Schulen als Stadtteilzentren - Projektbeispiele der Gesamtschule Holsterhausen
Kontakt:
Katja Langer, Gesamtschule Essen-Holsterhausen; Böcklinstr. 27, 45147 Essen, Tel.: 01624841059, Email: quillar@gmx.de, Internet: http://www.gesamtschule-essen-holsterhausen.de
Visitenkarte der Gesamtschule Essen-Holsterhausen:
- AGENDA-Schule
- Standort Keplerstraße: Jahrgänge 5 – 7
- Standort Böcklinstraße: Jahrgänge 8 – 13
- 1035 Kinder und Jugendliche, 39 geistig-, körper – und/oder lernbehindert
- 78 Lehrerinnen und Lehrer (6 Sonderschullehrerinnen), Altersdurchschnitt 39,6 Jahre
- 5 Integrationshelfer
- 1 Sozialpädagogin
- 2 Sekretärinnen
- 3 Hausmeister
Selbstverständnis:
Wir verstehen unsere Schule als einen Lebens- und Erfahrungsraum in der Verantwortungsgemeinschaft von Kindern und Jugendlichen, ihren Eltern, den pädagogischen Professionellen und den Partnern unserer Schule.
Wir verstehen uns als Schule, die sich den Herausforderungen der AGENDA 21 in besonderer Weise verpflichtet weiß. Wir heißen darum "AGENDA-Schule".
Wir sind ein "Haus des Lernens", in dem alle willkommen sind, in dem alle Lernende sind.
Viele Kinder aus vielen Kulturen - mit Begabungen aller Art (auch lern-, körper-, geistig behinderte Kinder) - sollen sich in unserer Schule Zuhause fühlen.
- Lernen: Wissen zu erwerben
- Lernen: zusammen zu leben
- Lernen: zu handeln
sind die Fundamente, auf dem unser "Haus des Lernens" immer weiter aus- und fortlaufend auch umgebaut wird.
Maximen unserer AGENDA-Schule:
- Unser Grundverständnis: Jede zählt, jeder ist einzigartig!
- Wir wollen alles Leben achten und schützen und Gewalt zurückweisen.
- Probleme sehen wir als Herausforderung an. Fehler sind Chancen zum Lernen.
- Verschiedenheit schätzen wir als Bereicherung.
- Unsere Schule soll ein Ort der interkulturellen Begegnung, der interkulturellen Erfahrungen, des interkulturellen Lernens, des interkulturellen Verstehens, der interkulturellen Achtung sein.
- Wir gehen achtsam und nachhaltig mit Ressourcen um, vermeiden Müll, sparen Energie.
- Wir ermutigen zum demokratischen Miteinander. Eltern sind willkommene Partner in der Schule.
- Im Klassenrat regelt die Klasse ihre eigenen Angelegenheiten.
- Die wöchentliche Versammlung ist ein Ort des öffentlichen Diskurses vor der gesamten Schulgemeinde.
- Beim "Koseln" kooperieren Schüler, Eltern und Lehrer.
- Im "Forum Lernen" erfahren und reflektieren wir die Bedingungen gelingenden Lernens.
- Schülerinnen und Schüler übernehmen Verantwortung in der Schule und für die Schule in der Form von Schülerfirmen, in der Rolle als Streitschlichter, als Energie-Experten, als AGENDA Detektive, als Moderatoren der Versammlung, als technischer Dienst, alle im "Projekt: Verantwortung".
- Schülerinnen und Schüler übernehmen Verantwortung im Gemeinwesen: z. B. in von der Stadt zertifizierten AGENDA-Projekten.
- Der kleine große Mut im Alltag erfährt Stützung und Stärkung – "Civil-Courage: Ausgezeichnet!"
