerlichem Verhalten haben inzwischen 8 Hauseigentümer Zuschüsse für die Renovierung ihrer Häuserfassaden allein in 2008 abgerufen. Ein Farbkonzept des neu gegründeten Planungsbüros lieferte Anhaltspunkte für die farbliche Gestaltung. - Verkehrsberuhigung...?
Leider nicht erfolgreich waren Bemühungen, die Verkehrsbelastung zu reduzieren: Da Veränderungen jeweils zu starken Belastungen paralleler Wohngebietsstraßen führen würde, wurde die Funktion der Deisterstraße als Durchgangsstraße von den zuständigen Fachplanern immer wieder als unabdingbar bezeichnet.
Ein Marketingkonzept für die Deisterstraße
Begleitend zu den Maßnahmen zur Verbesserung des Erscheinungsbildes wurde mit Hilfe einiger am Projekt beteiligter Fachleute im Frühjahr 2007 ein umfangreiches Marketingkonzept entwickelt und lebhaft diskutiert, das u.a. zahlreiche Vorschläge für vielfältige gemeinsame PR-Aktivitäten enthält.
Zentral enthielt dieses Konzept auch den Vorschlag, sowohl zur eigenen Identitätsbildung nach innen als auch für die Vermarktung nach außen eine neue Marke "deisterkiez" einzuführen, die den neuen szenigeren Charakter der Straße betont. Auch dieser Vorschlag wurde nach nur wenig kontroversen Diskussionen auch von den alteingesessenen Geschäftsinhabern begrüßt, bot er doch die Möglichkeit, die neue Initiative deutlich von dem bestehenden Negativimage der Straße abzugrenzen. Ein entsprechendes Logo hilft seither, sowohl die zukünftige gemeinsame Internetseite, als auch zahlreiche Werbematerialien (Buttons, Luftballons, T-Shirts, Werbe- Klebeband, gemeinsame Geschenkgutscheine...) unverwechselbar zu gestalten.
Bildung einer Standortgemeinschaft
Im Laufe der Workshops und Arbeitskreistreffen hat sich ein engagierter Stamm vor allem von aktiven Geschäftsleuten herauskristallisiert, der die Diskussion mit vorantreibt und eigene Impulse setzt. Zu diesem Kern gehören (wie gehofft) die neuen ExistenzgründerInnen, aber auch etliche der Geschäftsleute, die bereits seit Jahren und Jahrzehnten an der Deisterstraße tätig sind.
Deutlich wurde dieses erwachende und wachsende Engagement durch die rege Beteiligung an den Aktivitäten anlässlich der Eröffnung der 4 Modeläden aus dem Existenzgründerwettbewerb am 30. Juni 2007: Mehr als jeder dritte Ladenbetreiber beteiligte sich an der Aufstellung von Blumenkübeln vor seinem Geschäft oder mit eigenen Aktionen am Festprogramm. Anschließend haben die am Projekt mitarbeitenden Geschäftsleute damit begonnen, vier Sonderveranstaltungen pro Jahr zu planen und gemeinsam durchzuführen - zunächst alleine, aber inzwischen vernetzt im Rahmen von Kooperationen mit dem örtlichen Stadtteilfest oder gemeinsam mit der Werbegemeinschaft des benachbarten Wohngebietes.
Anschließend an einen weiteren Workshop, in dessen Rahmen eine gemeinsame Zielsetzung sowie ein Jahresbeitrag in Höhe von 120,- Euro diskutiert und einvernehmlich vereinbart wurden, konnte im Februar 2008 ein gemeinsamer Verein "Deisterkiez e.V." gegründet werden, in dem mittlerweile mehr als 30 Geschäftsleute und Hausbesitzer Mitglied geworden sind. Diesem Verein wurden zwischenzeitlich u.a. die Nutzungs- und Vermarktungsrechte der Marke "deisterkiez", des dazugehörigen Logos, der Internetseite www.deisterkiez.de und der sonstigen Teile des Marketingkonzeptes übergeben.
Im nächsten Schritt bis Sommer 2008 haben sich die externen Fachleute (Stadtverwaltung, Marketing...) stärker zurückgezogen und die wachsenden Standortgemeinschaft hat die Marketingaktivitäten zunehmend selbständig geplant und durchgeführt. Hierfür wurde eine finanzielle Unterstützung des neuen Vereines im Gründungsjahr durch die städtische Wirtschaftsförderung in der gleichen Höhe wie die eingesetzten Eigenmittel (Jahresbeiträge, Sonderspenden) bis maximal 5.000,- Euro zugesagt.
Zwischenbilanz
Auch heute ist die Charakteristik des umgebenden benachteiligten Quartieres weiterhin zu spüren, auch die Nachfrage an der Deisterstraße ist noch nicht auf dem Stand angekommen, dass eine dauerhafte positive Entwicklung verlässlich sichergestellt ist. Hier muss kontinuierliches Marketing über mehrere Jahre, sowie die Bemühungen in parallel stattfindenden weiteren Projekten und Prozessen zusätzliche Stabilisierung bringen.
Allerdings konnte durch das gemeinsame und koordinierte Vorgehen verschiedener Ressorts, ein schlüssiges Konzept, die Beteiligung und Einbeziehung der Betroffenen sowie die längerfristig aktivierende Begleitung durch das Quartiermanagement eine deutlich spürbare Wiederbelebung der Deisterstraße erreicht werden, die von Ortskundigen auch sehr positiv wahrgenommen wird. Inzwischen können verstärkte Eigeninitiativen der Hausbesitzer zur Renovierung ihrer Immobilien, sowie wachsende Nachfragen nach Gewerberaum festgestellt werden, das Image der Straße hat sich überregional deutlich verbessert: Der positive Trend führt zu weiteren eigenen positiven Impulsen bislang außenstehender Akteure und stabilisiert sich dadurch weiter. Für einen vergleichsweise sehr überschaubaren Betrag von insgesamt ca. 85.000,- Euro (für die Konzeptentwicklung, die extern moderierten Workshops, die vielfältigen Aufwertungsmaßnahmen, die Existenzgründeransiedlung und die Marketingaktivitäten) konnte so in 3 Jahren ein innovatives Projekt zur Belebung einer Einzelhandelsachse in einem benachteiligten Wohnquartier realisiert werden