Der NachbarschaftsDienstLaden NaDiLa in Hannover-Sahlkamp
Kontakt:
Christina Oppermann, Selbsthilfe Sahlkamp e.V., Nachbarschaftsdienstladen Sahlkamp, Hägewiesen 64 D, 30657 Hannover, Tel.: 6043581, Email: nadila1@gmx.de
Der Stadtteil Sahlkamp
Im Sahlkamp leben ca. 14.000 Menschen aus 80 verschiedenen Nationen, davon ca. 6.500 im direkten Hochhausbereich.
Etwa 3.000 Menschen der Bewohner sind ausländischer Herkunft (21,4%, Stadtwert 15,3%). Anzumerken ist zu der Zahl der AusländerInnen, dass hierin nicht der Anteil an Aussiedlerfamilien mit erfasst ist. Der Aussiedleranteil an der Bevölkerung wird zwar statistisch nicht ausgewiesen, liegt aber u.a. wegen der Belegrechtspraxis des Bereichs Stadterneuerung und Wohnen wesentlich höher als im städtischen Vergleich.
Der Sahlkamp gehört zu den kinderreichsten Stadtteilen Hannovers (21,4%, Stadtwert 15,3%).
Es leben überdurchschnittlich viele Arbeitslose (12,6%, Stadtwert 10%) und Sozialhilfeempfänger (ALG II-Empfänger) (15,4%, Stadtwert 7,8%) im Stadtteil Sahlkamp.
25,1% (Stadtwert 14,7%) der Familien mit Kindern beziehen Sozialhilfe (ALG II).
Anhand der vorliegenden Zahlen können große Teile des Stadtteils immer noch als soziale Brennpunktbereiche bezeichnet werden.
(Quelle: LHH, Bereich Wahlen und Statistik, Stand 01.01.2004)
Der Trägerverein "Selbsthilfe Sahlkamp e.V."
Träger des NachbarschaftsDienstLadens ist der Verein "Selbsthilfe Sahlkamp e.V.". Der Verein wurde 1994 aus dem Anlass gegründet, dass die damalige Postfiliale im Sahlkamp geschlossen wurde. Der Verein unterstützte die BewohnerInnen des Stadtteils bei Protest-Aktionen gegen die Schließung und betrieb dann eine "Bürgerpost", bis Ende 1997 eine neue Postfiliale eröffnet wurde.
Im November 1997 eröffnete der Verein aufgrund des Mangels an KiTa-Plätzen eine "Kleine Kindertagesstätte". Diese, sowie vier weitere KiTas werden inzwischen unter dem Dach des Vereins "Verein zur Förderung der Kinder- und Jugendarbeit im Stadtteil Sahlkamp" betrieben.
Im Juli 1998 wurde der "NaDu Kids- und Elterntreff", seit 2002 das "NaDu Kinderhaus", eröffnet. Dieses ist auch heute noch eine Einrichtung des Vereins.
In der Zeit von 2003 bis 2004 wurde unter dem Dach des Vereins die Stadtteilstiftung Sahlkamp-Vahrenheide gegründet. Diese ist inzwischen eine eigenständige Stiftung.
Vereinszweck (Auszug aus der Satzung):
"Zweck des Vereins ist die Förderung der sozialen und kulturellen Infrastruktur, insbesondere die Förderung der Volksbildung, der Berufsbildung, der Erziehung, der Jugendpflege, der internationalen Gesinnung und des Völkerverständigungsgedankens"
- Förderung von Qualifizierung und Betreuung von Langzeitarbeitslosen im Rahmen von befristeten praxisorientierten Projekten
- Übernahme von Trägerschaften von soz. päd. Angeboten und Einrichtungen
- Förderung von kulturellen und sozialen Gruppenangeboten und Einzelfallhilfe
- Förderung von sozialer und kultureller Infrastruktur
- Förderung der nachbarschaftlichen Bürgerselbsthilfe
- Förderung der internationalen Begegnung
Ziele des NaDiLa:
Eine Gemeinschaft verschiedener Nationalitäten zu fördern und zu stärken ist das übergeordnete Ziel der vielen Aktivitäten im NaDiLa.