- Leistungen und besonderes Engagement erfahren Anerkennung und Würdigung. Wir loben bewusst und gerne. Mutkarten spornen an. In einer "Belohnungs-Kiste" schlummern Belohnungen. Am Ende von jedem Halbjahr sprechen wir viele Auszeichnungen aus. Auf einem Fest feiern wir, was an Verantwortung erbracht wurde. Auf einem anderen Fest würdigen wir gezeigte Civil-Courage. Arbeiten, in denen Anstrengungen zu erkennen sind, werden öffentlich präsentiert. Wir stellen vieles gerne aus.
- Expertinnen und Experten sind uns Partner beim Weiter-Lernen .
- Unsere Schule öffnet sich als ein kulturelles Zentrum im Gemeinwesen.
Projekt: VERANTWORTUNG
Es gibt wichtige Herausforderungen in der Welt, für die Verantwortung gebraucht wird. Wir alle müssen Verantwortung übernehmen: für uns selbst, für unsere Mitmenschen, für unsere Nachbarschaft, für unseren Planeten. Deshalb haben wir einen Grundsatzbeschluss:
Verantwortung für Kinder - Verantwortung für die Erde
Deshalb nennen wir uns auch AGENDA-Schule in Anlehnung an die AGENDA 21, das Abschlussdokument der Weltkonferenz für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro, in der es um Verantwortung geht: die Gerechtigkeit zwischen der heutigen und zukünftigen Generationen und die Gerechtigkeit zwischen den Regionen – Nord und Süd - auf dem Globus. AGENDA 21 - Was zu tun ist im 21. Jahrhundert. Der Auftrag von Schule im 21. Jahrhundert wird durch zwei Herausforderungen bezeichnet: Verständigung und Verantwortung. Das Zusammen leben lernen, denn: Vom Zusammenleben wird das Überleben abhängen. Nun ist Schule der Ort, an dem alle Kinder und Jugendlichen viel Lebenszeit verbringen. Unsere Gesellschaft hat keinen anderen öffentlichen Ort, der alle Menschen in vergleichbarer Intensität in Anspruch nimmt. Die Schule ist von daher der ideale Ort, das Zusammenleben zu lernen. Dazu ist es notwendig, Schule und Gemeinwesen zusammenzubringen und Lernen mit Blick auf lokale und regionale Entwicklungen zu gestalten.
- Wir streben eine intensive Zusammenarbeit mit den Familien, den Nachbarschaften, dem Stadtteil, der Stadt und dem Gemeinwesen an.
- Wir verstehen uns als Nachbarschaftsschule und soziokulturelles Begegnungszentrum.
- Wir arbeiten als Schule mit über 80 Partnern im Gemeinwesen zusammen und an lokalen Projekten und Herausforderungen mit.
- Die Schüler/innen übernehmen Verantwortung in der Schule und außerhalb der Schule: Wir gestalten die Schule als ökologischen Lernort, sparen Energie und Wasser, vermeiden und trennen Müll; im Schulgarten, den wir gerade anlegen, lernen die Kinder die Prinzipien des ökologischen Landbaus. Schülerinnen und Schüler übernehmen in vielen Feldern Verantwortung, von kleinen zu größeren Aufgaben, als Pflicht und aus Interesse, in der Schule und im Gemeinwesen
Nach vielen Diskussionen mit den Jugendlichen, den Eltern, im Team, im Strandkorb in der Aula, mit Partnern im Gemeinwesen beschloss die Schulkonferenz am 01. 09. 1999 einstimmig:
Jede Schülerin und jeder Schüler übernimmt im Jahrgang 7/8 für ein Jahr eine verantwortungsvolle Aufgabe im Gemeinwesen.
