Fest, Kultur und Stadtentwicklung
Kontakt:
Feste&Architektur, Katrin Schuh, Oberstrasse 12a, 30167 Hannover, Tel.: 0511 600 954 34, Email: schuh@festeundarchitektur.de, Internet: www.festeundarchitektur.de Der Text fasst die Gedankengänge mehrerer Vorträge zusammen, die die Autorin im Jahr 2003 an der Bundesakademie für kulturelle Bildung in Wolfenbüttel, an der Universität Hannover und beim werkbund nord gehalten hat. |
Inhalt
- Feste und Architektur: Zum Stand der Forschung und Theoriebildung
- Zu einer Kultur der Feste: Projekte zwischen Fest, Kultur und Stadtentwicklung
- Fest, Kultur und Stadtentwicklung: Gedanken zu einem Modellprojekt
- Fußnoten
- Literatur
- Links
Feste und Architektur: Zum Stand der Forschung und Theoriebildung
In Zeiten überschuldeter Staatskassen und fundamentaler Einschnitte in nahezu allen Bereichen gesellschaftlichen Lebens scheint es verwegen, neue Themen und Projektideen in die Welt zu setzen. Manch ein bewährtes Projekt im Kulturbetrieb ist notgedrungen schon auf die Streichliste geraten. Die Baubranche pfeift schon lange aus dem letzten Loch. Bislang anerkannte Standards sind nicht zu halten. Ein Verweis auf Kultur ist in diesem Zusammenhang ein hoher Anspruch. Er birgt jedoch die Chance aus der Not eine Tugend werden zu lassen, wenn wir uns auf das Wesen und wesentliche Einstellungen von Kultur nämlich besinnen. Feste und Architektur sind Schlüsselkategorien von Kultur, deren kultureller Sinn eine Betrachtung wert ist. Aktuelle Forschungen in diesem Spannungsfeld liefern ein tragfähiges, theoretisches Fundament 1). Erste praktische Projekte, die auf dieser Grundlage entstanden, machen anschaulich, welche Reichweite der Inhalt hat und welche Möglichkeiten sich eröffnen. Sie legen gerade in der Krise nahe, wohin sich Kulturarbeit sowie Architektur und Planung heute sinnvoll orientieren kann.
Zur kulturellen Einheit der Stadt gehören seit jeher die Bauten und das Leben der Menschen. Feste und Feiern sind dabei das kulturelle Mittel gesellschaftliche Ordnung und Wertvorstellungen in kollektiven Situationen zum Ausdruck zu bringen. Architektur gibt dem Handeln dabei Raum und dient mit ihrer ästhetischen Erscheinung ebenso der Vermittlung gesellschaftlicher Leitmotive und Ideen. Feste und Architektur sind dabei unterschiedliche Erscheinungen gemeinsamer kultureller Verhältnisse, deren Zusammenwirken für die Entwicklung der Stadt als kulturelle Einheit auch in Zeiten von Schrumpfung 2) von Bedeutung ist.
Von derart konstruierten Verhältnissen sind wir heute jedoch weit entfernt. Das betrifft Feste ebenso wie die Architektur der Stadt. Feste heute werden in den Gesellschaftswissenschaften schon längst als Degenerationserscheinungen des Festlichen bezeichnet 3). Die Eventorientierung gesellschaftlichen Lebens, Großveranstaltungen als Stadtmarketing, Festtourismus und beliebiges kollektives Über-die-Stränge-schlagen laufen originären Intentionen einer Festkultur entgegen. Nachbarschafts-, Straßen- und Stadtteilfeste kommen zumeist über bloßes geselliges Beisammensein nicht hinaus. Der kulturellen Orientierung dient all das nicht. Eine ähnliche Problemlage finden wir in der Architektur. Die Ästhetisierung der Lebenswelt und die Verwendung besonders künstlerischer Mittel – ohne Unterschied – läuft kultureller Orientierung ebenso entgegen 4).
Kultur ist wohl eine Form des Reichtums. Sie steht für etwas jenseits des zum Überleben Notwendigen. Mit materiellen Werten hat das aber zunächst nichts zu tun, wie die Betrachtung einfacherer oder so genannter primitiver Kulturen zeigt. Dass es nämlich in Sachen der Kultur "keine ›einfacheren‹ Völker gibt, sondern höchstens Völker, die eine einfacherer Technologie haben als wir" 5) hat Victor Turner einschlägig dargelegt. Tatsächlich können wir in fremden Kulturen teilweise finden, was uns bei allem Fortschritt verloren gegangen ist: Gemeinschaftssinn und damit verbundene Identität. Auf genau diese Qualitäten gesellschaftlichen Lebens werden wir aber in Zeiten der Not oder Krise wieder angewiesen sein.
"Was heißt eigentlich Kultur - und wozu ist sie gut?" 6)
Kultur ist kein normatives Muster oder Formenkanon, kein feststehendes von Anfechtungen befreites Regelwerk, das in den Formen des Zusammenlebens einer Gesellschaft, den Sitten und Gebräuchen, der Sprache und den Symbolen, den Kulturgegenständen bis hin zur Architektur zu finden ist. Kultur ist nicht vom allgemeinen sozialen Leben abgehobener schöngeistiger Überbau, l’art pour l’art, das hohe Kultur gegenüber Formen etwa des Bodenständigen bis hin zum so genannten Primitiven favorisiert. Kultur ist ein System der Vermittlung von Werten und Sinnvorstellungen, ein Symbolsystem, das kulturelle Orientierungen zum Ausdruck bringt. Leitmotive wie Gott oder Vernunft, Wahrheit oder Schönheit, Humanität oder Menschenrechte, Fortschritt oder Funktion, Emanzipation oder Demokratie, Nachhaltigkeit oder Ökologie sind dabei durchaus umstritten. Kultur kennt Alternativen. Im Zweifel sind es Leitmotive auf Zeit.
Die Wandlungsfähigkeit von Kultur erklärt sich aus dem handlungspraktischen Zusammenhang, der sie hervorbringt. Menschliches Handeln hebt sich durch die Vorstellung eines geordneten Kosmos, in dem es als aktive Stellungnahme zur Welt von Bedeutung ist, als Kultur aus anderen Vorgängen der Natur heraus. Es ist ein Prozess der "Sinndeutung, Sinnfindung und aktualen Sinnbestimmung" 7), der durch Individualität und Variabilität gekennzeichnet ist und sich einer vereinheitlichenden Betrachtung zu verweigern scheint 8). Die flüchtigen Einstellungen solchen Handelns manifestieren sich in Kulturgegenständen, die entsprechend uneinheitliche und widersprüchliche Vorstellungen zum Ausdruck bringen können. Die Logik, der Kultur folgt, ist die Logik der Veränderung 9). So ist kultureller Sinn nie geklärt, ist Kultur nicht allein Wertesystem, sondern durch Wertewandel geprägt. Eine Bevorzugung der so genannten Hochkultur ist Ideologie und in sich bereits erstarrt. Kultur bleibt durch ungeregeltes, "aktual-bewegtes" 10) Handeln auf allen Ebenen immer im Fluss. Kultur unterscheidet aber produktive und rituelle Momente. Feste und Feiern sind dabei Schlüsselkategorien von Kultur, die der Verständigung über Gemeinsamkeiten und damit dem Zusammenhalt von Gesellschaft dienen. Wichtige Leitmotive können dabei in der Architektur der Stadt zum Ausdruck gebracht werden.
Alltagsarchitektur, Festarchitektur: Was bedeuten Fest, Feier und Alltag für die Baukunst?
