Förderung lokaler Wirtschaft - zwecklos oder zukunftsweisend?

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(Dokumentation des gleichnamigen "Forum Stadterneuerung 2001" am 08.11.2001 in Hamburg, die Druckversion dieser Dokumentation kann kostenlos unter www.steg-hh.de - Menüpunkt "Publikationen bestellt werden)

Kontakt:

Stadterneuerungs- und Stadtentwicklungsgesellschaft Hamburg mbH (STEG)
Schulterblatt 26-36
20357 Hamburg
Tel.: 040 - 43 13 93 0; Fax: 040 - 439 27 58
eMail: steg@steg-hh.de, Internet: www.steg-hh.de

Inhalt:


Interview mit Mario Mettbach, Hamburger Senator für Bau, Verkehr und Stadtentwicklung

Herr Senator Mettbach, beim STEG Forum 2001 haben Sie über Ihre Auffassung der Rolle von Stadtentwicklungspolitik für eine Stadt wie Hamburg gesprochen. Inhaltliche Aussagen zu einer Stadtentwicklungspolitik unter dem neuen Senat konnten Sie als wenige Tage zuvor vereidigter Senator verständlicherweise kaum machen. Inzwischen sind Sie bereits über einhundert Tage im Amt. Bitte schildern Sie kurz, welche Schwerpunkte Sie während Ihrer Amtszeit in der Stadtentwicklungspolitik setzen möchten!

Eine Großstadt wie Hamburg darf nicht starr verharren, sondern muss sich weiterentwickeln, um zukunftsfähig zu bleiben. Gerade Stadtteile mit großer Bevölkerungsdichte bedürfen einer verstärkten Stadtteilentwicklung, in deren Vordergrund die Eigenständigkeit sowie die Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Quartier stehen muss. Diese Eigenständigkeit gilt es in besonderem Maß zu fördern.

Inwiefern wird die Förderung des lokalen Gewerbes in Ihrer Stadtentwicklungspolitik eine Rolle spielen?

Die Förderung kleiner und mittelständischer Betriebe vor Ort ist ein wesentlicher Bestandteil integrativer Stadtteilpolitik. Funktionierende Betriebe halten Arbeitsplätze bereit, welche aus dem Quartier gedeckt werden können. Dies schafft Arbeitslosigkeit ab und führt zu mehr Wirtschaftskraft vor Ort.

Ist von Ihrer Behörde eine Neuorientierung der Wirtschaftsförderung im Sinne einer Orientierung am Stadtteil zu erwarten? Wenn ja: Wie wird sie aussehen? Ist hier eine Zusammenarbeit mittagungsdokumentation_2001_2tagungsdokumentation_2001_1 der Wirtschaftsbehörde geplant?

Eine auf Erfolg ausgerichtete Stadtteilpolitik kann nicht am Stadtteil vorbei ausgerichtet werden. Sie muss sich an den Bedürfnissen im Quartier und an den vorhandenen strukturellen Bedingungen vor Ort orientieren. Eine Zusammenarbeit zwischen der Behörde für Bau und Verkehr sowie der Wirtschaftsbehörde wird seit dem Regierungswechsel permanent gepflegt.

Inwiefern ist die Förderung des lokalen Gewerbes aus gesamtstädtischer Perspektive wichtig? Welche speziellen Probleme haben lokale Gewerbetreibende und warum sind sie unterstützenswert?

Hamburg ist eine Wirtschaftsmetropole, die man in ihrer Gesamtheit betrachten muss. Gewerbe in den einzelnen Stadtteilen dient nicht nur der Nahversorgung der Bewohnerinnen und Bewohner, sondern hat eine starke soziale Anbindung. Es ist wichtig, Gefälle in der Sozialstruktur einzelner Quartiere und Stadtteile möglichst gering zu halten. Deshalb bedarf es insbesondere in sozial- und strukturschwachen Gebieten besonders der Förderung ortsansässiger Unternehmen.

Inwieweit können Sie Einfluss darauf nehmen, dass im Rahmen Ihres Etats vergebene Projektmittel hauptsächlich an Firmen im jeweiligen Stadtteil vergeben werden?

Dieser Einfluss ist nur begrenzt vorhanden. Selbständigkeit in den Quartieren bedeutet auch, die Entscheidung über Projektentwickler in die Hände erfahrener Personen vor Ort zu legen. Insofern sind hier in erster Linie die Bezirke zuständig.


Stefan Kreutz

Arbeiten im Quartier - Arbeit für das Quartier. Wirtschaftsförderung und Gewerbeentwicklung auf Stadtteilebene

Seit 1990 ist die STEG Hamburg mbH in mehreren Hamburger Stadtteilen (St. Pauli, Schanzen- und Karolinenviertel, Ottensen, Altona-Altstadt) als treuhänderische Sanierungsträgerin der Freien und Hansestadt Hamburg tätig. In den vergangenen Jahren sind die Aufgaben des Quartiersmanagements im Rahmen der sozialen Stadtteilentwicklung und Tätigkeiten als Projektentwicklerin hinzugekommen.
Seit Mitte der 1990er-Jahre hat sich im Zusammenhang unserer vielfältigen gebietsbezogenen Tätigkeiten das Themenfeld ‘Förderung und aktive Entwicklung des Gewerbebestands’ in den unterschiedlichen Quartieren zu einem der Schwerpunkte unserer Arbeit vor Ort entwickelt: Bestandspflege und Bestandsentwicklung des Gewerbes, Weiterentwicklung des Branchenmix', Existenzgründungsförderung sowie Standortmarketing sind dabei integrale Bestandteile unserer Arbeit. Im Rahmen dieser Aktivitäten reagiert die STEG auf den konkreten Bedarf der lokalen Wirtschaft. Sie initiiert jedoch auch innovative Projekte der Standortentwicklung und sucht dafür vor Ort geeignete Kooperationspartner.
Einige Beispiele aus den Schwerpunkten unserer vielfältigen Praxis in diesem Aufgabenfeld sollen die Breite unseres Leistungsangebotes verdeutlichen: Aktive Förderung von Existenzgründungen

  • Management von zwei Existenzgründerzentren mit insgesamt 50 Büroeinheiten (ETAGE 21 und Sprungschanze)
  • Einwerben und Durchführen eines EU-Projekts zur "Förderung des Unternehmergeistes im Stadtteil St. Pauli"

Entwicklung und Management von zielgruppenorientierten Gewerbeimmobilien

  • Konzeptionierung und Management der beiden Existenzgründerzentren ETAGE 21 und Sprungschanzeim Stadtteil Hamburg-St. Pauli
  • Machbarkeitsstudie für ein Existenzgründerhaus in Hamburg-St. Georg
  • Konzeptionieren einer Frauen-Existenzgründeretage in Lübeck-St. Lorenz
  • Konzeptionieren eines Zentrums für die Musikbranche in St. Pauli

Bestandspflege und Neuansiedlung von kleinen und mittleren Unternehmen

  • Erstellen und Pflegen von Gewerbekatastern in diversen Sanierungsgebieten
  • Unterstützen und Beraten sanierungsbetroffener Betriebe in allen Sanierungsgebieten, z.B. bei der Umsetzung von Betrieben, bei der Entwicklung am Standort sowie bei der Vermittlung von Konflikten
  • Individuelle Standortinformation und -beratung für Gewerbetreibende
  • Gewerbeentwicklungsgutachten für das Karolinenviertel
  • Studie zur Förderung des Tourismusstandorts Schanzenviertel

Beschäftigungsförderung / Arbeitsmarkt

  • Entwickeln und Unterstützen von innovativen Projekten zur Weiterbildung und Qualifizierung, z.B. Neustart Hamburg (www.neustart-hh.de)
  • Konzeptionieren eines ‘Jobladens’ für das Schanzenviertel

Standortmanagement und Standortmarketing

  • Maßnahmen der Imageverbesserung durch Standortmarketing
  • Belegungsmanagement für Gewerbeflächen in der Marktstraße
  • Initiierung und Unterstützung von Interessenvertretungen und Standortgemeinschaften des Gewerbes in benachteiligten Stadtteilen, z.B. Standpunkt.Schanze (Schanzenviertel) und KaroViertel (Marktstraße) sowie IG Hansering (Lübeck - St. Lorenz)