Kinder und Jugendliche wollen Verantwortung übernehmen, wenn sie nicht davon abgehalten werden. Die zeitgemäße Schule unterstützt die Schülerinnen und Schüler in der Übernahme von Verantwortung. Im Projekt: VERANTWORTUNG erhalten die Jugendlichen zwei Stunden Schul-Zeit geschenkt als individuelle Lernzeit. Dadurch werden neue Lern- und Handlungsfelder für zivilgesellschaftliches Engagement eröffnet. Die Schüler/innen übernehmen Aufgaben außerhalb der Schule, lernen Verantwortung zu tragen und das Gemeinwesen mitzugestalten. Das Projekt: VERANTWORTUNG ist im Kerncurriculum verankert. Das Lernfach VERANTWORTUNG steht an einem Tag in der Woche fest im Stundenplan und ist anspruchsvolle Lernzeit. Entscheidend ist dabei, dass es sich hierbei im Grundverständnis nicht um ein rein caritatives Engagement handelt, sondern um verantwortliches reflektiertes kommunales Handeln, das Sinn-volle Projekte für die Gemeinschaft mit einem systematischen Lernprozess verbindet und den Schülerinnen und Schülern sowohl die Möglichkeit bietet, Kompetenzen einzubringen und Kompetenzen zu entwickeln als auch an der Gestaltung ihres Gemeinwesen mitzuwirken.
Erfahrungen:
Das Projekt: VERANTWORTUNG ist seit dem Schuljahr 1999/2000 im Jahrgang 7/8 Pflicht für alle, so dass alle Klassenlehrer/innen im Laufe der Zeit eingebunden sind. Dadurch hat sich eine von einer breiten Basis getragene Integration außerschulischer Partner in den Schulalltag entwickelt. Diese intensive und langfristige Kooperation sichert ein Lern- und Erfahrungsfeld nicht nur für die Schülerinnen und Schüler, sondern auch für die Lehrerinnen und Lehrer, die zum einen Einblick in die Vielfalt der Einrichtungen im kommunalen Umfeld bekommen, zum anderen in einer anderen Lehrerrolle zu teilnehmenden Beobachtern, Begleitern und gemeinsam mit unseren Partnern zu Förderern von Lernprozessen im wirklichen Leben werden.
Die Erfahrungen zeigen, dass im Projekt: VERANTWORTUNG Kompetenzen wie Fantasie, Kreativität, Planungs- und Organisationskompetenz, Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit, Selbst-Bewusstsein, Mut, Durchhaltevermögen, Verständigungsbereitschaft, die Sensibilisierung der Wahrnehmung von sich selbst und anderen, Verantwortungs-Gefühl gefordert, gefördert und gestärkt werden.
Lehrerinnen und Lehrer werden im Projekt: VERANTWORTUNG – oft auch im Austausch mit den Partnern - sensibilisiert für den Blick auf und die Wahrnehmung für die individuellen Fortschritte, Kompetenzen und Leistungen der Jugendlichen – oft sind das Fähigkeiten, die im schulischen Kontext kaum zur Geltung kommen. Häufig erleben Lehrerinnen und Lehrer ihre Schülerinnen und Schüler im Projekt: VERANTWORTUNG auch "so ganz anders". Es kommt vor, dass Schüler, die in der Schule eher unzuverlässig und lustlos sind, im Projekt: VERANTWORTUNG verlässlich, pünktlich, begeistert und engagiert sind. In der Schule oder der Peergroup eher aggressive Schüler entpuppen sich als zärtliche liebevolle Begleiter von Kindern im Kindergarten, die darüber hinaus in eigenständigen kleinen Projekten ihre Organisationskompetenz unter Beweis stellen. Es gäbe viele Beispiele zu erzählen. Wenn Lehrerinnen und Lehrer dies differenziert und achtsam wahrnehmen, anerkennen und in den Zertifikaten oder öffentlich beim Verantwortungsfest würdigen, kann das ein wirksames Gegengewicht darstellen zu strukturell bedingten Ohnmachtserfahrungen, die Jugendliche im schulischen Kontext häufig erleben.
Die Jugendlichen erleben neben der Lust an Eigenverantwortlichkeit vor allem diese Anerkennung und das in sie gesetzte Vertrauen durchgängig als prägende Erfahrung, die sie freut und aufbaut: "Da bin ich wichtig, da wartet jemand auf mich, die freuen sich, wenn ich komme, da mach ich was Wichtiges, die sind stolz auf mich, ich habe Wichtiges für mein Leben gelernt, da spüre ich wie das ist Verantwortung zu haben, da muss ich auch mal was selber entscheiden, da traut man mit Schwieriges zu ..."