Die Unterscheidung von Fest, Feier und Alltag als Grundeinstellungen von Kultur entspricht sicher nicht überall der Wirklichkeit, wie wir sie wahrnehmen. Dies korrespondiert zum einen mit der Kritik, die wir an den realen Verhältnissen heute üben. Zudem greifen die Phänomene grundsätzlich ineinander oder überlagern sich. Fest, Feier und Alltag sind insofern idealtypische Einstellungen, die in Reinform nicht ohne weiteres zu finden sind. Die Differenzierung von praktischen und rituellen Momenten aber, wie sie in den Gesellschaftswissenschaften herausgearbeitet worden ist, liefert neben strukturellen Erkenntnissen eben auch theoretische Grundlagen für die Praxis. Unterschiedlichen Akteuren kann sie nützliche Orientierungen liefern. In den Gesellschaftswissenschaften wird unter den genannten Begriffen vor Allem das Handeln der Menschen verstanden. Tatsächlich wirken aber Handlungen und Objekte in solchen Situationen zusammen. Sie folgen gemeinsamen Intentionen. Insofern lassen sich Kriterien über Aufgaben und Machart von Alltagsarchitektur und Festarchitektur ableiten, die für das Bauen und die Planung von Bedeutung sind. 11)
Der Alltag dient der Sicherung der Existenz. Es geht darum die Zukunft planbar zu gestalten. Alltagshandeln ist praktisches Handeln, das durch Wirtschaftlichkeit und Zweckrationalität geprägt ist. Es folgt gewohnten Handlungsmustern und Routinen, die eingelebt sind und keine Grundsatzfragen an das Dasein stellen. Man kann sich eben nicht jeden Morgen fragen, ob man aufsteht, welche Arbeit man macht und mit wem man sein Leben teilt. Architekturen für den Alltag – Alltagsarchitekturen - zum Wohnen oder Arbeiten, für die Produktion oder den Verkehr etc., sind deshalb vor Allem gebrauchsorientiert. Sie dienen praktischen Zwecken, folgen ökonomischen Gesichtspunkten und anerkannten Standards. Sie sind um es mit Vitruv zu sagen dauerhaft, zweckmäßig und schön 12). Ihre Gestalt entwickelt demnach eine angemessene Alltagsästhetik, die dem Umgangssprachlichen zugeordnet werden kann. Künstlerische Steigerung steht hier nicht im Vordergrund. Der Anspruch, aus dem Alltag ein Fest zu machen und aus jedem Bürogebäude einen Tempel ist verfehlt.
Es gibt unterschiedliche Gründe, den Alltag - so wie er ist – nicht zu wollen 13). Der Alltag hat Lastcharakter, gesellschaftliche Ordnungen sind ungerecht und gesellschaftliche Leitmotive sind wie gesagt umstritten 14). Sie begründen vielfältige Situationen jenseits des Alltages, in denen jeweils unterschiedliche Intentionen zum Tragen kommen. Feste und Feiern haben hier eine besondere Funktion.
Feste und Feiern sind Situationen, in denen der gesellschaftliche Sinn des Alltages in kollektiven Handlungen thematisiert wird. Feste und Feiern sind dabei unterschiedliche Formen dies zu tun. "Das Fest hilft, den Alltag zu bewältigen, indem es ihn aufhebt. Die Feier hilft, den Alltag zu bewältigen, indem sie ihn bewusst macht, d.h. ihn als sinnvolles Geschehen ins Bewusstsein hebt." 15) Bei Feiern wird mit besonders künstlerischen Mitteln dargestellt, was ist. Es ist die Vergegenwärtigung des tieferen Sinn, der dem Alltag zugrunde liegt und sich zumeist in besonderen historischen Situationen herauskristallisiert hat. Gedenktage, Ehrungen, Amtseinsetzungen etc. sind demnach Anlässe zu Feiern. Ideen und Grundlagen des politischen, wirtschaftlichen und religiösen Lebens werden zum Ausdruck gebracht. Typische Mittel dies zu tun sind: die Aufstellung der Personen, die besondere Kleidung bis hin zur Uniform, stilisierte Bewegungen, Reden und Bekenntnisse. Das Fest ist dem gegenüber die künstlerische Konstruktion einer utopischen Gegenwelt zum Alltag, ein Moment von Gerechtigkeit und Glück. Der Karneval, Apfelsinen- oder Farbschachten bis hin zu kollektiven Badeereignissen gehören dazu. Sie zeichnen sich durch legitimierte Grenzüberschreitungen und Extase aus: Tanz, Rausch und Exzess. Der Wertorientierung des Alltags steht das Fest als wertfreier Raum gegenüber. Es ermöglicht die Erfahrung der Vollständigkeit des Selbst oder auch Vorstellungen von einer besseren Welt. Insgesamt wird das Handeln in Festen und Feiern als In-sich-selbst-Sinnvolles Tun bezeichnet 16), das dem kollektiven Bewusstsein dient.
Festarchitekturen machen gesellschaftliche Ideen im Zusammenhang von Feiern anschauliche: Tempel, Kirchen, Theater, Schlösser, der öffentliche Raum der Stadt bis hin zu temporären Festbauten. Sie dienen der Inszenierung des Geschehens, mit dem sie aber auch zusammen wirken. Handlungen und Architektur erzeugen ein gemeinsames Bild. Dazu werden mit besonderer Freiheit Formen erfunden, die mit ihrer besonders künstlerischen Erscheinung für eben die Inhalte stehen, die die Handlung thematisieren. Dazu kommen qualifizierteste technische Kenntnisse zum Einsatz: Mechanik, Akustik, Klimatechnik etc., die der sinnlichen Wahrnehmung des Geschehens dienen. Festarchitekturen bauen zunächst auf den Umstand, dass Feiern nur für eine begrenzte Zeit stattfinden. Sie sind deshalb häufig als temporäre Einbauten im Stadtraum zu finden. Die Ausbildung solcher Bauten als temporäre oder dauerhafte Form ist ein Gradmesser dafür, in welchem Maße die Inhalte verlässlicher Bestandteil gesellschaftlichen Lebens geworden sind. Sie bestimmt die Wirkungsweise von Festarchitekturen als Bedeutungsträger. Festarchitekturen sind damit im wahrsten Sinne des Wortes gebaute Vorbilder, die mit der Stilisierung gebräuchlicher Formen tatsächlich stilbildend wirken können. 17)
Die Dialektik zwischen Alltagsarchitektur und Festarchitektur entstammt den unterschiedlichen Anforderungen, die die Handlungszusammenhänge von Fest, Feier und Alltag an die Architektur stellen. Sie korrespondiert mit dem Verhältnis von Vordergrund- und Hintergrundarchitektur, das Louis Kahn vorgestellt hat. Alltagsarchitektur und Festarchitektur sprechen aber auch für unterschiedliche Funktionen der Form. Olaf Weber unterscheidet in seiner Funktionstheorie die folgenden funktionalen Grundtypen: die Funktion des aktuellen Gebrauches, die Funktion des ästhetischen Genusses und die Funktion der kulturellen Orientierung 18). Feste und Feiern dienen vor Allem der kulturellen Orientierung, die als Funktion von Architektur heute wieder begriffen werden muss. Sie stehen für eine lebendige Debatte über gesellschaftliche Inhalte, die sich als Bedeutungen damit auch in der Architektur wieder finden.
Symbolik: Wie kommt die Bedeutung in die Form?
Die Form für sich bedeutet nichts. In kulturellen Systemen sind Formen tatsächlich mehrdeutig, multivokal. Von Plurivalenz der Symbole ist in der Theorie die Rede 19). Weder Materialien noch Farben, weder Bewegungsmuster noch Sprechweisen weder moderne gegenstandslose Formen noch gotische Stilmittel oder sonstige ästhetische Unterfangen bringen bestimmte Inhalte ad hoc und allgemein verständlich zum Ausdruck. Nicht umsonst wurde die so genannte klassisch-moderne Architektur von der Allgemeinheit missverstanden. Die ersten Parkhäuser wurden damals als Käsereiben tituliert. Und Tanzen wird ja nicht zu Unrecht als absurdes Handeln tituliert. Solches Unverständnis lässt sich leicht nachvollziehen, wenn man sich an Begegnungen mit fremden Kulturen erinnert und wohl vom ästhetischen Reichtum angesprochen sein mag. Die Bedeutung der Formen, ihr kultureller Sinn, erschließt sich ohne weiteres aber nicht. Dass Feste, Feiern und Rituale ein Schlüssel zu solchen Bedeutungen sind, zeigt die kulturelle Konstruktion des Symbolischen im Verlauf von Ritualen. Rituale haben mit Festen und Feiern tatsächlich zu tun. Die Feier kann als ritueller Kern des Festes begriffen werden.