Mit diesen Zielsetzungen entspricht der NaDiLa dem Schwerpunktthema "Ausgleich statt Spaltung" des "Handlungsprogramms zur Stadtentwicklung 2001-2005" der Stadt Hannover:
"Stadtpolitische Zielsetzung des Leitthemas "Ausgleich statt Spaltung" ist es, die Rahmenbedingungen für ein gleichberechtigtes Nebeneinander verschiedener Lebensweisen und –perspektiven zu verbessern und Benachteiligung sowie soziale Ausgrenzung aktiv zu verhindern" ("Zukunft Hannover", 2000, S.77)
Konzeptionelle Grundidee war der Aufbau einer Nachbarschaftsdienst-Vermittlungsstelle mit dem Sozialraum-Bezug im Stadtteil.
Diese hat zum Ziel, die nachbarschaftlichen Kontakte und Hilfen zu fördern, eine gegenseitige Akzeptanz unterschiedlicher Nationalitäten zu erreichen, sowie die Selbsthilfekräfte zu stärken.
Personelle Situation:
Die Arbeit des NachbarschaftsDienstLaden wurde in den ersten drei Jahren (1999 - 2002) mit 2 ABM-Kräfte (Projektleitung und Bürohilfskraft) sowie 2-4 HzA-Mitarbeiterinnen begonnen.
Nach Auslaufen der ABM-Zeit wurden 2002 die beiden ABM-Kräfte mit reduzierter Stundenzahl in Festanstellung übernommen (19,25 Std./W.).
Von 2003 bis 2005 wurden zwei HzA-Stellen, zwei AfL-Stellen und etwa 10 HzA-Praktikumsstellen (1,50 €/Std.) eingerichtet.
Seit diesem Jahr sind vier 1-Euro-Jobs besetzt worden, die organisatorisch über die AWO laufen.
Weiterhin werden z.Zt. fünf Honorarkräfte für Kursleitungen beschäftigt.
Etwa 10 ehrenamtliche MitarbeiterInnen unterstützen den NaDiLa bei verschiedenen Veranstaltungen.
Finanzierung:
In den ersten drei Jahren erfolgte die Personalkosten-Finanzierung durch ABM-Stellen des Arbeitsamtes sowie Spitzenfinanzierung der Stadt Hannover. Zusätzlich wurden Sachkostenzuschüsse durch die Stadt Hannover und den Bezirksrat gewährt.
Seit 2002 erhält der NaDiLa jährlich von der Stadt Hannover eine Institutionelle Beihilfe in Höhe von 34.800 Euro sowie einen Personalkostenzuschuss vom Niedersächsischen Landesamt für Soziales, Jugend und Familie (NLSJF) in Höhe von 11.500 Euro. Weiterhin werden in dem wirtschaftlichen Bereich des NaDiLa etwas 9.000 Euro pro Jahr erwirtschaftet.
Zusätzliche Aktivitäten werden durch projektbezogene Zuschüsse (z.B. Migrationsausschuss, Bezirksrat, Stiftungsstelle LHH), sowie Teilnehmergebühren finanziert.
Die Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen ist immer von der jeweils möglichen öffentlichen Förderung abhängig.
Im wirtschaftlichen Bereich wird laufend nach möglichen weiteren sinnvollen Einnahmemöglichkeiten gesucht.
Tätigkeitsbereiche des NaDiLa:
Die schwerpunktmäßige Tätigkeit ist der Betrieb einer Nachbarschaftsdienst-Vermittlungsstelle.
Die Mitarbeiterinnen führen eine stetig zu aktualisierende Datei, in der nachbarschaftliche Angebote und Nachfragen von Dienstleistungen erfasst werden.
Dienstangebote - von Privat an Privat - sind u.a.: Betreuungsangebote, Einkaufshilfen für Ältere, Babysitten, Schularbeitenhilfe, Übersetzungshilfen, PC-Hilfen, Umzugs- und Haushaltshilfen, Tier- und Wohnungsbetreuung, Gartenhilfe.