Lernen im Projekt: VERANTWORTUNG heißt, sich selbst und die Welt immer wieder neu zu erleben, sich einzusetzen, sich auszusetzen und sich auseinander zu setzen in der persönlichen Begegnung mit Menschen, in der Begegnung mit sich selbst, dem sich Einlassen auf das Fremde, das Lebendige, die unbekannte vielseitige Welt, im empfänglich Werden für Überraschungen, in der Bereitschaft für das Risiko und in der Freude an der Entdeckung dessen, was Menschen – bei aller Unterschiedlichkeit - verbindet. Sinnlichkeit und Sinn haben nicht nur gemeinsame sprachliche Wurzeln, sondern sind auch im Erleben verwandt. Sinnliche Weltzuwendung, sinnliches Lernen fördert Spür-Sinn, gewahr-werden, Achtsamkeit - wichtige Kompetenzen für die zentralen gesellschaftlichen Fragen ökologischer und multikultureller Art.
Verantwortungsprojekte - eine Auswahl:
- im Kindergarten, Flüchtlingsheim, Altersheim, Jugendheim, Sportverein, in Behinderten-Einrichtungen, bei der Diakonie mitarbeiten
- alte Menschen betreuen, behinderte Menschen betreuen
- im Tierheim, auf der Jugendfarm, dem Pferdehof, der Naturschutzjugend mitarbeiten
- Spielplatzpate sein
- Kindern in Grundschulen oder Kitas vorlesen
- kranke Kinder besuchen und etwas Schönes mit ihnen oder für sie machen, z. B. auf der Krebsstation im Klinikum Essen
- als ausgebildeter Konfliktlotse (KLIB) in Bus und Bahn bei Konflikten eingreifen
- Städtische Grünflächen betreuen
- Medikamenten- Fahrradkurier für ältere Menschen sein
- in der Stadt- oder Kirchenbibliothek mitarbeiten
- Beetpate sein oder die Beetgeräteausleihe organisieren
- Nistkästen betreuen
- einem Kind Partner sein, bei den Hausaufgaben helfen
- in Grundschulen bei der Ganztagsbetreuung helfen
- als Fußballtrainer oder Schwimmtrainer eine Gruppe für Jüngere im Verein anleiten
- ein offenes Angebot für die Jüngeren in der Mittagspause leiten
- Eine Breakdancegruppe aufbauen und öffentlich auftreten
- Streit-Schlichterin oder Streit-Schlichter sein
- Fair-fighter-coolness Trainer in der Grundschule sein
- Anti-Mobbing Expertin und Experte werden
- im "Schule-ohne-Rassismus-Projekt" mitarbeiten
- Materialbetreuer/in im Freizeitraum sein
- die Ausbildung zum Schulsanitäter machen
- für den technischen Bühnendienst verantwortlich sein
- Materialbetreuer in der Sporthalle sein
- bei einem Designer lernen und den Klassenraum gestalten
- im Blumenladen lernen und die Mensa dekorieren
O-Töne von Jugendlichen aus Briefen:
- Selbsthilfe unter Schülern – war meine Idee zum Projekt VERANTWORTUNG. Ich habe eine Schülerhilfe gegründet, da ich bemerkt habe, dass viele Schüler/innen Tipps bei den Englischaufgaben benötigen. ... Ich musste lernen, mich in die Kinder hineinzuversetzen, auf sie einzugehen und mir ihnen zu diskutieren, wenn es Probleme bei der Organisation gab. ....