Bei der Durchführung von Ritualen werden grundsätzlich drei Phasen durchlaufen, die Trennungsphase, die Schwellenphase und die Angliederungsphase, in denen eine so genannte "symbolischen Antistruktur" 20) zur Struktur des Alltages gebildet wird. Aus besonderem Anlass unterbrechen die Menschen ihren Alltag, um in der Distanz zum Alltag Themen zu behandeln, die sich dem Zugriff praktischer Vorgehensweisen entziehen. In der Trennungsphase wird dabei Distanz zur Alltagswelt aufgebaut. Sie zeichnet sich durch das Zusammenkommen bestimmter Personen, der rituellen Gemeinschaft, zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort aus. Mit dem Anlass ist ein Thema verbunden, das sich schon hierin besonders wieder findet. Symbole und rituelle Handlungen verkörpern bestimmte Aspekte des Anlasses. Sie geben den Ideen eine physische Präsenz, machen sie anschaulich. Mit der so hergestellten Distanz zum Alltag geht ein Wechsel im Modus der Wahrnehmung einher, von der Alltagswahrnehmung zur symbolischen Wahrnehmung. Die Dinge werden nicht mehr praktisch begriffen, sondern in ihrer symbolischen Bedeutung. Handlungen, Sprache, Objekte bis hin zur Architektur stehen für geistige Motive, für Ideen.
Die Formen versuchen die gemeinten Inhalte zu verkörpern – dazu sind sie besonders künstlerisch gestaltet. Ihre Bedeutung wird ihnen aber durch die rituelle Gemeinschaft erst zugewiesen, die eine Art Verabredung darüber trifft, was die jeweilige Handlung oder Objekt zu bedeuten haben. "Hier geschieht etwas Anderes" 21) singen beispielsweise die Ndembu in Nordwestsambia zu Beginn eines Fruchtbarkeitsrituals. So kann aus dem Waschen eine rituelle Reinigung werden, so wird aus einem flachen Keks der Leib Christi und so können auch aus der Architektur Symbole für Ideen des politischen, religiösen oder wirtschaftlichen Lebens werden. Die besondere künstlerische Qualität unterstreicht die Wichtigkeit der Sache und dient natürlich auch der Anschaulichkeit. Dem Beitrag der Architektur zur Symbolisierung von geistigen Gehalten in Ritualen und Zeremonien entspricht dazu die elementare Rolle der symbolischen Handlungen als erklärender Kontext zur Einführung in die Symbolgehalte ritueller Objekte bis hin zur Architektur.
Die »kulturelle Stadt«: Grundeinstellungen seit den Anfängen und über 2030 hinaus
Nicht alles, was heute als Fest annonciert wird, zeichnet sich durch die vorab beschriebenen Merkmale aus. Ebensolche Unschärfen finden sich in der Architektur, die oft genug der falschen Vorstellung folgt, dass der Alltag zum Fest werden müsse. Im Alltag vornehmlich praktische Ziele der Existenzsicherung zu verfolgen - im Handeln ebenso wie der Architektur – ist ein Grundsatz, der sich in Zeiten knapper werdender Ressourcen leichter verwirklichen lässt. Er ist vor Allem aber sinnvoll. Jüngste Nachrichten, dass die Veranstaltung von Festen mit wirtschaftlichem Erfolg nicht ohne weiteres mehr zu verbinden sind, lässt hoffen, dass viel Widerfestliches aus dem öffentlichen Leben und dem öffentlichen Raum zukünftig verschwindet. Feste aus besonderem Anlass und Festarchitektur haben vor diesem Hintergrund nicht nur Seltenheitswert sondern auch eine Sinn und Gemeinschaft stiftende Qualität. Als Grundeinstellungen von Kultur sind sie wichtige Parameter für den Gedanken einer »kulturellen Stadt«. Die Stadt als »kulturelle Stadt« zu bezeichnen scheint nicht besonders brisant. Ausdruck kultureller Verhältnisse ist sie - so oder so. Kultur kennt aber kulturelle Steigerung und auch Degeneration. Die »kulturelle Stadt« im besten Sinne macht kulturelle Orientierungen deutlich. Was aber bedeutet das, angesichts divergierender Meinungen und der Zeitspezifik, der Prozesse der Meinungsbildung und allgemeine Entwicklungen der Stadt unterliegen?
Feststehende städtebauliche Muster, wie sie in den Idealstadttypen der Vergangenheit bis hin zur Stadt der Moderne in der »Charta von Athen« 22) vorgestellt wurden, haben angesichts solcher Einsichten keinen Bestand. Die vormodernen Konzepte planten den Wandel von Leitmotiven nicht ein. Im Gegenteil dienten sie gerade der Manifestation und dauerhaften Festschreibung bestimmter Verhältnisse. Das Konzept der »funktionellen Stadt« 23) sonderte Anfang des 20. Jahrhunderts Feste und Feiern aus der Gesamtheit der Funktionen der Stadt schließlich aus 24). Sie fokussierte auf das Wohnen, Arbeiten, Freizeit und den Verkehr. Defizite, die aus diesem Ansatz erwuchsen, wurden mit der kritischen Revision der Moderne thematisiert. Von der Unwirtlichkeit der Städte sprach seinerzeit Alexander Mitscherlich 25). Die Diskussion über Stadtentwicklung, die zuletzt einschlägig im Bericht der weltweiten Expertenkommission »Urban 21« 26), dem Programm »Soziale Stadt« und im Forschungsverbund »Stadt 2030« 27) geführt wurde, stellt vielfältige Themen vor, die zum Problembereich der Alltagspraxis gezählt werden können. Die Stadt gehört zu den komplexesten Systemen, die Kulturen hervorgebracht haben. Sie stellt höchste Anforderungen an die gesellschaftliche Organisation und Planung für den Alltag. An ein Leben in der Stadt knüpfen die Menschen dabei Hoffnungen, die sich offenbar allzu oft nicht erfüllen. Von der "Unzulänglichkeit der Lebensqualität" 28) ist bei »Urban 21« die Rede, die nicht nur in der Abwanderung derjenigen, die es sich leisten können, ihren Niederschlag hat. "Die lebendige und attraktive Stadt" 29) bietet demnach "kulturelle Vielfalt sowie die richtige Mischung aus Vitalität und Ruhe" 30), heißt es weiter. Hinweise zur Kultur der Stadt gehen über diese Feststellung nicht hinaus. Im Projekt »Stadt 2030« werden Identität, Integration, Regionalisierung, Schrumpfung, Transdisziplinarität und Zukunftserschließung als Themen herausgestellt, um die es heute geht. Die Differenzierung kultureller Grundeinstellungen und die Beachtung von Festen als konkreter Handlungszusammenhang können relevante Einsichten zu den jeweiligen Inhalten liefern.
Mein Konzept von der »kulturellen Stadt« – das zeigt auch schon die Wahl des Terminus – schließt an Vorstellungen der Moderne und den Funktionsbegriff an. Wohnen, Arbeiten, Freizeit und der Verkehr sind kulturtheoretisch gesehen Funktionen des Alltages. Die Ausdifferenzierung dieses Bereiches städtischen Lebens und dessen Folgen für die Planung können den aktuellen Forschungsberichten entnommen werden 31). Von Funktionstrennung ist dabei schon lange nicht mehr die Rede. Funktionsmischung dient eben auch im Alltag einer Kultur der Kommunikation. Die Dringlichkeit der Bewältigung der alltäglich-lebensnotwendigen Anforderungen an die Stadt steht außer Frage. Lebensqualität entsteht aber auch gerade dort, wo der Art und Weise der Bewältigung des Alltags Sinn zugeschrieben werden kann, wenn Gemeinschaft durch die Erfahrung vor Allem gemeinsamer Vorstellungen entsteht 32). Feste, Feiern und die Architektur – das hatten wir gesehen – haben unter den beschriebenen Voraussetzungen diese Gemeinschaft stiftende und Sinn vermittelnde Qualität, die damit einen elementaren Beitrag zur Verwurzelung der Menschen in der städtischen Lebenswelt und zu Lebensqualität leisten kann.