Der NaDiLa übernimmt lediglich Vermittlungsfunktion (kostenlos), Anbieter und Kunde verhandeln selber über Entgelte für Dienste.
Weiterhin wurde im Jahr 2005 begonnen, Haushaltshilfen nicht nur für nachbarschaftliche Einzelhilfe, sondern auch dauerhaft zu vermitteln. Diese Dienstleistungen finden dann nicht mehr im Rahmen der bisherigen Nachbarschaftshilfe statt, sondern werden als Minijobs auf 400-Euro-Basis ausgeführt. Bei der Vermittlung dieser Tätigkeiten tritt der NaDiLa in eine größere Verantwortung, indem umfassende Informationen, erste Treffen, notwendige Absprachen und Unterstützungen bei den Formalitäten zur Anmeldung bei der Minijob-Zentrale von einer Mitarbeiterin des NaDiLa durchgeführt werden. Auch bei diesen Vermittlungen wird stadtteilbezogen gearbeitet. Das Ziel ist, das Bedürfnis der BewohnerInnen zum einen nach Unterstützung und zum anderen nach Beschäftigung zu verbinden, und damit neben nachbarschaftlichen Kontakten auch – wenn auch geringfügig bezahlte – Arbeitsplätze im Stadtteil zu schaffen.
Weitere Angebote im NaDiLa
Kursorganisation
Die Mitarbeiterinnen, die auf 1-Euro-Basis im NaDiLa beschäftigt sind, haben die Möglichkeit eigene Ideen und individuelle Fähigkeiten, die das Projekt bereichern und auf indirektem Wege auf den Vermittlungsdienst aufmerksam machen, mit einzubringen. Auch Stadtteilbewohnerinnen und –bewohner tragen dazu bei, dass neue Angebote geschaffen werden. Flexibel entsprechend der wechselnden Ressourcen und der bestehenden Nachfrage wechseln die Kursangebote. Aktuell zählen dazu oder sind geplant z.B.:
- Bauchtanzkurse: Inzwischen finden wöchentlich zwei Bauchtanzkurse für Frauen statt. Zusätzlich hat nun auch noch ein orientalischer Tanzkurs begonnen.
- Deutschkurs für die 1-Euro-Kräfte: er soll die alltägliche Arbeit im NaDiLa erleichtern und gleichzeitig die Chancen der Mitarbeiterinnen auf dem Arbeitsmarkt verbessern
- Malkurs für Kinder: Der von einer 1-Euro-Kraft begonnene Malkurs wird nun von einer Bewohnerin aus dem Stadtteil weitergeführt.
- Äthiopisch für Kinder: Damit die Kinder auch ihre Muttersprache nicht verlernen. Da es im Sahlkamp nur vereinzelt äthiopische Kinder gibt, nehmen an diesem Kurs Kinder aus ganz Hannover teil.
Frauenarbeit
Jeden Donnerstag findet ein Internationaler Frauentreff statt. Hier haben Frauen aus verschiedenen Ländern die Möglichkeit zum gemütlichen Frühstücken, Kennenlernen anderer Frauen, zum Klönen und Besprechen von Problemen. Außerdem werden vielen Aktivitäten im Frauentreff geplant und zusammen umgesetzt.
Besondere Aktionen sind die interkulturellen Frauenabende, bei denen sich Essen, Musik und Informationen auf die jeweiligen kulturellen Traditionen verschiedener Länder beziehen.
Jedes Jahr zum Internationalen Frauentag findet ein großes Frauenfest statt, das von bis zu 150 Frauen vieler Nationalitäten besucht wird.
Auch die Bauchtanzkurse sind auf Initiative des Frauentreffs entstanden.