Initiierung und Unterstützung von lokalen Netzwerken

  • Fördern zielgruppenspezifischer Vernetzung, z.B. für Migranten (Unternehmer ohne Grenzen e.V.) und für Existenzgründer (Gründer-Info St. Pauli)
  • Fördern branchenspezifischer Vernetzung, z.B. Multimedia@Schanze, Mode und Design im Karoviertel
  • Vernetzen von gewerblichen und sozialen Akteuren auf Stadtteilebene, z.B. Schule und Unternehmen im Schanzenviertel oder stadtteilbezogene Aktivitäten der IG Hansering in Lübeck-St. Lorenz

Förderung der Kommunikation

  • Durchführen von Existenzgründerveranstaltungen
  • Unterstützen und Fördern von Unternehmensnetzwerken
  • Herausgeben der Existenzgründerzeitung ‘Claim’
  • Betrieb von wirtschaftsbezogenen Internetseiten (www.gruender-info.de, www.sprungschanze.net)

Projektentwicklung

  • Beleuchtungskonzept für die Einkaufsstraße "Marktstraße" im Karolinenviertel

Immobilienentwicklung

  • Bedarfsgerechtes Entwickeln und Schaffen neuer Gewerberäume
  • Umnutzen des ehemaligen Hafenkrankenhauses zum Sozial- und Gesundheitszentrum für Anbieter aus der Gesundheitsbranche
  • Umnutzen der ehemaligen Rinderschlachthalle zum kulturwirtschaftlichen Gewerbezentrum

Forschung und Erfahrungsaustausch

  • Aktive Mitarbeit im Hamburger Arbeitskreis Lokale Wirtschaftsförderung
  • Aktive Mitarbeit in einem EU-Forschungsprojekt zur Entwicklung von übertragbaren Modellen für öffentlich-private Partnerschaften zur Wirtschaftsförderung

Alle genannten Maßnahmen wurden bislang fast ausschließlich von Hamburger Fachbehörden gefördert. Ebenso ist es der STEG vereinzelt gelungen, für Aktivitäten der kleinräumigen Wirtschaftsförderung europäische Fördermittel direkt bei der EU einzuwerben (siehe Beitrag von Kurt Reinken in diesem Reader). Bei der Umsetzung konkreter Maßnahmen werden nach Möglichkeit auch private Mittel eingeworben.
Vor dem Hintergrund eines weiteren Auseinanderdriftens der Städte in arme und reiche Stadtteile haben die Kommunen eine besondere Verantwortung für die ’lokal verankerte Ökonomie’, d.h. die lokal und regional ausgerichteten Wirtschaftsaktivitäten und -kreisläufe kleinteilig strukturierter Stadtteil- und Quartiersbetriebe. Daher macht gerade in den so genannten benachteiligten Stadtteilen die Förderung dieser kleinräumigen Wirtschaftsstrukturen Sinn und bringt direkten Nutzen vor Ort zur ökonomischen und sozialen Stabilisierung der Stadtteile. Vor dem Hintergrund unserer Erfahrungen aus der Praxis sind wir außerdem der Meinung, dass bei zunehmendem Wettbewerb zwischen den deutschen und europäischen Großstädten die lokale Akzentuierung ein gewichtiger weicher Standortfaktor bei Unternehmensentscheidungen über die Ansiedlung von Betriebsteilen oder Firmensitzen sein wird.
Trotz dieser auch wissenschaftlich nachgewiesenen Erkenntnisse wird eine stadtteilorientierte Wirtschaftsförderung in Hamburg bislang nur ansatzweise betrieben. Strategien, die über projektbezogene Ansätze hinausreichen sowie eine programmatische Neuorientierung der Instrumente und der Förderung stehen nach wie vor aus. Dabei kann eine stadtteilorientierte Wirtschaftsförderung in der hier dargestellten Form auch die übergeordneten gesamtstädtischen Strategien der Wirtschaftsförderung in vieler Hinsicht ergänzen. Daher ist die STEG auch in diesem politischen Bereich aktiv und wird weiterhin auf die genannten erforderlichen neuen Rahmenbedingungen nachdrücklich hinweisen.


Dr. Uwe Hornauer

Das Nachhaltigkeitszentrum ‘Ö’ und der Stadtteil Altona-Ottensen

Zur Person:
Dr. Uwe Hornauer, geb. 31.12.1953 in Schenefeld im Kreis Pinneberg; seit 15.8.1996 Leiter des Bezirksamts Altona. Zuvor nach Studium der ev. Theologie, Germanistik und Sozialwissenschaft, Journalist und seit 1988 zunächst persönlicher Referent und dann sechs Jahre Leiter des Amts für internationale (Wirtschafts-) Beziehungen bei der Stadtverwaltung Nürnberg.
Kontakt:Bezirksamt Hamburg-Altona, Platz der Republik 1, 22765 Hamburg, Telefon: 040 / 428 11-15 00
E-Mail: uwe.hornauer@altona.hamburg.de

Das ‘Ö’ ist ein gutes Beispiel dafür, dass sich Gewerbehöfe besonders erfolgreich realisieren lassen, wenn von Beginn an die Betriebe vor Ort mit ihren Bedürfnissen, Potenzialen und Kompetenzen in die Projektentwicklung eingebunden werden.
In Hamburg-Altona entsteht derzeit mit dem ‘Ö’ ein bislang einmaliges ökologisches Einkaufs-, Dienstleistungs- und Handwerkszentrum, das im Oktober 2002 seine Türen für Kunden und Besucher öffnen wird. Auf ca. 20.000 Quadratmetern Nutzfläche werden hier rund achtzig kleine und mittlere Betriebe ein breites Spektrum nachhaltiger Angebote präsentieren. Die thematischen Angebotsschwerpunkte liegen auf den Bereichen Bauen und Wohnen, Ernährung und Bekleidung, Gesundheit und Wellness. Das ‘Ö’ wird funktions- und nutzerorientierte umweltverträgliche Angebote machen, die auch ökonomisch tragfähig sind.
Im Altonaer Stadtteil Ottensen findet sich ein für dieses Objekt besonders geeignetes soziales und ökonomisches Umfeld. Ottensen ist traditionell als Stadtteil für alternative Angebote und innovative Projekte bekannt. Die Bevölkerungsstruktur ist gekennzeichnet durch einen großen Anteil an engagierten und aktiven Personen, die u.a. auch ökologische Zielsetzungen verfolgen. Der Einzugsbereich des ‘Ö’ muss jedoch weit über den Stadtteil hinausgehen, um eine wirtschaftliche Tragfähigkeit des Zentrums zu gewährleisten.
Mitte der 1990er Jahre hat die Zukunftswerkstatt e.V. der Handwerkskammer Hamburg im Rahmen des Armutsbekämpfungsprogramms mit kleinen und mittleren Unternehmen in Altona-Nord und unmittelbar angrenzenden Gebieten gearbeitet und u.a. Unternehmensbefragungen durchgeführt. Im Rahmen dieser Arbeit wurden zum einen bereits auffällig zahlreiche Betriebe aus ökologisch orientierten Branchen festgestellt. Zum anderen wurden bei diesen Unternehmen Bedarfe identifiziert, auf die mit der Projektentwicklung des ‘Ö’ gezielt reagiert wird. Unter anderem ging es dabei um eine stärkere räumliche und inhaltliche Vernetzung von Kleinbetrieben, die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit ökologischer Anbieter etwa durch gemeinsames Marketing sowie die Bereitstellung von attraktiven Gewerbeflächen.
Von Beginn der Projektentwicklung an waren die beteiligten Betriebe aus dem neu gegründeten ‘Verein zur Errichtung eines Ökozentrums’ in den kooperativen Planungs- und Projektentwicklungsprozess einbezogen. Hierdurch wurde gewährleistet, dass das Projekt die spezifischen Bedürfnisse, Potenziale und Kompetenzen der Betriebe berücksichtigt. Das ‘Ö’ reagiert aber nicht nur auf die Bedarfe, sondern zieht gezielt auch die vorhandenen Entwicklungspotenziale der Unternehmen bei der Realisierung mit ein. Durch die räumliche Bündelung von kleinen Unternehmen an einem Ort sowie eine klare thematische Ausrichtung des Zentrums werden vielfältige zwischenbetriebliche Synergieeffekte geschaffen, die die ökonomische Wettbewerbsfähigkeit der beteiligten Unternehmen stärken. Die themenorientierte und branchenbezogene Bündelung von Unternehmen (Clusterbildung) stellt ein zentrales Merkmal des ‘Ö’ dar.
Bereits frühzeitig sind auch Gewerbetreibende und Bewohner aus dem räumlichen Umfeld des ‘Ö’ in die Projektentwicklung einbezogen worden. Hierdurch wird ermöglicht, dass mit dem ‘Ö’ kein gewerblicher ‘Fremdkörper’ im Stadtteil realisiert wird, sondern ein Zentrum, das mit seinem räumlichen Umfeld vielfältig verflochten sein wird. Das Zentrum wird vielfache Auswirkungen auf das direkte Umfeld, den Stadtteil Ottensen und den Altonaer Westen entfalten. Diese Einflüsse werden sowohl räumlich als auch ökonomisch spürbar sein. Um sie konkreter beurteilen zu können, wäre eine spätere Evaluierung der Verflechtungen des ‘Ö’ mit seinem Umfeld sowie der entstehenden Wechselwirkungen sinnvoll.
Durch die inhaltliche Konzeption des Projekts als Nachhaltigkeitszentrum mit transparenten Qualitätskriterien wird ein klares Standortprofil geschaffen, das sowohl für die Unternehmen als auch für die Kunden eine klare Einordnung ermöglicht. Ebenso werden die vorhandenen ökonomischen Wachstumspotenziale des Bereichs ‘Nachhaltiges Wirtschaften’ für kleine Betriebe erschlossen. Die Gewährleistung der internen Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen selbst bleibt jedoch originäre Aufgabe der Unternehmer. Hier kann die öffentliche Hand nur die Rahmenbedingungen gestalten, jedoch keine Subventionierung der Betriebe durchführen. Trotz umfangreicher öffentlicher Anschubfinanzierung wird großer Wert auf die wirtschaftliche Tragfähigkeit und Rentabilität des Zentrums gelegt. Es soll kein dauerhafter Subventionsempfänger entstehen.
Die Realisierung des ‘Ö’ ist von Beginn an 'Chefsache' gewesen. Nur durch die große persönliche Unterstützung des Altonaer Bezirksamtsleiters und der damaligen Staatsrätin der Hamburger Stadtentwicklungsbehörde konnte das Projekt in seiner jetzigen Struktur und Größe realisiert werden. Dadurch wird das Zentrum zu einem prominenten Objekt der Wirtschaftsentwicklung im Bezirk Altona. Der kooperative Planungsprozess ist ein gutes Beispiel für innovative bezirkliche Wirtschaftsförderung. Er verdeutlicht aber auch, welche hohen zeitlichen und strukturellen Anforderungen ein solcher Prozess an alle Beteiligten stellt. Ein privater Investor oder Projektentwickler würde sich einem derartigen Entwicklungsprozess vermutlich kaum stellen können.