Die »kulturelle Stadt« schafft nicht allein feststehende sozialräumliche Muster. Im Alltag haben derart verlässliche Verhältnisse natürlich ihre Berechtigung. Die »kulturelle Stadt« folgt zugleich auch dem kulturellen Prozess der Sinnorientierung der Menschen, der tatsächlich andauernd in Bewegung ist. Feste und Feiern haben dabei eine besondere Funktion: den Stand der Dinge nämlich erfahrbar zu machen. Architektur und Planung, die solchen Hinweisen folgt, ist in Übereinstimmung mit dem Geist der Zeit. Bogdan Bogdanovic hatte in seinem Buch: "Die Stadt und der Tod" 33) die Zerstörung wichtiger Monumente in den Städten des ehemaligen Jugoslawiens als rituelles Städtemorden kritisiert. Es ist ein Eingriff in diesen Geist, der der Erinnerung an Werte und Geschichte bedarf, die durch eben solche Bedeutungsträger evoziert wird. Das Konzept der »kulturellen Stadt« propagiert demnach einen Prozess der Stadtentwicklung, der als »ritueller Städtebau« bezeichnet werden kann 34). Hier steht der lebendige Dialog zwischen festlich-rituellen Handlungen der Menschen und der Architektur im Vordergrund, die Inhalte gesellschaftlichen Lebens zum Ausdruck bringen und wieder als bedeutungsvoll begriffen werden können. Sie sind der Schlüssel zu kulturellen Orientierungen der Stadtbevölkerung, die entstehen und vergehen auf allen Ebenen immer im Fluss bleiben werden.
Das Prinzip ist an sich nicht neu. Bei genauem Hinsehen kann das Zusammenwirken von Festen und Architektur an zahlreichen historischen Beispielen gezeigt werden. Dazu zählen Stadtgründungen, wie sie in der Antike beschrieben wurden, 35) Platzanlagen vormoderner Städte wie wir sie aus Italien kennen, die ihren Sinn im Kontext öffentlicher Fest erst entfalten 36) bis hin zu revolutionären Festumzügen wie der der französischen Revolution, 37) die dokumentieren, dass die Verhältnisse nicht feststehend sind und Formen und Bedeutungen immer wieder neu entstehen. Auffällig ist, dass sich gerade vorbildhafte Stadtanlagen, Platzgestaltungen und städtebauliche Situationen durch ein besonderes Verhältnis zu einer Festkultur auszeichnen 38). Dieses Verhältnis von Stadtentwicklung und besonderen Ereignissen wird auch heute wieder diskutiert. 39) Großereignisse werden dabei nicht nur als Funktion der Stadt sondern auch als Möglichkeit begriffen, Ressourcen zu mobilisieren. Auf den experimentellen Charakter solcher Sondersituationen wird dabei hingewiesen, wie beispielsweise der Umgang mit Fragen der Verkehrslenkung in solchen Ausnahmesituationen zeigt. 40) Für die Entwicklung kultureller Identität, für Bedeutung und Sinnerfahrung ist aber das Zusammenwirken der Architektur der Stadt mit entsprechend bedeutungsvollen Handlungen notwendig. Die besten Bemühungen von Architekten und Planern Identität mit den Mitteln der Architektur allein zu schaffen laufen ins Leere, wenn Formenvielfalt ohne Bedeutung bleibt, weil eine entsprechende kulturelle Praxis und erklärende kulturelle Kontexte fehlen. Der festartige "Dauerspaßung [… durch] einen lauten atonalen und grellend bunten Brei unidentifizierbaren Inhalts" ist wirklichen Festen an der Oberfläche zuweilen zum Verwechseln ähnlich. Als Motiv der Planung führt er jedoch dazu, dass Quartiere "nur noch wie Stadt aussehen, allerdings um ihr wesentlichstes Merkmal befreit: Öffentlichkeit". 41)
Das Konzept der »kulturellen Stadt« erfordert demnach umfassende Anstrengungen im Kulturbetrieb und in der Baukultur, die aufeinander bezogen sein müssen. Die kulturelle Praxis unserer Gesellschaft hat eine Rückbesinnung auf eine Kultur der Feste, auf die Verständigung über wichtige gesellschaftliche Leitmotive in Festen und Feiern, dringend nötig. Menschenrechte, Nachhaltigkeit, demokratische Teilhabe oder Integration – die Liste ist viel länger - sind wichtige Inhalte, die in öffentlichen Festen heute nicht zum Tragen kommen. Feste mit entsprechendem Inhalt führen zuletzt auch zur Ausgelassenheit der Feiernden und entsprechendem Vergnügen. Sie dienen vor Allem aber der Verwurzelung der Menschen in ihrer Kultur. Die Inszenierung derart phantastisch-absurder Szenarien lebt von der Wechselwirkung zwischen Handlungen und Architektur. Sie geben ein gemeinsames Bild ab, bei dem die einzelnen Teile auf die jeweils anderen ausstrahlen. Dieser dialektische Prozess der Sinnorientierung in Festen und Feiern und der Manifestation von gesellschaftlichen Ideen in besonderen Bauwerken lässt die Stadt tatsächlich zur kulturellen Einheit von Menschen und Architektur werden, in der die Architektur den besonderen Geist der Menschen und ihrer Zeit verkörpern.
Zu einer Kultur der Feste: Projekte zwischen Fest, Kultur und Stadtentwicklung
Im Jahr 2000 habe ich deshalb das Atelier für Feste und Architektur gegründet. Hier entstehen Projekte, die am Zusammenwirken von Festen und Architektur interessiert sind und am Modell der »kulturellen Stadt« arbeiten. Die ersten Projekte machen deutlich, wohin solche Arbeit führen kann. Die vorab entwickelten theoretischen Grundlagen erweisen sich als tragfähig für die Praxis. Die Erfahrungen haben zudem Rückwirkungen auf die Theorie. Im vierten Jahr dieser Arbeit ist von Architekturprojekten noch kaum die Rede. Kulturelle Prozesse brauchen Zeit. Die Christen konnten auch nicht sofort mit dem Bau gotischer Kathedralen beginnen sondern haben ihre religiösen Feiern erst einmal in Katakomben abgehalten. Und von Langsamkeit als Grundsatz für das neue Jahrtausend hatte schon Juhani Pallasmaa gesprochen. 42) Bis jetzt gilt mein Augenmerk vornehmlich der Entwicklung von Motiven einer öffentlichen Festkultur und den Bedingungen unter denen diese überhaupt zu verwirklichen ist.
Der »Tisch der Kulturen« auf Tour: Vom UNO Jahr gegen Rassismus zum öffentlichen Ritual
Um politische Inhalte ging es beim Fest »Solo für Alle« im UNO Jahr gegen Rassismus 2001. Um den Empfang des amerikanischen Aktivisten Denis Jones, der im Kajak mit einem persönlichen Bekenntnis für Menschenrechte zur UNO Weltkonferenz in Durban unterwegs war und vom Freundeskreis Tambacounda nach Hannover eingeladen worden war, wurde die Veranstaltung am Maschsee Nordufer in Hannover aufgebaut. Neben den Förmlichkeiten des Empfanges: da waren Fahnen - nationale Symbole - am Ufer gehisst, es gab eine Bootseskorte für den Ankommenden und Repräsentanten von der UNO bis hin zu kleinen Vereinen kamen zu Wort, ging es darum die politischen Inhalte in eine anschauliche Form zu bringen, die sich den Menschen in einem öffentlichen Ereignis praktisch erschließt. Es ging darum, die politischen Inhalte in einem Volksfest zu thematisieren.