- Die Mühen haben sich gelohnt, für die Kinder und auch für mich. Die Kinder haben sich entwickelt und ihre Leistungen verbessert. Ich habe gelernt, besser zuzuhören und zu erklären und Organisationsfähigkeit entwickelt. Leonard 2005
- Senioren Residenz: ..... Es weiß ja nicht jeder, was "demenzerkrankt" bedeutet. Hier einmal eine Kurzbeschreibung aus einem Pflegebuch über demenzerkrankte Menschen: ‚Der Umgang mit Menschen, die an einer Hirnleistungserkrankung wie z. B. Alzheimer oder einer Multi-Infarkt-Demenz leiden, gehört zu den schwierigsten und anspruchsvollsten Arbeiten im Bereich der Altenpflege’. .. Ich war begeistert, wie die Pflegekräfte mit den alten Menschen umgehen und über die Atmosphäre und ich freue mich, dass ich seit einem halben Jahr ein Teil davon sein darf....
- Ich würde gerne das Verantwortungsprojekt weiter machen, weil ich es schön finde, etwas mit Menschen zusammen zu machen und mir wurde durch das Projekt gezeigt, dass meine Arbeit etwas wert ist. Yasmin, 2005
- Co-Trainerin beim Judo: ... Als erstes musste ich die Prüfung für den grünen Gurt ablegen. Außerdem musste ich lernen, auf die Bedürfnisse der Kinde einzugehen, um z. B. kleine Streitigkeiten zu schlichten.
- ... Ich gehe gern zu meinem Verantwortungsprojekt, weil ich Spaß am Sport habe und weil ich es mag, mit Kindern zusammen zu arbeiten. Ohne das Projekt VERANTWORTUNG hätte ich mich wohl nicht getraut, Co-Trainerin zu werden. Deshalb bin ich froh, dass es das Verantwortungsprojekt gibt. Sina, 2004
- Handballtrainer:.. habe ich gelernt, dass es Spaß macht, mit Kindern, die jünger sind, zu trainieren... wenn ich ein Trainingsspiel geleitet habe, habe ich gelernt, alle Spieler gleich zu behandeln, da ich für beide Mannschaften gerecht pfeifen musste. Überrascht hat mich, dass es so viele Kinder gibt, die Spaß am Handball haben und sich freuen, dass ich mit ihnen trainiere. Das Projekt finde ich sehr überzeugend, weil ich es für wichtig halte, dass Jugendliche sich im sozialen Bereich beschäftigen und dass sie auch Verantwortung für andere übernehmen... Ich fände es gut, wenn dieses Projekt an mehr Schulen in Deutschland in Angriff genommen würde. Deswegen setze ich mich dafür ein, dass man Informationsveranstaltungen an anderen Schulen durchführen könnte. Andreas 2005
- Altenheim: ... Am Anfang wollte ich es einfach nur hinter mich bringen, aber dann hat es angefangen, mir Spaß zu machen. Am Ende konnte ich es kaum erwarten, wieder hinzugehen. .... Meine Einstellung hat sich gegenüber alten Menschen durch die regelmäßige Arbeit dort verändert, denn früher habe ich mich über alte Leute beschwert, die z. B. langsam in den Bus einstiegen oder langsam eine Treppe hinuntergingen und ich sie nicht überholen konnte. Jetzt weiß ich, dass die alten Menschen dafür nichts können und statt zu meckern, biete ich ihnen gerne meine Hilfe an. Heute habe ich Hochachtung gegenüber alten Menschen. Sebastian 2005
- Platzwart: Einmal in der Woche habe ich den Fußballplatz in Holsterhausen in Schuss gehalten. Zu meinen Aufgaben gehören: Fegen, Müll entfernen, Laub mit einer Maschine weg blasen und Löcher bohren. Sandladungen mussten auch entfernt werden. Dass aller Schwierigste war: bei extrem niedrigen Temperaturen eine 5 m lange Dornenhecke zu schneiden. Ich habe es geschafft. Es war eine sehr schöne Zeit. K. (Kind mit besonderem Förderbedarf)