Tatjana Groetek

Der Verein und sein Stadtteil – der Stadtteil und sein Verein: Der FC St. Pauli und seine Bindung zum Stadtteil

Zur Person:
Tatjana Groeteke, Jahrgang 1963, arbeitete nach einer Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau als Journalistin. Von 1999 bis 2001 war sie Aufsichtsratsvorsitzende des FC St. Pauli und seit November 2001 ist sie Geschäftsführerin des Vereins.

Der FC St. Pauli zieht nach Stellingen, Bergedorf oder Eidelstedt? Ein unvorstellbarer Gedanke. Als letzter und einziger von 36 Fußballclubs der ersten und zweiten Bundesliga, ist der FC St. Pauli ein echter Stadtteilverein. Wäre der Stadtteil ohne den Verein noch denkbar? Wenn auch die Vorstellung für alle St. Paulianer nahezu unerträglich ist: ja. Aber der FC St. Pauli ist ohne seinen Stadtteil undenkbar. Die Identifikation mit dem Stadtteil ist extrem groß, das Image des Vereins ist von der Stadtteilkultur des Viertels stark geprägt, und letztlich haben die Menschen und ihre Kultur in St. Pauli den Verein und sein Image vom "etwas anderen Verein" mehr und deutlicher geprägt, als es den Offiziellen oder einer Werbeagentur jemals möglich gewesen wäre. Auch die Mitarbeiter des Vereins und seiner Gesellschaften haben, wenn sie nicht sogar in St. Pauli leben, einen engen Bezug zum Stadtteil. Die Tochter- und Enkelgesellschaften, wie z.B. die FC St. Pauli Vermarktungs GmbH & Co.KG, sind auf St. Pauli im Hochhaus der Astra-Brauerei seit 2001 beheimatet.

Welche Rolle spielt der Verein für den Stadtteil?

Selbstverständlich profitiert nicht nur der Verein vom Stadtteil, sondern auch der Stadtteil vom Verein. Der FC St. Pauli hat eine enorm große Medienpräsenz – regional wie auch überregional. Und er vertritt – ganz gleich ob er in den Stadien der anderen Bundesligisten, im Ausland und Inland beim Freundschaftsspielen auftritt – immer auch den Stadtteil. Dies schon allein durch seine Anwesenheit, aber auch durch die Anwesenheit vieler Fans, die im Stadtteil leben. Alle zwei Wochen beschert der FC St. Pauli, dem sicherlich ohnehin stark frequentierten Stadtteil noch ein Mehr an Besuchern. Zu jedem Heimspiel des FC St. Pauli kommen z. Zt. knapp 20.000 Menschen, darunter auch viele aus anderen Teilen Deutschlands, da der FC auch außerhalb Hamburgs überproportional viele Fans hat. Hieraus resultiert vor allem ein nicht unwesentlicher Wirtschaftsfaktor für alle gastronomischen Betriebe im Viertel – an Spieltagen sind die Bars und Kneipen auf St. Pauli noch besser besucht als sonst. Und bei Auswärtsspielen, die in vielen Gaststätten im Viertel live übertragen werden, kommen die Menschen aus ganz Hamburg nach St. Pauli.
Aber auch ansonsten ist der FC St. Pauli bemüht, die lokale Wirtschaft im Stadtteil zu unterstützen. Bei Meetings mit Sponsoren und Aufträgen an Handwerksbetriebe wird darauf geachtet, dass, sofern die Möglichkeiten gegeben sind, mit Anbietern aus dem Stadtteil zusammengearbeitet wird. Ebenso unterstützt der FC St. Pauli – in der jüngeren Vergangenheit zunehmend – lokale Initiativen und soziale Einrichtungen bei ihrer Arbeit im Stadtteil: so z. B. derzeit das Cafée mit Herz, bei einer Aktion für den Umbau des Pförtnerhauses auf dem Gelände des ehemaligen Hafenkrankenhauses, wie auch in der Vergangenheit den Erhalt desselben.

Welche Rahmenbedingungen muss der FC St. Pauli im Stadtteil vorfinden?

Zunächst einmal ein tolerantes Umfeld, das nirgendwo in Hamburg in dieser Form vorhanden ist. Den Stadtteil wie auch den Verein zeichnet ganz besonders aus, dass hier die Menschen unterschiedlichster gesellschaftlicher Gruppierungen, Nationen, Kulturen und Religionen zusammenleben und zusammenkommen. Der "Hafenarbeiter neben dem Banker" – ist hier nicht nur eine verklärte Erinnerung an alte Zeiten oder Klischee, sondern noch real existent. Zudem benötigt der FC St. Pauli bei all seinen Aktivitäten für sich und sein Umfeld, das heißt hier vor allem für seine Fans, die Unterstützung des Stadtteils, seiner Menschen und seiner Politiker. Exemplarisch sei hier "Das Haus für Fans" genannt, dessen Einrichtung seit Jahren an einer geeigneten und bezahlbaren Immobilie scheitert, und vor allem das sehr ehrgeizige Stadionprojekt, das auf dem jetzigen Gelände des Millerntor-Stadions und auf dem Vorplatz in naher Zukunft realisiert werden soll. Vor allem die Bebauung des Vorplatzes mit Schwimmbad, Fitnesszentrum, Sauna, Kindergarten, alternativem Gesundheitszentrum, Bürogebäude und Hotel wird den Stadtteil in wirtschaftlicher Hinsicht sehr beleben, seine Attraktivität weiter steigern und städtebaulich bzw. stadtteilbaulich neue Akzente setzen. Damit verbunden ist für den Stadtteil auch die große Chance, dass die Olympischen Spiele 2012, sofern Hamburg den Zuschlag erhält, nicht nur in der Hansestadt, sondern auch auf St. Pauli stattfinden.

Kann die Zusammenarbeit zwischen Stadtteil und Verein intensiviert werden?