Vor diesem Hintergrund entstand der »Tisch der Kulturen«. Mit seiner Länge von 176 Metern, der ebenso langen blauen Tischdecke und der Eröffnung mit einer Performance entwickelte er eine eindrückliche künstlerische Form. Dazu kamen die sozialen Erfahrungen beim internationalen Picknick. Gemeinsames Essen an einem Tisch und miteinander Teilen diente dem Kennen lernen und der Verständigung, regte zum Blick über den Tellerrand an. Dass sich Menschen am »Tisch der Kulturen«. satt gegessen haben, ohne selbst etwas zum Picknicken dabei zu haben, mag als Metapher für den Gemeinsinn stehen, zu dem die Menschen in der Lage sind. Solche Erfahrungen haben Modellcharakter für den Alltag, in dem politische Ideen ja zum Tragen kommen sollen.
Dem Verblassen der Ausstrahlung solcher Erfahrungen wirkt die geregelte Wiederkehr des Motivs entgegen, die nach »Solo für Alle« sofort angekündigt wurde. Sie ist im politischen Interesse und korrespondiert dazu mit der Notwendigkeit in demokratischen Gesellschaften Menschen an der Willensbildung aktiv teilhaben zu lassen. So wurde der »Tisch der Kulturen« tatsächlich in seiner Bedeutung begriffen und in den darauf folgenden Jahren in unterschiedliche Stadtteile Hannovers eingeladen: 2002 in die Voltmerstrasse zum Fest »Hainholz himmelwärts« und 2003 in den Vahrenwalder Park zum Fest »Hallo Fremder«. Mit dem internationalen Picknick bezog er immer dort Stellung, wo dem Miteinander von Menschen unterschiedlicher Herkunft in einem Stadtteil besondere Impulse gegeben werden sollten, wo Integration praktisch voran gebracht werden sollte oder auch wo Diskriminierungen und Übergriffe gegen Fremde das friedliche Miteinander störten. Die Wiederholung macht das symbolische Szenario zum Ritual. Es verleiht dem UNO-Jahr gegen Rassismus und dem entsprechenden politischen Willen der Stadt Hannover nachhaltig Ausstrahlung. Für die Menschen entstehen tatsächlich soziale Verhältnisse mit Verbindlichkeit und Verlass. Mit der Wiederkehr des »Tisch der Kulturen« in unterschiedlichen Stadtteilen Jahr für Jahr etabliert sich das Ritual im Bewusstsein der Gesellschaft. Der systematische Wechsel des Ortes stifte dabei Gemeinschaft über die Grenzen der Quartiere hinweg, wenn nämlich Gleichgesinnte aus anderen Stadtteilen ihrem »Tisch der Kulturen« hinterher reisen um sich erneut am Picknick zu beteiligen und mit der Idee zu assoziieren. Insofern veranlasst das Ritual eine Bewegung, die von Jahr zu Jahr mehr Menschen mobilisiert und eben deutlicher wird.
Zur Verdeutlichung des Inhaltes gehört nicht zuletzt die künstlerische Qualität des Szenarios, das sich mit der Wiederholung entwickeln kann. Es ist offen für eine kritische Revision angesichts konkreter Erfahrungen in der Praxis. Verwerfen gehört zum Entwerfen gegebenenfalls auch dazu. Das Motiv des langen Tisches mit einem blauen Tischtuch ist so in unterschiedlich modifizierter Form bereits aufgetreten: in unterschiedlicher Länge, auf unterschiedliche Weise eröffnet. Die gestalterischen Details des Tischtuches sind in Überarbeitung. Bestimmte Konstanten haben sich dabei aber herauskristallisiert. Eine dauerhafte Form hat er bis jetzt aber nicht. In einer Zeit der Diskussion über Aufgaben von Kunst im öffentlichen Raum und Formen der Vermittlung der gemeinten Inhalte in der Öffentlichkeit hat das Motiv des »Tisch der Kulturen« Modellcharakter. Dass sich die modernen, autonomen Künste der Öffentlichkeit verweigern und insofern ein substantieller Bedarf an solcher Kunst im öffentlichen Raum nicht besteht hat Martin Warnke hervorgehoben 43). Das Theorem vom Verstehen durch Gebrauch hat Stefan Schmidt-Wulffen in der Folge entwickelt 44). Beim »Tisch der Kulturen« gerät die künstlerische Form im öffentlichen Raum in einen konkreten Zusammenhang mit gesellschaftlichen Inhalten, die durch die Situation des gemeinsamen Picknicks und dessen Geschichte eingebracht wird. Solche Kunst wendet sich dem gesellschaftlichen Leben auf zweifache Weise zu. Ihrer künstlerischen Vollendung können wir entgegen sehen. Ihr Sinn aktualisiert sich beim Ritual des Picknicks und den zwischenmenschlichen Erfahrungen, die es evoziert.
»Hainholz himmelwärts« Das Fest als Motiv der Stadtentwicklung im Rahmen des Programms »Soziale Stadt«
(Siehe auch Projektbericht: Hainholzhimmelwärts - ein Fest zur "Sozialen Stadt") Idealtypisch für die Veranschaulichung der Beziehung zwischen Festen und Architektur und ihre praktischen Fortsetzung war der Auftrag zur Inszenierung eines Festes in Hannover Hainholz zu Beginn der Entwicklung des Stadtteiles im Rahmen des Programms »Soziale Stadt« 2002. Die Einbeziehung von Menschen eines ganzen Quartiers mit 7000 Einwohnern und Planungsaufgaben mit städtebaulichem Maßstab stellte an die Konzeption und Vorbereitung komplexe Anforderungen. Zum einen ging es darum das Programm »Soziale Stadt« und die Akteure in der Verwaltung wie auch in den Gremien zur Bürgerbeteiligung bekannt zu machen. Es ging darum die Menschen insgesamt zu interessieren und auf Möglichkeiten der Mitwirkung an der Stadtteilentwicklung hinzuweisen. Zum anderen sollten Potenziale und Problemlagen im Quartier anschaulich werden und Möglichkeiten der Aneignung und Gestaltung des öffentlichen Raumes gezeigt werden.
Mitwirkung und Bürgerbeteiligung standen im Vordergrund. Sie gehört zu den erklärten Zielen im Programm »Soziale Stadt«. Sie ist aber ebenso elementar für die Wirkung jeden Festes. Deshalb entstand schon das Konzept in einer vierwöchigen Workshop-Phase mit den Menschen im Quartier, in der unterschiedlichste Standpunkte und Begebenheiten im Detail zutage kamen. Zum Feiern muss man sich zusammenreden sagt der Volksmund. Die Vorbereitungen zur Durchführung des Festes mobilisierten die Menschen danach immer mal wieder zusammen auf die Straße zu kommen: zum gemeinsamen Bauzaun-blau-Streichen oder zu einer öffentlichen Probe, in der die Abläufe des Festes in groben Zügen vor Ort nachvollzogen wurden und Kinder mit Markierungsspray entsprechende Zeichen auf der Straße hinterließen. In solchen Prozessen der Mitwirkung gilt es zwischen Gestaltungsanspruch und handwerklichen und künstlerischen Fähigkeiten von Laien zu vermitteln. Mitwirkung ist notwendig. Sie dient der Aneignung der Dinge und der Verständigung über die Bedeutung der Form. Sie ist aber nur der eine Teil der Wirksamkeit der Objekte, deren künstlerische Ausrichtung in professionelle Hände gehört.