- Babysitten: ... Mit manchen Sachen habe ich nicht gerechnet, z. B. dass Kinder immer ihren Willen haben wollen und wenn sie ihn nicht bekommen, losweinen und einen riesigen Aufstand machen. Doch auch damit bin ich klargekommen. Als Babysitterin muss ich respektieren, dass Kinder andere Interessen haben als ich. Ich habe erfahren: Kleine Kinder auch schon einen eigenen Willen. Damit meine ich, dass ich viele Kompromisse eingehen musste, um das zu respektieren und trotzdem nicht immer nachzugeben. ... Nadine 2005
- Geräteausgabeteam für Beetpaten: ... Ich habe festgestellt, dass ich in dem vergangenen Monat viel gelernt habe. Unter anderem kann ich jetzt besser gemeinsame Entscheidungen erarbeiten, auf Kompromisse eingehen, zuhören und akzeptieren, dass einer meiner Vorschläge nicht in Erwägung gezogen wird. .... Interessieren würde mich auch eine theoretische Information über die Schulhofbebauung und die Pflanzen und Geräte, die wir in unserer Gruppe betreuen. Charlotte 2005
Welt-Sichten - Kulturen im Dialog
Schule, Gemeinwesen und Künstler arbeiten zusammen
Ausgangssituation
Essen ist eine multikulturelle Stadt mit einem hohen Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund. Wenn Menschen unterschiedlicher nationaler und kultureller Herkunft einen gemeinsamen Lebens- und Sozialraum teilen, sind Konflikte, die aufgrund unterschiedlicher Normen, Wertvorstellungen und Lebensgewohnheiten entstehen, unvermeidlich. Mangelnde Akzeptanz für kulturelle Zusammenhänge und wenig Verständigung untereinander prägen in vielen Stadtteilen das Bild der Stadt Essen. Daraus folgt eine Ausgrenzung und zumeist freiwillige Abgrenzung der Migranten. In der Gesamtschule Holsterhausen leben und lernen ca. 12% Kinder mit Migrationshintergrund aus 33 Nationen.
Gegen reale Ausgrenzung und Ressentiments "Anderen" gegenüber aber hilft weder die Beschwörung multikultureller Harmonie noch hilft es, wenn sich Gruppen abschotten. Grundvoraussetzung für Toleranz und sozialen Frieden in Deutschland ist vielmehr die alltägliche politische, kulturelle und soziale Akzeptanz und Chancengleichheit aller hier Lebenden. Die Integration von Migranten stellt daher eine besondere Herausforderung dar. Die Begegnung mit dem Fremden fordert uns einiges ab. Über den Kopf lässt sich interkulturelles Verständnis kaum befördern. Die traditionellen Formen und Inhalte des Lernens werden der neuen Komplexität und Dynamik gesellschaftlicher Verhältnisse in einer zusammenwachsenden Welt nur selten gerecht. Im 21. Jahrhundert ist ein weitreichender Umbau der Lernkonzepte vonnöten, eine Bildungswende hin zu innovativen Formen eines zukunftsfähigen und weltoffenen Lernens, das die visionäre Kreativität der nachwachsenden Generation erhält und fördert. Wenn mir das Fremde zum Freund werden soll; wenn ich aus der Ent-Fremdung in die Be-Freundung hineinkommen will, dann muss ich in andere Kulturen eintauchen. Literatur, Filme, Internet können dabei hilfreich sein. Doch: die Real-Begegnung mit den Menschen, ihren kulturellen Besonderheiten, die Begegnung mit Künstlern, in der Musik, dem Theater, mit Düften, religiösen Ritualen - sie sind für das Verstehen und die Verständigung, für das Be-Greifen unersetzbar. Das Be-Greifen ist die zivilisatorische Alternative zum An-Greifen.
Dieses "Be-Greifen wollen wir in kreativen Lernprozessen in Zusammenarbeit mit Künstlern fördern und damit auch Jugendliche für Kultur interessieren und ein Gegengewicht setzen gegen die Massenmedien, die häufig zu Passivität und einer rezeptiven Konsumhaltung bei Kindern und Jugendlichen führen.