Sie kann und zwar erheblich. Die Möglichkeiten der Zusammenarbeit sind hier noch lange nicht ausgeschöpft. Ausbaufähig sind mit Sicherheit die Kinder- und Jugendarbeit, die Präsenz des Vereins bei Veranstaltungen im Stadtteil und die Zusammenarbeit von Stadtteil und Verein auf der politischen Ebene. Der FC St. Pauli kann allein durch seine Präsenz und die seines Namens die allgemeine Aufmerksamkeit steigern. Gemeinsam können Stadtteil und Verein gegenüber der Stadt Hamburg die Interessen des Stadtteils noch erfolgreicher vertreten.

Kann der Stadtteil vom Image des FC St. Pauli profitieren?

Ja, und das auch noch wesentlicher als in der Vergangenheit. Der FC St. Pauli hat in den vergangenen Jahren eine starke Marke aufgebaut, die relativ unabhängig vom sportlichen Erfolg der Ligamannschaft existiert. Dazu hat er sich in nicht unerheblichem Maße das Image des Stadtteils zunutze gemacht, das dieser in erheblich größerem Umfang auch für sich selber nutzen könnte – auch unter Einbeziehung des FC St. Pauli. Die Werbung für den Stadtteil als Standort, als touristisches Ziel, für Investoren etc. ist mit Sicherheit noch weiter ausbaubar, wobei der Stadtteil noch sehr viel mehr auf seine Stärken setzen sollte. Eine Tugend, die beim FC St. Pauli in erster Linie aus der Not – nämlich anhaltendem sportlichen Misserfolg - geboren wurde. Also ist man dazu übergangen, das in Deutschland einmalige Umfeld des Vereins zu vermarkten. Damit hat man sehr viel erreicht – die Freibeuter der Liga, ihre Symbole, wie z. B. der Totenkopf, und ihre Fans haben einen überdurchschnittlich hohen Bekanntheitsgrad und Sympathiewert in ganz Deutschland und der Welt. Seine Stärken zeigen und mit seinen Schwächen selbstironisch umgehen – dieses Konzept ist auf den Stadtteil ebensogut anwendbar wie auf den etwas anderen Fußballverein.

Forza St. Pauli!


Dieter Läpple

Vorteile und Potenziale lokaler Strategien in Ergänzung zu gesamtstädtischer Wirtschaftsförderung

Zur Person:
Dr.rer.pol., Dipl.-Volkswirt, Universitätsprofessor; geb. 1941 in Waiblingen bei Stuttgart.
 Nach Facharbeiterausbildung und abgeschlossenem Studium als Fahrzeugbauingenieur Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der TU und FU Berlin.
Lehr- und Forschungstätigkeiten u.a. in Berlin, Eindhoven, Amsterdam, Paris, Aix-en-Provence / Marseille und Leiden. Seit 1986 Professor und Leiter des Arbeitsbereichs für Stadt- und Regionalökonomie an der Technischen Universität Hamburg-Harburg. 1984 Gastprofessor an der Universität Aix-en-Provence / Marseille; 1992/93 Fellow und Gastprofessor am Wissenschaftszentrum Nordrhein-Westfalen; 1996/97 Gastprofessor auf dem Lehrstuhl "Alfred Grosser" am "Institut d’Études Politiques de Paris" ("Science Po"). Ordentliches Mitglied der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung sowie Mitglied internationaler Forschungsnetzwerke (u.a. GREMI, Regional Science Association, Society for the Advancement of Scio-Economics, Salzburg Congress on Urban Planning and Development).
Aktuelle Tätigkeitsschwerpunkte: Sozialökonomischer Strukturwandel von Stadtregionen; Globalisierung und Regionalisierung; Städtischer Arbeitsmarkt; "Lokale" Ökonomie; Neue Medien und Stadtentwicklung; gesellschaftliche Raumkonzepte und Raumtheorien;.
Sonstige Interessenschwerpunkte: Transport und Logistik; Europäischer Integrationsprozess; Probleme staatlicher Planung und Regulation; Entwicklung von Seehafenregionen.

Unter dem Eindruck der zunehmenden Internationalisierung und Globalisierung der Wirtschaft setzen fast alle Großstädte auf den forcierten Aufbau und die Förderung "außenorientierter Leitsektoren" und den Ausbau ihrer City als möglichen Standort von "Global-City-Funktionen", also von Finanz-, Dienstleistungs- und Messefunktionen. Bei dieser Ausrichtung der Stadtpolitik auf die Förderung international wettbewerbsfähiger Strukturen wird unterstellt, dass die außenorientierten Wirtschaftsbereiche auf die anderen wirtschaftlichen Aktivitäten der Stadt ausstrahlen, und diese gewissermaßen im "Huckepack" in die wirtschaftliche Dynamik einbeziehen (vgl. dazu Stadtentwicklungskonzept Hamburg Dez. 1996).
Diese außenorientierte Stadtentwicklungsstrategie basiert auf der These eines sog. "trickle down"-Effekts oder "Sicker-Effekts": Man unterstellt, dass die ökonomische Dynamik der außenorientierten Bereiche vor allem über Einkommensströme und Kooperationsbeziehungen zu den lokal orientierten Dienstleistern und Zulieferern "durchsickert", so dass letztlich auch die weniger Privilegierten der Stadtgesellschaft von den Erfolgen dieser Modernisierungspolitik profitieren.
Die zunehmende sozialräumliche Differenzierung und Polarisierung unserer Städte macht jedoch deutlich, dass es den sozialen "Fahrstuhleffekt" - also die Verbesserung der Lebenssituation der gesamten Stadtgesellschaft – nicht gibt. Es gibt eher den Effekt eines sozialen Paternosters, also ein ökonomisches und soziales Auseinanderdriften der Gesellschaft. Die möglichen Erfolge einer traditionellen Standort- und Modernisierungspolitik gehennicht nur an den Verlierern des wirtschaftlichen Strukturwandels vorbei, "sickern" also nicht zu den Langzeitarbeitslosen und Sozialhilfeempfängern durch, sondern führen vielfach zu einer Verschärfung der gesellschaftlichen Polarisierung und Fragmentierung des Arbeitsmarkts.
Für einen Teil der Gesellschaft erweist sich der städtische Arbeitsmarkt seit längerem als ein Mechanismus der Desintegration und der sozialen Ausgrenzung. Dabei kommen zu den Problemen des Arbeitsmarkts noch die Erosion der Familie, Wohnungsprobleme sowie Kriminalität und Drogensucht. Unter dem ökonomischen Druck "leerer Kassen" kann der Staat die sozialstaatliche Fürsorge nicht entsprechend den neuen Problemlagen ausbauen, sondern fährt sie zurück. Da die Formen sozialer und ökonomischer Desintegration meist stadträumlich konzentriert auftreten und sich dabei gegenseitig verstärken, werden die Stadtquartiere zu den eigentlichen Problemfeldern.
Diese Problemkonstellation lässt sich nicht allein durch staatliche Unterstützung der einzelnen Opfer des Strukturwandels - also durch die individuelle Alimentierung von Armut und Arbeitslosigkeit - lösen. Dies führt langfristig zu einer Demotivierung und der Verfestigung der Abhängigkeit von staatlichen Transferzahlungen.
Eine mögliche positive Handlungsperspektive bietet ein Strategie-Mix: Neben die Förderung technologie- und außenorientierter Wirtschaftsbereiche muss die Bestandspflege und Entwicklung der lokal und regional orientierten Betriebe stärker in den Mittelpunkt der Wirtschafts- und Stadtentwicklungspolitik rücken. Das Stadtquartier wird dabei zu einem zentralen Gestaltungsfeld – nicht nur der Wohnungspolitik und des Städtebaus, sondern auch der Wirtschaftsförderung. Das Stadtquartier ist nicht nur Ort des Wohnens, sondern auch wichtiges Zentrum des Lebensalltags und Ort der Arbeit. In diesem Sinne bietet das Stadtquartier die Möglichkeit, Handlungsansätze zu bündeln und die verschiedensten Politikfelder wie Wohnungs-, Verkehrs-, Gesundheits-, Bildungs-, Kultur-, Beschäftigungs- und Wirtschaftspolitik zu verzahnen. Ziel derartig integrierter Handlungsansätze ist es vor allem, die im Stadtquartier vorhandenen sozialen und kulturellen Fähigkeiten und ökonomischen Potenziale gezielt zu fördern und einer weiteren Entwertung und sozialen Ausgrenzung entgegen zu treten.
Eine nicht zu vernachlässigende Gefahr lokaler Strategien besteht allerdings in einem zu eingeschränkten Verständnis von "lokaler Ökonomie". Es gibt nicht die kleinteilige, identitätsstiftende "lokale Ökonomie", die auf "lokalen Kreisläufen" und "Alternativprojekten" basiert, und die gegen die "wilde Weltmarktökonomie" geschützt werden kann. Eine derartige Verengung des Blickwinkels birgt die Gefahr, dass benachteiligte Stadtteile noch mehr isoliert werden und sich bestehende ökonomische Segmentierungen und soziale Ausgrenzungen verfestigen. Statt des Konzepts der "lokalen Ökonomie" verwende ich lieber das Konzept der Stadtteil- und Quartiersökononomie. Dieses Konzept hebt ab auf die lokalen Einbettungsformen ökonomischer Prozesse in das Stadtquartier und thematisiert das Spannungsverhältnis zwischen lokalen Einbettungsformen und überregionalen Wirkungszusammenhängen, aus dem sich ja neben Gefahren auch Chancen ergeben können.