Das Konzept für das Fest fokussierte wesentlich auf Fragen der Planung. Als besonderes Ereignis bot es die Möglichkeit, Perspektiven für die Zukunft in besonderen Szenarien und temporären raumkünstlerischen Maßnahmen probeweise herzustellen. Welches Potenzial für die Gemeinschaft ein Straßenraum hat, zeigte die Aufstellung des »Tisch der Kulturen«, für den die Voltmerstraße gesperrt wurde. Als Diskussionsbeitrag für die Planung verstand sich vor Allem aber die temporäre Einrichtung des »Festplatzes Hainholz« auf der Brache des Niedersachsenringes, dessen Zukunft als »Neue Mitte« zur Diskussion stand. Neben der Aussage über eine mögliche Funktion wurden dabei Raum bildende Elemente installiert, die einmal probeweise darstellen sollten, wie das im Konkreten aussehen könnte. Eine himmelblaue Bretterwand mit Öffnungen und allerlei informativen, sinnlichen und bedeutsamen Elementen, der Bauzaun »Hainholz himmelwärts« diente der Begrenzung des Platzes auf der einen Seite. Auf der anderen Seite wurde hinter einer kleinen Bühne ein temporärer, fahrender Wald, der von Kindern im Festumzug mitgebracht wurde, als »Festhain Hainholz« aufgestellt. Der Bauzaun legt dabei nahe, wie die trennende Wirkung der Niedersachsenringtrasse durch eine Bebauung überwunden werden kann, die eine entsprechende Platzwand erzeugt. Der »Festhain Hainholz« nimmt im Vorgriff Bezug auf die Feste, die hier in der Zukunft das Pflanzen von Bäumen mit sich bringen könnten. So entsteht ein öffentlicher Raum zwischen Bauzaun, Festhain, Schule, Schwimmbad und Kulturtreff, der eher quartiersintern ausgerichtet ist. Das Fest und nachfolgende Aktivitäten an dieser Stelle liefern Hinweise, welche Eignung das Konzept für die Praxis hat. Planung kann sich auf derart vorgelebte Verhältnisse und Identität gegebenenfalls stützen.
Das Fest »Hainholz himmelwärts« verfolgte die Absicht der Bürgerbeteiligung an der Planung. Es bot nämlich all denjenigen eine Plattform, für die sich die Diskussionsrunden des Stadteilforums und seiner Arbeitsgruppen aus unterschiedlichen Gründen nicht eignen. Und es verband dabei Menschen über die Grenzen von Alter, Sprache, Bildung, kultureller Orientierung und persönlichen Interessen in einer gemeinsamen Aktion. Ohne sie ist Identität im Quartier nicht zu haben. Diese konkrete Verbindung zwischen Fest und Planung gehörte nicht zu den Intentionen der Planer im Quartier. Insofern ist unklar, welche Rückwirkung das Ereignis und die Einrichtung des temporären Raumes auf die Planung tatsächlich haben wird. Auf jeden Fall aber macht das Projekt nachvollziehbar und anschaulich, welches Potenzial für die Beteiligung von Menschen bei der Planung Feste aufweisen. Sie können zukünftig gezielt für Planungsprozesse fruchtbar gemacht werden. »Hainholz himmelwärts« liefert damit wertvolle Hinweise für die Entwicklung eines entsprechenden Modellprojektes.
»Mensch Tanz trance«: Von der festlichen Form zur spirituellen Erfahrung
Zu einer Kultur der Feste gehört auch der Bereich spiritueller Erfahrung, der in religiösen Festen bislang zu finden war. Mit dem rückläufigen Interesse an den Angeboten der christlichen Kirchen in den westlichen Gesellschaften ist zugleich eine Hinwendung und Suche nach entsprechenden Erfahrungen in anderen Religionen und im Bereich der Esoterik zu beobachten. Sie tragen zur Fragmentierung unserer Gesellschaft und der Trennung von hiesiger Kultur bei. Spirituelle Erfahrungen, Rausch, Extase zählen zu den menschlichen Grundfähigkeiten und Bedürfnissen – sie sind eine Form des Daseins und Wahrnehmung, die unser Handeln in dieser Welt mit bestimmt. Wichtig scheint mir diese Dimension bei der Konzeption von Festen heute in Betracht zu ziehen.
In diesem Sinne entstand als Abschluss des Festes »Hallo Fremder« 2002 in Hannover Vahrenwald die Inszenierung des »Mensch Tanz trance«. Inhalt der Veranstaltung war einmal mehr das Problem der Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, das Bemühungen der Integration entgegensteht. Wichtiges Element war auch hier der »Tisch der Kulturen«. Der abschließende Tanz diente demnach der Erfahrung gemeinsamer Grundlagen menschlicher Existenz: Körper, Bewegung, Rhythmus, Atem. Die Technik des Trance Tanz, die in den Ritualen unterschiedlichster Kulturen bis hin zur Techno-Szene zu finden ist, fokussiert ganz ausdrücklich auf diese Aspekte und war die Grundlage für die Inszenierung. Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft können sich dabei auf Vertrautes – ihre kulturellen Wurzeln - beziehen und vor diesem Hintergrund dem Fremden mit mehr Offenheit begegnen. Soviel zur Intention.
Ein zwanzig mal zwanzig Meter großer Bretterboden wurde auf einer Rasenfläche, als »Tanzplatz Vahrenwalder Park«. eingerichtet. Seine Ausrichtung nach den Himmelsrichtungen und die Details der Inszenierung standen für den Grundgedanken einer zugrunde liegenden und Alles verbindenden Natur. Zahllose freiwillige Trommler fanden sich zum Fest ein, die im Kreis Aufstellung nahmen und zusammen mit einigen Musikern einen Klangraum aus einfachen Rhythmen und sphärischen Klängen – Cis und Fis - fabrizierten. Auch dieses Szenario war vorab in einer öffentlichen Probe geübt worden. Figuren des Scharniertheaters wirkten mit: ein Elefant, ein Fisch und ein Vogel. Zusammen mit der Tänzerin Eva Maria Moog standen sie für die Grundelemente Erde, Wasser, Luft und Feuer. Nachdem diese Figuren den Tanzplatz mit einigen dicken Kreidestrichen initiiert hatten, begann der Einzug der »Festgemeinschaft Vahrenwald und alle Welt« als Kette von Menschen, die sich an der Hand hielten und in einer Schnecke in das Innere des Kreises geführt wurde. Beim gegenläufigen Ausdrehen begegneten sich die Menschen zum »Hallo Fremder«. Dann durchkreuzten die theatralisch-rituellen Figuren diese Ordnung mit Räucherwerk, das die Wahrnehmung mehr und mehr ins rauschhaft-extatische wendete.
So ein Tanz dauert länger als die gewohnten drei Minuten und dreißig Sekunden. Aus afrikanischen oder auch indianischen Gesellschaften wissen wir, dass solche Tanzereignisse mehrere Stunden oder Tage dauern können. Die Veränderung des Erlebens vom rationalen Bewusstsein zum spirituellen Erleben braucht Zeit, die wir mit einer Dauer des Tanzes von nur einer Stunde kaum bewirken konnten. Für uns war es eine erste Annäherung und ein Experiment. Zudem bedarf diese Tanztechnik der Übung um im besten Sinne wirksam zu werden. Auch ein vorbereitender Workshop in Trance-Tanz, den wir durchgeführt haben, kann so etwas nicht stehenden Fußes bewirken. Dennoch deuten einige Begebenheiten während des Tanzes an, dass dieses Szenario Begegnungen der Menschen auf eine Ebene unterhalb der Kognitionsgrenze ermöglicht. Diese können für gesellschaftliches Leben heute also fruchtbar gemacht werden.
Parallelen zwischen rituellen Formen und therapeutischen Methoden werden schon in der Ethnologie festgestellt 45). Sie sind auch bei dieser Tanzinszenierung vorhanden. Trance Tanz wird heute beispielsweise in der Suchtprävention eingesetzt und kann zu den tanztherapeutischen Methoden gezählt werden. Mit der besonderen Aufstellung von Personen wird in systemischen Therapieformen gearbeitet. Ihre Wirkung in geschützten therapeutischen Räumen ist heute belegt. Ihre Möglichkeit nicht außerhalb, sondern in der Gesellschaft zu wirken, die aus gegebenem Anlass als rituelle Gemeinschaft zusammen kommt, ist eine beachtliche Perspektive. Eben solche Wirkungen werden ja mit der Veranstaltung eines Festes gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus angestrebt. Dass Menschen unterschiedlicher kultureller Orientierung und Herkunft tatsächlich ihre Ressentiments aufgeben, kann sicher Thema öffentlicher Diskussionen sein und in Beschlüssen propagiert werden. Es muss neben dem Bewusstsein aber auch als tiefe Emotion in den Herzen – im Unterbewusstsein - der Menschen verankert sein.