Zielsetzungen
Wir wollen die Schule gestalten als Ort der interkulturellen Begegnung, der interkulturellen Erfahrungen, des interkulturellen Lernens, des interkulturellen Verstehens, der interkulturellen Achtung. Eine Vielfalt der Kulturen gibt es nicht nur zwischen Völkern. Vielfalt innerhalb einer Kultur ist ein Maß für deren Lebendigkeit. Deshalb gilt es, auch die Vielfalt in der eigenen Kultur zu entdecken, zu achten und ihre Ursachen zu verstehen. Wer dieser Vielfalt nachgeht, wird differenzierter denken und sich vor vereinfachenden Klischees schützen. Zur Belebung der kulturellen Vielfalt in der eigenen Kultur beizutragen ist das Gegenteil einer Fixierung auf beschränkte und beschränkende Rollen.
Das Projekt "Welt-Sichten - Kulturen im Dialog" soll die Zusammenarbeit von Schule, Gemeinwesen und Künstlern systematisch und im Kerncurriculum verankert ausbauen und weiterentwickeln. In modellhafter Weise sollen Allianzen zwischen dem Kultur,- Bildungs- und Jugendbereich aus- und aufgebaut werden und in selbst tragende Prozesse einmünden. Die vorhandenen Ansätze einer interkulturellen Kulturarbeit in Stadtteilen, Kultureinrichtungen, Vereinen und Initiativen sollen dabei aufgegriffen, gefördert und vernetzt werden. Die kulturellen Chancen, die durch Migration entstehen, sollen ausdrücklich produktiv eingebracht werden.
Die Gesamtschule Holsterhausen hat in der Zusammenarbeit mit Künstlern sehr gute Erfahrungen gesammelt im Bereich Fotografie, neue Medien, Schreibwerkstätten. Wir arbeiten seit Jahren mit dem Verein Exile Kulturkoordination e. V. zusammen in den Bereichen Weltmusik, Theater, Ausstellungen, Lesungen, Begegnung mit Zeitzeugen. Viele "Menschen mit Botschaften" waren als Künstler oder Gesprächspartner in Projekten bei uns. Die Jugendlichen sind motiviert, ihr kreatives Potenzial einzubringen.
Ziele:
- Systematische Vernetzung der schulischen Bildungsarbeit mit dem kulturell-musischen Potenzial der Stadt Essen
- Förderung der Teilhabe aller Kinder und Jugendliche an gesellschaftlichen Prozessen durch Kunst und Kultur
- Einbeziehung der kulturell und kulturethisch unterschiedlichen Lebenserfahrungen und –hintergründe
- Stärkung einer demokratischen Kultur wechselseitigen Respekts in der multiethnischen Gesellschaft durch künstlerische Zugänge und Ausdrucksformen
- Förderung internationaler Gesinnung, der kulturellen Vielfalt und des Völkerverständigungsgedankens
- Stärkung der Eigentätigkeit, der ästhetischen Ausdrucks- und Darstellungsfähigkeit, des Selbst-Wert-Gefühls
Partizipation und zivilgesellschaftliches Engagement in Schule und im Gemeinwesen
Wandfries in der Schule – Jede zählt, jeder ist einzigartig. Im Jahr 2000 wurden alle Schüler/innen der Schule von der Künstlerin Katja Langer fotografiert und in einem 100 Meter langen Fries in der Schule installiert. Mit den entstandenen Portraits wurden zahlreiche weitere nach außen wirkende Projekte gestaltet, u.a. die Ausstellung "Zivilcourage – Gesicht zeigen Gegen Gewalt" und das im Jahr 2005 erschienene Buch: "Gesichter von Kulturen".
Stadtteilschreibwettbewerb Straßenzeile:
Am Faden einer Geschichte lernt die Fantasie fliegen …
unter diesem Motto stehen alltägliche Beobachtungen und Erlebnisse von Kindern und Jugendlichen im Stadtteil und besonders Begegnungen zwischen Menschen verschiedener Kulturen, die, bringt man sie einfach zu Papier, Leserinnen und Lesern zu Ein- und fantastischen Ausblicken verhelfen können.