Kurt Reinken

Thesen zur Förderung der lokalen Wirtschaft und zur Existenzgründungsförderung in St. Pauli

Zur Person:
Dipl.-Ing. Städtebau / Stadtplanung (TU); geb. 1960 in Oldenburg.
Nach Berufsausbildung zum Bankkaufmann und abgeschlossenem Studium als Sozialwirt an der HWP Hamburg Studium Städtebau/ Stadtplanung an der TU Hamburg-Harburg. Seit 1993 Projektentwickler bei der STEG HAMBURG mbH und zuständig für die Bereiche ‘Gewerbeentwicklung, Standortmarketing und Wirtschaftsförderung’ sowie Projekte auf europäischer Ebene.
Aktuelle Tätigkeitsschwerpunkte: Projektleiter der Existenzgründerzentren ETAGE 21in der ehemaligen Rinderschlachthalle (Neuer Kamp 30) sowie SPRUNGSCHANZE - Gründerhaus St. Pauli in der Bernstorffstraße 120. Projektleiter des EU-Forschungsprojekts ENTRUST.
Kontakt:STEG Hamburg mbH, Schulterblatt 26- 36, 20357 Hamburg, Telefon: 040/43 13 93-42, Fax: 439 27 58, E-Mail: kurt.reinken@steg-hh.de

Die Förderung und Unterstützung von Unternehmensgründungen ist eines der vorrangigen Ziele der Stadt Hamburg. Gerade benachteiligten Stadtteilen können junge Unternehmen Innovationskraft und Vitalität verleihen und neue Arbeitsplätze schaffen. Vor diesem Hintergrund wurden von der STEG Hamburg in St. Pauli die beiden Existenzgründerhäuser ETAGE 21(Neuer Kamp 30) und SPRUNGSCHANZE - Gründerhaus St. Pauli(Bernstorffstraße 120) konzeptioniert, realisiert und zu Initialpunkten für die lokale Wirtschaftsentwicklung aufgebaut.
Die ETAGE 21wurde 1998 fertig gestellt. 21 Starterbetriebe und junge Unternehmen sind hier ansässig. Die SPRUNGSCHANZE - Gründerhaus St. Paulieröffnete im Mai 2001 und bietet insgesamt dreißig Existenzgründern und jungen Unternehmen Kleinstbüroflächen und eine gemeinsame Infrastruktur. Die gezielte Förderung und Unterstützung von jungen Unternehmen bei der Konsolidierung und Stabilisierung in der Startphase ist das wichtigste Ziel beider Projekte. Im Wesentlichen besteht deren Konzept aus vier inhaltlichen Bausteinen:

  • Kleine Flächen: Gründer benötigen i.d.R. Flächen unter dreißig Quadratmetern, die von der Immobilienbranche nicht wirtschaftlich angeboten werden können. Deshalb sieht Raumkonzept jeweils kleine Vermietungseinheiten zwischen zehn und fünfzig Quadratmetern vor.
  • Flexible Vertragsbedingungen: Eine kurzfristige Auflösung der Verträge – die Kündigungsfrist der Mieter beträgt einen Monat – ist Vertragsbestandteil und gewährleistet einen schnellen Ausstieg sowohl bei Scheitern als auch bei einer rasanten positiven Entwicklung. Dieser Ansatz ist in der privaten Immobilienwirtschaft ebenfalls unüblich.
  • Management vor Ort im Sinne des ‘managed workspace’: Dies ermöglicht einen anteiligen Zugang zu Bürodienstleistungen.
  • Interessen der örtlichen Wirtschaft im Umfeld der Einrichtungen berücksichtigen: Ansprache, Information, Mobilisierung und Förderung der lokalen Ökonomie ist einfacher leistbar über einen ’Ort vor Ort’. Dieser Ansatz sieht vor, aus den Gewerbezentren heraus ökonomische Entwicklungsprozesse im lokalen Umfeld zu initiieren. Im Vergleich zu anderen räumlich ’isolierten’ Gewerbehöfen wird die Verbindung mit dem gewerblichen Umfeld gezielt gesucht. Die Existenzgründerzentren sollen dabei als ’Incubator’ zum ’Katalysator’ für ihr Umfeld werden.

Nach dreieinhalb Jahren praktischer Umsetzung können erste Ergebnisse präsentiert werden: Das Raum- und Vermietungskonzept konnte mit städtischen Mitteln erfolgreich umgesetzt werden. Die ETAGE 21ist mit durchschnittlich 97 Prozent besser ausgelastet als erwartet. Die Mieter stammen zur Hälfte aus dem Stadtteil St. Pauli. Die gewünschte Fluktuation ist ebenfalls eingetreten. Über 60 Prozent der aus dem Gründerzentrum ’ausgegründeten Unternehmen’ haben im Stadtteil und im direkten Umfeld einen neuen Standort gefunden. Die neuen Arbeitsplätze und Unternehmen bleiben dem Stadtteil somit erhalten.
Die Akzeptanz der Gründerszene beim Nachfolgermodell SPRUNGSCHANZE - Gründerhaus St. Pauliwar ebenfalls groß. Bei der Planung und Realisierung konnten die gesammelten Erfahrungen aus der ETAGE 21berücksichtigt werden. Die ’Betreuung vor Ort’ und die Sekretariatsdienstleistungen wurden reduziert, um die laufenden Kosten zu senken. Bereits vor der Baufertigstellung waren alle dreißig Einheiten vermietet. Der Branchenmix der Unternehmen ist bunt gemischt.
Die Einbindung der örtlichen Wirtschaft ließ sich im Rahmen des zwei Jahre dauernden EU-geförderten ‘best practise-Projekts’ "Förderung des Existenzgründergeistes in benachteiligten Gebieten" nur befristet gewährleisten. Während der Projektlaufzeit konnten jedoch in gut siebzig Veranstaltungen über 500 Gründer und Unternehmer - davon ein Drittel aus dem Stadtteil St. Pauli - angesprochen werden. Es hat sich gezeigt, dass ein stadtteilbezogenes ’Gewerbehaus’ derart entwickelt werden kann, dass positive Ausstrahlungseffekte auf das Umfeld und den gesamten Stadtteil entstehen. Grundsätzlich bedarf es für den Aufbau von Kooperationsbeziehungen und der engeren Verflechtung mit dem Stadtteil einer längerfristigen Perspektive und entsprechender Anschubfinanzierung.