Fest, Kultur und Stadtentwicklung: Überlegungen zu einem Modellprojekt
"Es geht weniger darum, Geld in eine Gesellschaft zu pumpen, als eine gemeinsame Identität zu schaffen" 46), kommentiert der amerikanische Glücksberater David Halpern deutsche Klagen über den schwindenden Wohnstand. Das subjektive Wohlbefinden der Menschen ist an Wohlstand nicht gekoppelt – im Gegenteil. Die glücklichsten Menschen leben in Mexiko und Puerto Rico. Feste können Identität zum Ausdruck bringen. Sie sind keine Folge von materiellem Besitz sondern dienen der Bewältigung unterschiedlicher Probleme in guten und in schlechten Zeiten. Dabei fördern sie Gemeinschaft und Identität in konkreten sozialen Zusammenhängen, die trotz Globalisierung gegeben sind. Festgemeinschaften sind auch deshalb Krisengemeinschaften, weil die Erfahrung des rituellen Zusammenhaltes Beziehungen aktualisiert und als Rückwirkung auf den Alltag Verbindlichkeit schafft. Die Degradierung von Festen zum bloßen Vergnügen im Zuge der Moderne wird ihrer originären Intention und dem menschlichen Bedürfnis nach wirklichem Glück nicht gerecht. Sie muss heute durch Vorstellungen von einer Kultur der Feste wieder ersetzt werden. In der Bundesrepublik und im protestantischen Norden ist ein besonderer Bedarf. 47)
Traditionelle Institutionen beschäftigen Spezialisten, die eigens mit der Veranstaltung von Festen betraut sind. In der Politik sind es die Vertreter des Protokolls. In den Religionsgemeinschaften sind es Priester, Schamanen und andere Gottesdiener. Die Wirtschaft, die die Reichweite solcher Ereignisse entdeckt hat, unterhält eine boomende Eventbranche. Der Kulturbetrieb hat sich mit den modernen Künsten und der neueren Soziokultur aus den Bereichen gesellschaftlicher Repräsentation dagegen zurückgezogen. Das wirft, weil Feste ja eine Schlüsselkategorie von Kultur sind, tatsächlich Fragen auf. Natürlich werden Leitmotive oder Themen gesellschaftlichen Lebens zunächst von den entsprechenden Institutionen wie Parteien, Menschenrechts- oder Umweltorganisationen etc. vorgetragen. Ohne sie ist eine Festkultur mit entsprechenden Inhalten nicht denkbar. Dennoch hat der kommunale Kulturbetrieb die nötigen künstlerischen Möglichkeit und Aufgabe, diesen Themen Rechnung zu tragen. Die Vermittlung wichtiger gesellschaftlicher Orientierungen entspricht nicht zuletzt dem Bildungsauftrag.
Feste lassen dazu Antworten auf unterschiedlichste Fragen erwarten, die in der Gegenwart aufgeworfen sind. Sie gelten als Formen der rituellen Konfliktbewältigung 48), die gerade deshalb im Bereich der Prävention von Interesse sind. Feste und Feiern sind dazu das eigentlich kulturelle Mittel Kinder in Gesellschaft und Kultur einzuführen. Das, was ist, gesellschaftliche Ordnung und Weltanschauung, die ihr zugrunde liegt, wird hier erfahrbar. Es vermittelt sich auf eine anschaulich-konkrete Weise, zu der auch Kinder, mit ihren besonderen Voraussetzungen Zugang haben. Feste und Feiern können dem Bedürfnis nach Selbstdarstellung und Selbstvergewisserung viel besser dienen als reebok-Scaterschuhe, fubu-Jeans oder Nokia-Handies. Sie stellen also die Befriedigung von Grundbedürfnissen heranwachsender Menschen sicher, die im Zweifel auch zu unterschiedlichen Formen delinquenten Verhaltens führen können 49). Feste sind insgesamt eine Form der Kommunikation, die mit ihrer Anschaulichkeit Menschen mit unterschiedlichen Voraussetzungen über die Grenzen von Alter, Sprache, Bildung und kultureller Orientierung hinweg ansprechen kann. In einer Einwanderungsgesellschaft mit hohem Ausländeranteil ist dieser Aspekt von erheblicher Bedeutung. Feste entsprechen dazu unserem gesellschaftlichen Anspruch – entgegen aller Medialisierung der Kommunikation – Öffentlichkeit an der Basis und vor Ort herzustellen, demokratische Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ohne Unterschied zu ermöglichen, die entscheidend für unser Selbstverständnis ist. Sie bewirkt damit einen Paradigmenwechsel vom Kulturkonsum zurück zu Teilnahme und Ausdruck von Kultur. Nicht zuletzt müssen Fragen, die mit Veränderungen in unserer Gesellschaft in Zeiten von Globalisierung, demographischen Verschiebungen, abnehmender Erwerbstätigkeit, mit der Krise des Wohlfahrtsstaates insgesamt und neuem weltpolitischen Kräftemessen zusammenhängen, auf das Leben der Menschen im Einzelnen, in den Quartieren in konkreten, sozialen Zusammenhängen herunter gebrochen werden. Sozialer Ausgleich, Verständigung und bürgerschaftliches Engagement sind hier nur einige Stichworte. "Geld allein hilft den Verlierern von heute nicht. Sie brauchen kulturelle Standards und Leitbilder" 50), beschreibt Paul Nolte einen zentralen Aspekt staatlicher und kommunaler Fürsorgepflicht.
Welche Erwartungen an eine Kultur der Feste sinnvoll und berechtigt geknüpft werden können, mit welchen Zielvorstellungen ein Konzept für eine Kultur der Feste gerade im Zusammenhang von Stadtentwicklung entstehen soll und welche Rahmenbedingungen notwendig sind, um diese umzusetzen, bedarf einer erneuten Diskussion. Sie kann nur erfolgreich über die Grenzen von Zuständigkeiten geführt werden. Dazu gehören Wissenschaftler und Praktiker, Stadt- und Kultursoziologen, Kunst- und Architekturtheoretiker, Religions-, Politik- und Erziehungswissenschaftler, Völkerkundler, Ethnologen, Psychologen, Kriminologen, Glücks- und Zukunftsforscher, Architekten, Planer, Künstler, Vertreter aus Wirtschaft, Politik, den Kirchen und nicht zuletzt der kommunalen Verwaltung. Die Übertragung entsprechender Einsichten in die Praxis wir dabei sicher nicht umstandslos im Rahmen bestehender Strukturen finanzieller, personeller, rechtlicher und sonstiger formaler Bedingungen zu machen sein. Vor der anerkannten Praxis steht erwartungsgemäß ein Modellprojekt, das in Angriff genommen werden muss: in ausgewähltes Projektgebiet mit einer mehrjährigen Laufzeit und entsprechender finanzieller und personeller Ausstattung und nicht ohne wissenschaftliche Begleitung. Ein Modellprojekt, das die Dialektik zwischen Fest, Feier und Alltag beachtet und dabei Fest, Kultur und Stadtentwicklung ins Blickfeld rückt, hätte zukunftsweisende Qualität.
Fußnoten:
1) Vgl. Schuh 2003
2) Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2003
3) Pieper 1963, Baudrillard 1982, Hugger 1987, Bubner 1989, Schulze 1992, Schuh 2003
4) Vgl. Welsch 1993, Schulze 2000
5) Turner 1989, S. 10 Turner bezieht sich dabei vor allem auf Religion und Kunst als wichtige Grundeinstellungen von Kultur
6) Lipp 1994, S. 260 ff. Der gleich lautende Artikel von Wolfgang Lipp entwickelt Grundbegriffe und Grundeinstellungen von Kultur: Kultur und Gesellschaft, Kategoriale Aspekte: Übersprung, Spannung, Steigerung - Pflege, Pflicht - Zuspitzung, Drama - Kulturkonsumenten, Publikum – Kulturträger, Mittler von Kultur.