Im Frühjahr 2005 haben die Gesamtschule Holsterhausen, der Verein zur Förderung der Kinder- und Jugendliteratur und das Team III / Jugendamt Essen den Stadtteil–Schreibwettbewerb Straßenzeile in Essen-Holsterhausen ins Leben gerufen.
Die Auftaktveranstaltung zu diesem Wettbewerb wurde von der Essener Schriftstellerin Gesine Schulz, Autorin unter anderem des beliebten Jugendbuches Eine Tüte grüner Wind, mit Expertinnentipps zum Schreiben von Geschichten und Gedichten bereichert.
Eine Schreibwerkstatt mit der Autorin Dr. Sabine Walther sowie zahlreiche Ratschläge von LehrerInnen der beteiligten Schulen im Deutschunterricht verhalfen vielen der eingereichten Geschichten zu zusätzlichem Pfiff.
Es wurden viele, spannende und anrührende Texte und Geschichten eingereicht, von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, so dass die Jury keinen leichten Job hatte!
Flüchtlingsgespräche:
Begegnung im Klassenraum - Flüchtlinge als Zeitzeugen – ein Projekt in allen Jahrgangsstufen 8 in Zusammenarbeit mit ProAsyl/Flüchtlingsrat Essen
Text von Uwe Pfromm, Mitarbeiter bei ProAsyl und Begleiter des Projektes
Die Entwicklung interkultureller Kompetenz als Erweiterung der eigenen Wahrnehmungsfähigkeit für Fremdes sowie als Fähigkeit, das Andere als solches zu akzeptieren, wird von der UNESCO als Kern einer Erziehung zum Frieden und zur Demokratie angesehen. Eine zentrale Voraussetzung für interkulturelles Lernen ist die Begegnung mit anderen Kulturen. Klassischerweise fanden solche Begegnungen im Ausland als "Schüleraustausch" oder im Rahmen eines Auslandsemesters während des Studiums statt. Die Begegnung verschiedener Kulturen gehören in Schulen des Ruhrgebiets zum Alltag, denn zahlreiche Schülerinnen und Schüler stammen selbst aus Migrationszusammenhängen. Einige von Ihnen kamen als Asylbewerberinnen und Asylbewerber nach Deutschland oder sind als Kinder von AsylbewerberInnen hier geboren.
Flüchtlinge leben in Deutschland. Es sind konkrete Menschen, Nachbarn, SchulkameradInnen. Ihre Lebensgeschichten erzählen von Ländern, wo ein menschenwürdiges Leben nicht möglich war, nicht möglich ist, vom Engagement in Demokratiebewegungen, von einem Leben in Deutschland, dem Land, in dem sie Zuflucht gefunden haben, oder auch dem Land, wo sie in Angst vor Abschiebung leben. Die MitarbeiterInnen von ProAsyl/Flüchtlingsrat Essen begegnen in ihrer Beratungs- und Betreuungsarbeit tagtäglich Menschen, die nach Deutschland geflohen sind und von der Lebenswirklichkeit in ihren Herkunftsländern sowie dem Leben in Deutschland berichten.
Die Unterrichtsbesuche haben zum Ziel, Schülerinen und Schüler für die Themen Flucht und Asyl zu sensibilisieren und zugleich Flüchtlingen ein Forum zu eröffnen, in dem Sie sich aktiv am gesellschaftlichen Leben beteiligen können.
Wir danken den Kolleginnen und Kollegen der Gesamtschule Holsterhausen für die Bereitschaft, für Ihre Einladungen zu Unterrichtsbesuchen und der intensiven Vor- und Nachbereitung des komplexen Themenfeldes. Wir hoffen, dass sich durch diese Broschüre weitere LehrerInnen und Lehrer angesprochen fühlen, das Thema Flucht und Asyl in ihren Unterricht einzubeziehen.