SPRUNGSCHANZE - Gründerhaus St. Pauli

SPRUNGSCHANZE, Bernstorffstraße 120 (Schanzenviertel / St. Pauli-Nord), http://www.sprungschanze.net

  • Interessierte sollten in den letzten drei Jahren gegründet haben, ein kleines Büro suchen und Interesse an gemeinsamen Projekten und am Aufbau eines Netzwerks haben. Im Vordergrund steht bei diesem Projekt die Bereitschaft zum Austausch von Erfahrungen mit anderen jungen Unternehmen.
  • Die Sprungschanze ist Teil eines öffentlich-privat finanzierten Gewerbehofs, den ein privater Investor und Eigentümer in enger Kooperation mit der Hamburger Stadtentwicklungsbehörde und der Stadterneuerungs- und Stadtentwicklungsgesellschaft (STEG) realisiert hat. Die STEG hat die Verwaltung und Vermietung des 2001 eröffneten Gründerhauses übernommen.
  • Hochwertige Büroräume zwischen 17 und 50 qm, unmöbliert, hell, bezugsfertig einschließlich Holzfußboden und Malerarbeiten, Aufzug. Werkstattflächen im Erdgeschoss.
  • Ein Konferenzraum im Erdgeschoss, ein Gemeinschaftskopierer und voll ausgestattete Küchen stehen allen Mietern zur Verfügung.
  • Die Vertragslaufzeit beträgt drei Jahre. Nach Ablauf kann eine Verlängerung um maximal zwei weitere Jahre gewährt werden. Die Kündigungsfrist beträgt einen Monat auf Seiten der Mieter.
  • Die Mieten für die Büros betragen in den ersten drei Jahren 6,30 €/qm, für die Flächen im Dachgeschoss 6,90 €/qm und für die Werkstattflächen im Erdgeschoss 5,88 €/qm. Die Nebenkosten liegen bei 1,02 €/qm für Heizung und 2,42 €/qm Betriebskosten (incl. Reinigung und Konferenzraum). Die Betreiberleistungen werden mit 0,77 €/qm berechnet. Stellplätze können für 64 € und Lagerraum für 5,50 €/qm monatlich zzgl. Mehrwertsteuer angemietet werden.
  • Eine Vermittlungsgebühr wird nicht erhoben. Die Mietsicherheit besteht aus drei Monatsmieten und kann als Sparbuch oder Bankbürgschaft hinterlegt werden.

ETAGE 21 - ein Brutkasten für neuen Ideen

Zentrale: Sylvia Usbeck, Neuer Kamp 30, 20357 Hamburg, geöffnet: Mo. bis Do. 10 bis 16 Uhr und Fr. bis 15 Uhr, Telefon 432 09-0, http://www.gruender-info.de

Das Gründerzentrum umfasst 21 kleine Büros mit insgesamt 860 qm. Die Betriebe teilen sich Service-Leistungen die sie sich allein nicht leisten könnten. Das Spektrum der Mieter in der Etage 21 reicht heute von Werbeagenturen über einen Wohnberater bis hin zu einer Brezel-Genossenschaft. 40 Prozent der Baukosten für die ETAGE 21 steuerte die Hamburger Stadtentwicklungsbehörde bei. Mittelfristig soll das Zentrum rund 80 neue Arbeitsplätze in St. Pauli schaffen.
Die Vorteile für junge Unternehmen:

  • Die Büros sind zwischen 10 und 57 qm groß
  • Die Mieter teilen sich Sekretariat, ISDN-Telefonanlage, Kopierer, Faxgerät und eine Gemeinschaftsküche
  • Zwei Konferenzräume können stundenweise gemietet werden
  • Die Kündigungsfrist für die Mieter liegt bei nur einem Monat
  • Das Gründerzentrum bietet umfangreiche Informationen für Gründer - von Zeitungen über Broschüren bis zu hin zu den Angeboten der »Gründer-Info St. Pauli«
  • Alle Mieter profitieren von Synergie-Effekten; im Idealfall entstehen Kooperationen untereinander.
  • Ein Angebot der ETAGE 21 ist das »virtuelle Büro«: Interessierte können Konferenzräume stundenweise anmieten, sich eine Büro-Adresse einrichten und vieles mehr.


Dr. Rolf-Peter Löhr

Stadtteilbezogene Wirtschaftsförderung als zentraler Bestandteil integrierter Handlungsansätze zur Stabilisierung und Verbesserung der Lebensverhältnisse in Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf: Erfahrungen aus dem Programm "Soziale Stadt"

 Zur Person:
Rolf-Peter Löhr, Dr. iur., geb. 1946 in Duisburg-Meiderich; Studium der Rechts- und Politikwissenschaft in Bonn und Berlin; Promotion zu Fragen der kommunalen Flächennutzungsplanung an der Ruhr-Universität Bochum;
1977 bis 1979 wiss. Assistent an der Ruhr-Universität Bochum; ab 1979 Referent im Bundesbauministerium in Bonn, u.a. für Städtebaugesetzgebung, für Städtebau und Architektur sowie für Forschungskoordination; seit 1988 in Difu und Verein für Kommunalwissenschaften e.V. Berlin (VfK); Stellv. Leiter des Difu; Arbeitsschwerpunkte: internes Management des Difu; Städtebaurecht, Stadterneuerung.
Geschäftsführer des VfK (Rechtsträger des Difu, Konzipierung und Durchführung von Fachtagungen zu aktuellen, professionsübergreifenden Themen der Jugendhilfe; Eigentümer des Ernst-Reuter-Hauses); Arbeitsschwerpunkte: Facility management, Finanzplanung; Tagungen zur Jugendhilfe.
Publikationen zu Städtebaurecht, Stadterneuerung und Jugendhilfe.

