Das DORV-Zentrum im Dorf-Zentrum von Jülich-Barmen

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Ein Pilotprojekt des Landes NRW zur Sicherung der Nahversorgung im ländlichen Raum


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weitere Infos: DORV-Zentrum GmbH, Kirchstraße 29, 52428 Jülich-Barmen, Tel.: 02461/995877, Internet: www.dorv.de


Jeder kennt das Problem, vielleicht sogar aus seinem eigenen Ort: Der kleine Laden, in dem man schon als Kind seine ersten Bonbons erstanden und später seine Einkäufe getätigt hat, hat ein Schild an der Eingangstür. "Wir schließen nach langjähriger Tätigkeit unser Geschäft zum ...". Das betroffene Dorf und seine Bewohner haben damit oft nicht nur einen Lebensmittelladen, sondern einen wichtigen Wirtschafts- und Kommunikationsmittelpunkt verloren.

Vor einer ähnlichen Situation stand man im Jahr 2001 in Jülich-Barmen. Die Grundversorgung für die Bürger war in allen Bereichen ständig zurückgegangen. Nachdem zuletzt Post und Sparkasse ihre Filialen geschlossen hatten, war der Ort zu einem reinen "Schlafdorf" verkümmert. In Barmen wollte man sich mit dieser Situation aber nicht abfinden, und in der Bürgerschaft entstand die Idee, die Wiederherstellung der dörflichen Grundversorgungs-Infrastruktur selbst in die Hand zu nehmen. Schnell war klar, dass man dafür nicht auf bestehende Konzepte zurückgreifen konnte, sondern völlig neue Wege beschreiten und ein gänzlich eigenes Modell entwickeln musste. Dieses wurde dann in einem beispiellosen, auch vom Land NRW geförderten Pilot-Projekt, in die Tat umgesetzt.

Basierend auf einem bundesweit bislang einmaligen Drei-Säulen-Modell, wurde in Jülich-Barmen sozusagen ein DORV (Dienstleistung Ortsnahe Rundum Versorgung) im Dorf geplant. Grundidee des Modells war dabei die Bündelung verschiedener, bis dahin scheinbar unvereinbarer Versorgungsangebote unter einem Dach mit komplett eigenem Personal. Die drei Säulen stehen dabei für Grundversorgung - Dienstleistung - Soziale Leistungsangebote:

  • Unter Grundversorgung versteht man in diesem Zusammenhang die Sicherung des Bedarfs an Gütern des täglichen Gebrauchs, wie zum Beispiel: Frische Lebensmittel von Landwirten und Lebensmittelhandwerkern aus der Umgebung, Drogerieartikel und alltägliche Gebrauchsmaterialien.
  • Die zweite Säule steht für öffentliche, halböffentliche und private Dienstleistungsangebote. Hier kann man u.a. Amtsangelegenheiten erledigen, den Sparkassenservice nutzen, Briefmarken kaufen, oder im Reisebüro seinen nächsten Urlaub buchen.
  • Das Soziale Dienstleistungsangebot als dritte Säule umfasst die Vermittlung bzw. Leistung einer Reihe von medizinisch-sozialen Hilfsangeboten, z.B. in den Bereichen Altenpflege, Sozial- und Rentenberatung, Freiwilligendienste und Schwerbehindertenbetreuung. Auch eine Hausarzt konnte mit einer Zweigpraxis gewonnen werden. Gerade auch für die älteren Mitbürger des Dorfes stellen die angebotenen Dienstleistungen eine große Hilfe dar. Fallen doch eine Reihe für sie oft mühseliger Wege nach Jülich oder in die Kreisstadt Düren weg.

Ideeller Träger des Projektes ist die Bürgergemeinschaft, organisiert im DORV-Trägerverein e.V.. Für den geschäftlichen Bereich wurden zusätzlich zwei Firmen gegründet: Die DORV-Zentrum GmbH als Betreiber und die DORV-Partner GBR, welche die Kapitalsammlung für das Projekt organisiert und verwaltet. Durch den Trägerverein und die Kapitalsammlung konnten nahezu alle Bevölkerungskreise mit in das Projekt eingebunden werden. Mit dem Kauf von Anteilscheinen sind große Teile der Bürgerschaft nicht nur Nutzer, sondern auch Betreiber des Zentrums und nicht zuletzt auch Arbeitgeber der im Ort neu geschaffenen acht Arbeitsplätze.

Zwischen der Idee und ihrer Umsetzung lagen drei Jahre intensiver planerischer und organisatorischer Vorbereitungsarbeit, bis das DORV-Zentrum dann am 9. September 2004 mitten im Dorf, im Gebäude der alten Sparkasse eröffnet werden konnte. Seitdem scheint Barmen zu neuem Leben erweckt. Man sieht wieder Menschen auf den Straßen, mit Taschen, mit Körben, zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Ob sie sich nun mit frischen Lebensmitteln aus der Region vom Direktvermarkterhof versorgen wollen, eine Reise buchen oder ihren Führerschein an der Ladentheke abholen, alle haben ein Ziel: Das DORV-Zentrum am Escheplatz. Hier haben sich die Bürger des Ortes in Eigenleistung und Eigenverantwortung wieder einen lebendigen Dorfmittelpunkt geschaffen und mit dem fast ausschließlich in ehrenamtlicher Arbeit verwirklichten Projekt, die Lebensqualität in ihrem Dorf erheblich gesteigert.

"Der ländliche Raum hat Zukunft, weil die Menschen auf dem Lande die Probleme erkannt haben, weil sie die Herausforderung annehmen und mit Tatkraft und Ideenreichtum daran gehen Lösungen zu finden. Für die Zukunft gilt es Rahmenbedingungen zu schaffen, die die eigenständige wirtschaftliche und kulturelle Identität der Dörfer erhalten. Hierzu können alle beitragen, Politik und Verwaltung genauso wie die Menschen vor Ort."

Diese Worte der damaligen nordrhein-westfälischen Umwelt- Ministerin Bärbel Höhn aus dem Jahr 2002, hatten sich die Initiatoren von DORV auf ihre Fahnen geschrieben und in einem beispiellosen Projekt in die Tat umgesetzt.