Stadtteilaktionen:
Der NaDiLa ist an der Planung, Vorbereitung und Durchführung vieler Veranstaltungen im Sahlkamp beteiligt. So wird einmal monatlich ein Stadtteil-Flohmarkt in Kooperation mit dem Stadtteiltreff Sahlkamp organisiert und durchgeführt. Der 1. Internationale Tag sowie der Adventsmarkt wurde vom NaDiLa maßgeblich mit initiiert und veranstaltet. Natürlich ist der NaDiLa auch auf dem jährlich stattfindenden Stadtteilfest vertreten.
Kostümverleih und Schminkaktionen für Kinder
Für private Feste und öffentliche Veranstaltungen (z. B. Fasching, Halloween, Kinder- und Stadtteilfeste) werden einzelne Kostüme oder Verkleidekisten verliehen.
Auf Festen und im Laden werden regelmäßig Schmink- und Fotoaktionen durchgeführt.
Beratungstätigkeiten:
Die Mitarbeiterinnen geben immer wieder mal Hilfen beim Ausfüllen von Anträgen und bei Kontakten zu Ämtern, Vermietern u.ä.
Durch die Mitarbeit von Frauen aus verschiedenen Ländern können auch Übersetzungshilfen in mehreren Sprachen angeboten werden.
Wirtschaftlicher Bereich
Der NaDiLa ist der einzige Laden im Stadtteil Sahlkamp, der ÜSTRA-Fahrkarten verkauft. Gleichfalls werden Telefonkarten verkauft und ein Otto- sowie Neckermann-Shop (nur Bestellungsannahme) betrieben. Auch Fax- und Kopiermöglichkeiten bietet der NaDiLa.
Der wirtschaftliche Bereich ist um den Secondhand-Bereich ausgeweitet worden. Hier können Stadtteilbewohner Kleidung und Spielwaren in Kommission geben. Da die Fläche des Ladens sehr begrenzt ist, stellt dieser Bereich nur einen kleinen Teil dar. Da aber ein großer Bedarf an Second-Hand-Artikeln besteht, ist geplant, diesen Bereich im nächsten Jahr in größeren Räumen weiter auszubauen.
Über diese Einnahmen werden Eigenmittel zur Mitfinanzierung der Personal- und Sachkosten erwirtschaftet.
Perspektiven
Durch die ständige Rückkoppelung mit den Bewohnern aus dem Stadtteil und der zunehmenden Vielfalt der Angebote im NaDiLa wächst stetig die Zahl der potentiellen und realen Nutzerinnen und Nutzer. Einige von ihnen nehmen nicht nur an den Angeboten teil, sondern sie übernehmen Aufgaben und beteiligen sich an der Organisation von Aktivitäten.
Es hat sich herausgestellt, dass besonders Frauen verschiedener Nationalitäten Vertrauen und Zugang zu diesem Projekt haben. Das liegt sicher auch an der Tatsache, dass das Ladenteam ausschließlich aus Frauen besteht.
Die Frauen, die auf 1-Euro-Basis im NaDiLa tätig werden, erleben für sich eine Stabilisierung und Förderung in beruflicher und sozialer Hinsicht. Bei allen Mitarbeiterinnen, die ausschließlich Migrantinnen sind, kann durch die Beschäftigung eine deutliche Verbesserung der Deutschkenntnisse festgestellt werden. Weiterhin erfahren sie eine Wertschätzung ihrer Arbeit, was zu einer enormen Steigerung des Selbstwertgefühls führt. Dies alles unterstützt in hohem Maße die Integration der MigrantInnen im Stadtteil.
Für die vielfältigen Aktivitäten benötigt der NaDiLa größere Räume. Aus diesem Grund ist im Jahr 2006 ein Umzug geplant. Durch eine größere Ladenfläche ist einerseits der Ausbau des Second-Hand-Bereichs möglich, als auch die Planung einer Kooperation mit der neu gegründeten Stadtteilstiftung, indem ein "Stiftungs-Café" integriert wird.
Der bisherige Erfolg des Projektes verdeutlicht, dass die Fortsetzung des Projektes in diesem städtischen Bereich, der zu einem der sozial am stärksten belasteten Stadtteile Hannovers zählt, notwendig ist.