Das Bund-Länder-Programm Soziale Stadt fordert von den Städten für die Stadtteilentwicklung ein integriertes Handlungskonzept. Dieses soll deutlich über die klassische Stadterneuerung hinausgehen und alle diejenigen Fachsektoren einbeziehen, die für eine nachhaltige und positive Entwicklung im Gebiet notwendig sind. Der Wirtschaftsentwicklung im weitesten Sinn kommt hierbei große Bedeutung zu. Die Strategie zur sozialraumorientierten Entwicklung der lokalen Ökonomie mit ihren Elementen "Lokale Wirtschaftsförderung", "Beschäftigungsförderung und Qualifizierung/Ausbildung" sowie "Soziale Ökonomie" gehört daher zu den wichtigsten Handlungsfeldern des Programms Soziale Stadt.
Die Bezeichnung des Programms "Soziale Stadt" ist zugleich eine Zielsetzung, die deutlich macht, dass es bei der sozialen Stadtteilentwicklung um die Überwindung der Tendenzen zur Ausgrenzung und umgekehrt um die Integration aller Menschen dieser Gebiete in die Gesellschaft geht. Verbunden hiermit ist eine Imageaufwertung der Gebiete und eine Verbesserung der Lebensqualität vor Ort. Erst die Integration verschiedener Mittel und Ansätze - von der Stadterneuerung bis zur Wohnungsmodernisierung, von der Verkehrsberuhigung bis zur Kriminalitätsprävention, von der Umweltentwicklung bis zur Gesundheitsförderung, von der Wirtschaftsförderung bis zur Beschäftigungsförderung - kann zu einer nachhaltigen Verbesserung der objektiven Lebensqualität und des subjektiven Wohlbefindens führen.
Zentrale Elemente für das Wohlergehen der Menschen sind eine angemessene Wohnung und ein geeigneter Arbeitsplatz. Erwerbsarbeit ist nach wie vor das bedeutendste Kriterium für die Anerkennung durch die Gesellschaft wie für die Selbstachtung der Menschen. Auch Frauen drängen daher verstärkt auf den Arbeitsmarkt. Für hauswirtschaftliche Dienstleistungen ist in Bremen-Osterholz eine Dienstleistungsagentur für arbeitslose Frauen gegründet worden, die vor allem einfache Arbeitsplätze anbietet. Allerdings kann auch ehrenamtliche Tätigkeit diese Integrationsfunktion erfüllen.Sicher sind durch die Förderung lokaler Ökonomie nicht die Arbeitsplatzverluste durch den wirtschaftlichen Strukturwandel von der Industrie- zur Wissensgesellschaft auszugleichen, doch gibt es zur Unterstützung lokaler Ansätze bei der Beschäftigungsförderung, der Hilfe für ortsansässige Gewerbetreibende und Dienstleistungsbetriebe und der Förderung von Existenzgründungen keine Alternative. Entsprechende Ansätze gibt es daher europaweit, wie das ELSES-Projekt der EU gezeigt hat.
Während Wohnungsbau, Wohnungsmodernisierung und Wohnumfeldverbesserung die traditionellen Felder der Stadterneuerung sind, in denen auf eingespielte Strukturen zurückgegriffen werden kann, ist die Förderung von Wirtschaft und Beschäftigung im Quartier für die Stadterneuerung ein eher neues Tätigkeitsfeld mit neuen Partnern. Von den über hundert Projekten in der Difu-Projektdatenbank zur Sozialen Stadt befassen sich aber immerhin 15 mit Ansätzen zur Förderung der lokalen Ökonomie. Allerdings liegt der Schwerpunkt eindeutig auf Beschäftigungsförderung sowie auf Ausbildung und Qualifizierung; erfasst werden damit nur Teilbereiche einer Strategie zur Förderung der lokalen Ökonomie.
Von den sechs Themenkonferenzen, die bisher in den 16 vom Difu oder seinen Unterauftragnehmern besonders betreuten Modellgebieten des Programms Soziale Stadt durchgeführt wurden, waren daher vier dem Thema lokale Ökonomie gewidmet. Dies zeigt die zunehmende Anerkennung der Bedeutung des Themas, aber auch die Schwierigkeit, mit ihm umzugehen.
Auf der kommunalen Ebene ist es insbesondere die Wirtschaftsförderung, die vielfach nicht hinreichend auf die Bestandspflege und Entwicklung kleinerer, quartiersbezogener Unternehmen ausgerichtet ist, sondern sich eher den vermeintlich zukunftsträchtigeren Hightech-Betrieben widmet. Über die kleinen Betriebe in den Quartieren der Sozialen Stadt ist hier häufig wenig bis nichts bekannt. Die Wirtschaftsförderung ist in keinem uns bekannten Projekt beteiligt.
Eine bedeutende Rolle bei der Förderung lokaler Ökonomie können Wohnungsunternehmen oder Wohnungsgenossenschaften spielen, wenn sie sozialverantwortlich agieren und erkennen, dass eine positive ökonomische Entwicklung im Gebiet auch die Vermietbarkeit der Wohnungen sowie die Zufriedenheit und das Engagement der Mieter in den Wohnungen erhöhen. Wichtige Impulse für die lokale Ökonomie geben können Wohnungsunternehmen etwa durch die Unterstützung von Wohnungsneubau unter Mitwirkung von Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern, kostenlose Bereitstellung ungenutzter Räume, Gründung kleiner Servicebetriebe oder Unterstützung von Mietervereinen, die Hausmeister einstellen, . Beispiele dafür gibt es etwa in Bremen-West, Trier, Hannover oder Berlin-Wedding.
Ein wichtiger Partner ist natürlich die Arbeitsverwaltung mit den von ihr aufgelegten Programmen sowie den ABM- und SAM-Maßnahmen. Hier bestehen aber viele Kooperationsprobleme, da der Gebietsbezug des Programms Soziale Stadt und die personale Orientierung des Arbeitsamtes abgestimmtes Vorgehen erschweren. Gleichwohl sind die Programme der Arbeitsverwaltung ein wesentliches Element zur Unterstützung der lokalen Ökonomie. Auch die EU hat Förderprogramme aufgelegt, die der lokalen Ökonomie dienlich sind. Dies gilt insbesondere für die territorialen Beschäftigungspakte, die es in zahlreichen deutschen und europäischen Städten auf der Basis einer EU-Förderung gibt (www.pakte.de).
Auch Sozialämter können im Rahmen von Programmen wie "Arbeit statt Sozialhilfe" dazu beitragen, Menschen wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Eines von zahlreichen Beispielen hierfür ist der Arbeitsladen Hamburg-Dulsberg.
Ein zentrales Element der Förderung der lokalen Ökonomie ist die Verbesserung der Bildungssituation vor allem der Jugendlichen im Gebiet. Ein Schulabschluss ist zunehmend Voraussetzung für die Aufnahme einer Beschäftigung. Eine Öffnung vor allem der Haupt- und Realschulen in das Quartier, eine Anpassung an die besonderen Bedingungen von Schülerinnen und Schülern des Gebiets ist daher unerlässliche Voraussetzung für die Stabilisierung eines Gebiets. Beispiele für Maßnahmen zur Schul- und Ausbildungsförderung finden sich etwa in Hannover-Vahrenheide, im Leipziger Osten, in Berlin-Zehlendorf und in Lüneburg-Kaltenmoor.
Auch die Bedarfslage der Betriebe im Gebiet oder an seinem Rand ist ein wichtiger Faktor für die Beschäftigung Arbeitsloser aus dem Quartier. Die Betriebe müssen bei der Suche nach geeigneten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstützt und während der Beschäftigungsphase betreut werden, damit von ihnen nicht sozialarbeiterische Tätigkeit verlangt wird, die sie nicht erbringen wollen und können. Solche Beratung gibt es etwa in Duisburg, Hamburg-St.Pauli und Ottensen oder im Rahmen der territorialen Beschäftigungspakte, z.B. in Berlin-Neukölln durch die Gesellschaft für soziale Unternehmensberatung (www.gsub-berlin.de) oder in der Hamburger Initiative für Arbeit und Ausbildung durch die Lawaetz-Stiftung.
Die Förderung lokaler Ökonomie steckt vielfach noch in den Kinderschuhen und ist ein Stiefkind kommunaler Politik. Gleichwohl gibt es zahlreiche interessante Ansätze der unterschiedlichsten Art, lokale Ökonomien zu entwickeln. Die im Text genannten Beispiele finden sich – soweit nicht unmittelbar Internet-Adressen angegeben sind – in Soziale Stadt-Info 5 oder der Projektdatenbank des Difu unter www.sozialestadt.de/praxisbeispiele/projekte. Das Programm Soziale Stadt und seine Vorläufer- oder Begleitprogramme etwa in Hamburg, Bremen, Hessen und Nordrhein-Westfalen geben wichtige Anstöße zu einer Intensivierung solcher Ansätze der integrierten Quartiersentwicklung.


Arbeitskreis Lokale Wirtschaftsförderung

Positionspapier zum STEG-FORUM 2001

Arbeitskreis Lokale Wirtschaftsförderung

  • Afino - Agentur für Kommunikation: Sven Kuhfuss; Telefon (040) 39 90 19 28
  • Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit der Bezirksversammlung Altona (1997-2001): Martin Roehl
  • Beschäftigung und Bildung e.V. / LoWi Büro für lokale Wirtschaft: Jürgen Roloff; Telefon (040) 317 69 07-0
  • Bezirksamt Altona - Wirtschaftsbeauftragte: Hannelore Thate; Telefon (040) 428 11 17 36
  • Convent - Stadtteilbüro Osdorfer Born: Irja Hönekopp, Wolfgang Oehler; Telefon (040) 38 99 64-0
  • Handwerkskammer Hamburg / Zukunftswerkstatt e.V.: Matthias Hartmann; Telefon (040) 359 05-348
  • Lawaetz Stiftung: Barbara Ellerbrock; Telefon (040) 39 84 12-24
  • STEG Hamburg mbH: Stefan Kreutz, Kurt Reinken; Telefon (040) 43 13 93-0

Nach einem Beschluss des Ausschuss' für Wirtschaft und Arbeit der Bezirksversammlung Altona haben sich im September 2000 auf Initiative der bezirklichen Wirtschaftsbeauftragten erstmals Projektträger der lokalen Wirtschaftsförderung aus dem Bezirk Altona zum Erfahrungsaustausch in einer Gesprächsrunde getroffen. Hieraus ist in der Folge der ‘Arbeitskreis Lokale Wirtschaftsförderung’ entstanden, dem die Unterzeichner dieses Positionspapiers angehören.
Ziel des Arbeitskreises ist es, einen kontinuierlichen Erfahrungsaustausch und eine enge Kommunikation zwischen Trägern und Akteuren der lokalen Wirtschaftsförderung zu etablieren, um daraus Anregungen für die zukünftige Gestaltung von Strategien der lokalen Wirtschaftsförderung in Hamburg zu entwickeln.
Das vorliegende Positionspapier gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der Diskussionen im Arbeitskreis und bündelt die vielfältigen Erfahrungen, die von den Beteiligten im Rahmen ihrer praktischen Arbeit über viele Jahren gesammelt worden sind.