7) Lipp 1984, S. 9
8) Vgl. Lipp 1994
9) "Überholt ist freilich [Norbert] Elias’ Idee, ‚Zivilisation’ und ‚Kultur’ gegenüberzustellen und ‚Zivilisation’ als ‚Prozeß’-Kategorie vor ‚Kultur’ als angeblich nur ‚statischem’ Schema, vorzuordnen." Lipp 1989, S. 375
10) Lipp 1984, S. 8
11) Vgl. Schuh 2003, S. 139 ff.
12) Vgl. Vitruv 1983, S. 26
13) Vgl. Lipp 1994, S. 177 ff.
14) Vgl. Marquardt 1989
15) Gebhardt 1989, S. 53
17) Vgl. Pieper 1963, S. 7Die Entwicklung des gotischen Stils ist beispielsweise ganz deutlich an die christliche Idee und die christlichen Feste geknüpft. In der Hochzeit des Christentums hatte auch er seine deutlichste Ausprägung. Bis ins 19. Jahrhundert hinein waren seine Stilmittel immer dort zu finden, wo auf christliche Wertvorstellungen verwiesen werden sollte.
18) Vgl. Weber 1994
19) Vgl. Langer 1965, S. 101f., vgl. Schuh 2003, S. 183 ff.
20) Diesen Begriff hat Victor Turner in seiner Ritualtheorie geprägt. Ich knüpfe im Übrigen an seine Forschungen an. Vgl. Turner 1989
21) ebd., S. 79
22) ebd.
23) ebd.
24) ebd. und auch Schuh 2003, S. 116 ff.
25) Vgl. Mitscherlich 1965
26) Vgl. Hall/Pfeiffer 2000
27) Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2003
28) Hall/Pfeiffer 2000, S.422
29) ebd., S. 430
30) ebd., S. 433
31) Vgl. ebd., vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2003 u.A.
32) Die Wertorientierung der Vorschläge im Bericht »Urban 21«, des Programm Soziale Stadt oder der Empfehlungen des Forschungsverbundes Stadt 2030 ist nämlich zu beachten.
33) Bogdanovic 1994
34) Es korrespondiert mit dem von Bogdanovic geforderten "Städteschreiben" ebd., S. 27. Diese Formulierung bezieht sich auf seine zuvor gemachte Feststellung "die Fähigkeit die Architektur der Stadt zu lesen sei insgesamt verloren gegangen." ebd.
35) Vgl. Alberti 1991, S. 191
36) Vgl. hierzu Falassi 1988, Schuh in: Schweger/Schuh 2000 S. 16ff.
37) Vgl. Ozouf 1987
38) Insofern ist es für Architekten und Planer nicht allein von Bedeutung, wodurch sich so eine vorbildliche Form ‚für sich’ auszeichnet, sondern in welchem Verhältnis sie zu ihrer Entstehung und entsprechenden Handlungszusammenhängen steht. Nicht die Form, sondern dieser Zusammenhang kann gegebenenfalls auf aktuelle Fragestellungen übertragen werden.
39) "Stadtentwicklung durch inszenierte Ereignisse" titelte 2001 nachträglich zur EXPO 2000 eine Fachtagung der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung. Vgl. Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung 2001. "Event City" war das Thema des bauhaus kolleg II im Studienjahr 2000/01.
40) Vgl. Neubig in: ebd.
41) Stamm in: ebd., S. 130
42) Vgl. Pallasmaa 1995
43) Vgl. Martin Warnke in: Plagemann 1989, S. 29
44) Vgl. Stefan Schmidt-Wulffen in: ebd.
45) Vgl. Turner 1989, S. 31
46) Davis Halpern in: Die Zeit Nr. 52, 17. Dezember 2003, S. 53
47) Die Verhältnisse in der Bundesrepublik unterscheiden sich tatsächlich von denen unserer europäischen Nachbarn oder anderer so genannten westlichen Gesellschaften, als die Erfahrung des Nationalsozialismus und der Instrumentalisierung von Festen für eine barbarische Idee eine besondere Zurückhaltung gegenüber Festen mit sich gebracht hat.
48) Grundformen der Konfliktbewältigung sind 1. die kriegerische Auseinandersetzung oder das Faustrecht, 2. die gerichtliche Auseinandersetzung oder entsprechende Sanktionen und 3. Formen der rituellen Konfliktbewältigung in Feste, Feiern, sonstige diplomatische oder therapeutische Verhandlungen, die auf dem Prinzip des Ausgleiches beruhen.
49) Vgl. Bönsch/Peuke/Schuh 2000, S. 12 ff.
50) Paul Nolte in: Die Zeit Nr. 52 17. Dezember 2003, S. 9
Literatur
- Alberti, Leon Battista (1991): Zehn Bücher über die Baukunst. Reprogr. Nachdruck ed. Max Theuer 1912, Wien/Leipzig. Original: De Re Aedificatoria. 1485 Florenz
- Baudrillard, Jean (1982): Der symbolische Tausch und der Tod. München
- Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF (2003): Leitbilder, Szenarien und Konzepte für die Zukunft. Auf dem Weg zur Stadt 2030. Bonn
- Bogdanovic, Bogdan (1994): Die Stadt und der Tod. Klagenfurth/Salzburg
- Bönsch, Manfred/Peuke, Rolf/Schuh, Katrin (2000): Zur Begründung einer sozialpädagogisch orientierten Schule. Arbeit mit gewaltbereiten Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der Schule. Hannover
- Bubner, Rüdiger (1989): Ästhetisierung der Lebenswelt. In: Haug/Warning (Hrsg.) Das Fest. München
- Conrads, Ulrich (1994): Programme und Manifeste zur Architektur des 20. Jahrhunderts. Braunschweig/Wiesbaden
- Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung (2001): Stadtentwicklung durch inszenierte Ereignisse. Berlin
- Falassi, Alessandro (1988): La festa. Milano
- Gebhardt, Winfried (1989) Fest, Feier und Alltag. Über die gesellschaftliche Wirklichkeit des Menschen und ihre Deutung. Frankfurt a.M./Bern/New York/Paris
- Hall, Peter/Pfeiffer, Ulrich (2000): Urban 21. Der Expertenbericht zur Zukunft der Städte. Stuttgart/München
- Hugger, Paul (1987): Das Fest. Perspektiven einer Forschungsgeschichte.
In: Hugger/Burkert/Lichtenhahn (Hrsg.) Stadt und Fest. Zürich - Langer, Susanne (1965): Philosophie auf neuem Wege. Frankfurt
- Lipp, Wolfgang (1984): Kultur dramatologisch. In: Österreichische Zeitschrift für Soziologie 8-25
- Lipp, Wolfgang (1989): Kultursoziologie. In: Endruweit/Trommsdorff (Hrsg.) Wörterbuch der Soziologie. Bd2, 1994 Drama Kultur. Berlin
- Marquardt, Odo (1989): Moratorium des Alltags. Eine kleine Philosophie des Festes. In: Haug/Warning (Hrsg.) Das Fest. München
- Mitscherlich, Alexander (1965): Die Unwirtlichkeit unserer Städte. Anstiftung zum Unfrieden. Frankfurt a.M.
- Ozouf, Mona (1987): Revolutionäre Feste und städtischer Raum. In: Stadtbauwelt Nr. 36
- Pallasmaa, Juhani (1995): Sechs Themen für das nächste Jahrtausend. In: Baumeister Nr. 3
- Pieper, Josef (1963): Über das Phänomen des Festes. Köln/Opladen
- Plagemann, Volker (1989): Kunst im öffentlichen Raum. Anstöße der 80er Ja