Lokale Wirtschaftsförderung braucht eine Mischung aus Einzelvorhaben und kontinuierlichen Angeboten zur Bestandspflege und -entwicklung

Zur Stabilisierung der Wirtschaft auf Stadtteilebene ist ein Strategien- und Instrumentenmix erforderlich. Im Mittelpunkt dieser Aktivitäten stehen die im Stadtteil oder Quartier ansässigen Betriebe mit ihren zahlreichen ökonomischen, sozialen und beschäftigungsorientierten Funktionen für den Stadtteil. Zentrales Ziel der Angebote kleinräumiger Wirtschaftsförderung ist die Sicherung marktfähiger Unternehmen, ihr Erhalt im Stadtteil sowie die Schaffung von Arbeitsplätzen.
Zur Erreichung dieser Zielsetzung bedarf es neben der Förderung von innovativen Einzelprojekten und Initialvorhaben einer breiten Angebotspalette der kontinuierlichen kleinräumigen Bestandspflege und -entwicklung. Hierzu zählen beispielsweise niedrigschwellige und transparente Beratungs- und Informationsangebote für Existenzgründer sowie kleine und mittlere Unternehmen, aufsuchende Beratungen der Unternehmen und eine effektive Vernetzung der Akteure im Stadtteil. Positive Erfahrungen mit derartigen Angeboten wurden z.B. im Rahmen des Projektes Lokale Wirtschaftsentwicklung von Beschäftigung und Bildung e.V., im Rahmen des Armutsbekämpfungsprogramms von der Zukunftswerkstatt e.V. der Handwerkskammer Hamburg sowie bei der Beratung von Existenzgründungen durch die Lawaetz-Stiftung und die STEG Hamburg gesammelt.
Kleine und mittlere Unternehmen im Bestand bedürfen der Begleitung und qualifizierten Unterstützung bei der Sicherung der eigenen Marktfähigkeit und der Erschließung neuer Geschäftsfelder. Hierfür sind kompetente Berater sinnvoll, die als Ansprechpartner von den Unternehmen vor Ort akzeptiert werden. Die zahlreichen existierenden Angebote der kleinräumigen Wirtschaftsförderung (z.B. Beratung, Förderung, Krisenmanagement) müssen den Betrieben im direkten und persönlichen Kontakt vermittelt werden. Denn die zeitliche und personelle Eingebundenheit der Inhaber und Mitarbeiter in die betriebliche Arbeit ist in der Regel ein Hindernis bei der Wahrnehmung der vorhandenen Angebote. Diese Schwelle kann nur durch eine persönliche und betriebsbezogene Vermittlung der existierenden Angebote überwunden werden. Der persönliche Kontakt zu den Betrieben und der Aufbau eines Vertrauensverhältnisses erleichtert darüber hinaus die verstärkte Aktivierung der sozialen Funktionen der Betriebe vor Ort.

Lokale Wirtschaftsförderung ist mehr als immobiliengestützte Wirtschaftsförderung

Für eine nachhaltige Sicherung und Förderung der Wirtschaftsstrukturen auf Stadtteilebene müssen zielgenaue Angebote für die konkreten Bedürfnisse und die Entwicklungspotenziale der Betriebe im Bestand gemacht werden. Das ist nur möglich durch eine kontinuierliche Kommunikation und Kontaktpflege. Dies bedeutet insbesondere, Angebote zu schaffen, die auf die spezifische Situation der Betriebe in den jeweiligen Quartieren und Stadtteilen eingehen. Nur eine lokal verankerte Wirtschaftsförderung ist imstande, auf die unterschiedlichen Strukturen und die spezifischen Handlungsanforderungen der verschiedenen Quartiere zu reagieren. Eine ausschließlich immobilien- und flächengestützte räumlich unspezifische gesamtstädtische Wirtschaftsförderung, z.B. die Erschließung von Gewerbeflächen, die Schaffung von Investitionsanreizen, aber auch die Entwicklung von Gewerbehöfen, reicht hier nicht aus.
Es zeigt sich jedoch, dass stadtteilbezogene Gewerbehöfe bzw. Kompetenz- und Innovationszentren derart weiterentwickelt werden können, dass sie Ausstrahlungseffekte auf das Umfeld und den gesamten Stadtteil haben. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Betriebe vor Ort mit ihren Bedürfnissen und Potenzialen von Beginn an in die Projektentwicklung einbezogen werden. Ein Beispiel hierfür ist das in Ottensen entstehende ökologische Gewerbezentrum Ö, dessen Projektentwicklung von der Zukunftswerkstatt e.V. begleitet wurde. Ebenso die Planungen der STEG Hamburg für die beiden von ihr entwickelten Gründerzentren in St. Pauli, die zu Kristallisationspunkten für die lokale Wirtschaft weiterentwickelt werden sollen.
Auch die Identifizierung, Förderung und Unterstützung innovativer Milieus auf Stadtteilebene schaffen Grundlagen für eine Weiterentwicklung der lokalen Wirtschaft mit zukunftsfähiger Perspektive. Kleine und mittlere Unternehmen haben ein großes Innovationspotenzial und entsprechende Flexibilität, um neue zukunftsfähige Wege zu gehen. Nur eine lokalorientierte Wirtschaftsförderung kann diese Potenziale identifizieren und die Unternehmen auf diesem Weg unterstützend begleiten. Dabei sollte sie Ideen und Initiativen der Unternehmen aufnehmen und gemeinsam mit diesen weiterentwickeln.

Lokale Wirtschaftsförderung braucht Anknüpfungspunkte vor Ort

Lokale oder kleinräumige Wirtschaftsförderung sollte sinnvollerweise in enger Kooperation mit der Arbeit der Wirtschaftsbeauftragten der Bezirke sowie der Quartiersentwickler und Quartiersmanager in den Gebieten der sozialen Stadtteilentwicklung angeboten werden. Hierdurch können Kompetenzen, Ressourcen und Zuständigkeiten auf der Stadtteilebene gebündelt werden. Ebenso können eine effektive Integration der verschiedenen Handlungsfelder der bezirklichen Wirtschaftsförderung und der sozialen Stadtteilentwicklung gewährleistet sowie das durch die Akteure vor Ort aufgebaute Vertrauen genutzt werden. Räumliche Anknüpfungspunkte in diesen Gebieten können beispielsweise existierende Gewerbehöfe oder Vor-Ort-Büros der Quartiersentwickler sein.

Vor allem strukturschwache Stadtteile brauchen lokale Wirtschaftsförderung

Die aktuellen Herausforderungen der lokalen Wirtschaftsförderung in Hamburg liegen vor allem in den Stadtteilen, die bislang von Strategien und Fördermitteln der Stadtteilentwicklung und der Wirtschaftsförderung eher vernachlässigt wurden. Dies sind sowohl nutzungsgemischte gründerzeitliche Quartiere als auch eher periphere strukturschwache Viertel. Neben den innerstädtischen Gebieten in St. Pauli und im Altonaer Kerngebiet sind dies zunehmend auch Gebiete in zentrumsnahen Randlagen, z.B. in Rothenburgsort und Hamm / Horn sowie an der Peripherie, z.B. in Lurup und Osdorf. Gerade in den letztgenannten Gebieten an der Peripherie müssen neue adäquate Strategien erarbeitet werden. Solche Strategien könnten beispielsweise Konzepte zur zunehmenden Vernetzung von Wohngebieten und angrenzenden Gewerbegebieten sein oder eine Flexibilisierung des Bau- und Planungsrechtes bezüglich der gewerblichen Nutzung von Wohnflächen bedeuten.

Lokale Wirtschaftsförderung braucht verlässliche Perspektiven

Rein projektbezogene und zeitlich nur befristete Strategien der lokalen Wirtschaftsförderung sind nicht sinnvoll, da die Angebote der Bestandspflege und -entwicklung zunächst lokal verankert werden müssen. Um bei der Zielgruppe der Unternehmen Vertrauen in die Angebote und Akteure der lokalen Wirtschaftsförderung aufzubauen, bedarf es längerfristiger Perspektiven und kontinuierlicher Arbeit mit den Unternehmen. Wenn zudem bauliche Maßnahmen realisiert werden sollen, muss schon aufgrund der hierfür erforderlichen Planungs- und Bauphasen eine längere Projektdauer eingeplant werden.
Die Erfahrungen der bisherigen Arbeit in Hamburg sowie auch auf der bundesdeutschen und europäischen Ebene, z.B. im Programm ’Quartier en crise’, zeigen deutlich, dass Projektlaufzeiten von weniger als fünf Jahren kaum geeignet sind, um nachhaltige Strukturen vor Ort zu schaffen.

Thesen zur lokalen Wirtschaftsförderung in Hamburg

Nur eine kleinräumige und lokal verankerte Wirtschaftsförderung zielt auf die Sicherung marktfähiger Unternehmen, ihren Erhalt im Stadtteil sowie die Schaffung von Arbeitsplätzen.

  • Nur eine lokal verankerte Wirtschaftsförderung ist imstande, auf die unterschiedlichen Strukturen und die spezifischen Handlungsanforderungen der verschiedenen Quartiere zu reagieren. Eine ausschließlich immobilien- und flächengestützte räumlich unspezifische gesamtstädtische Wirtschaftsförderung reicht hier nicht aus.
  • Neben der Förderung von innovativen Einzelprojekten bedarf es einer breiten Angebotspalette der kontinuierlichen kleinräumigen Bestandspflege und -entwicklung, z.B. niedrigsc