Communities That Care - CTC

Sozialräumliche Prävention in Netzwerken - Ein Modellversuch in Niedersachsen


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Kontakt:

Frederick Groeger-Roth, Projekt SPIN, Landespräventionsrat Niedersachsen, Niedersächsisches Justizministerium, Am Waterlooplatz 5A, 30169 Hannover, Tel.: 0511 120 5268; Email: Frederick.Groeger-Roth@mj.niedersachsen.de; Internet: www.spin-niedersachsen.de

Diese Veröffentlichung verwendet Texte und Grafiken aus niederländischen CTC-Broschüren mit freundlicher Genehmigung des Niederländischen Jugendinstitutes, NJI. Autoren: Marleen Beumer, Harrie B. Jonkman, Mieke Vergeer. Deutsche Bearbeitung: Frederick Groeger-Roth.

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Logo der LAG Soziale Brennpunkte

Das Modellvorhaben SPIN ist ein Kooperationsprojekt des Landespräventionsrates Niedersachsen mit der LAG Soziale Brennpunkte Nds. e.V. und wird gefördert von der Europäischen Union (Rahmenpartnerschaft Kriminalitätsbekämpfung und Kriminalprävention), dem Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit, sowie dem Nds. Justizministerium und der Klosterkammer Hannover.


1) Was ist Communities That Care – CTC?

Communities That Care

… ist eine Langzeitstrategie zur Schaffung sicherer und lebenswerter Umgebungen, in der Kinder und Jugendliche sich geschätzt, respektiert und ermutigt fühlen, ihr Potenzial zu nutzen;

… verbessert die Zusammenarbeit zwischen Behörden, Organisationen und Bewohnern eines Gebietes, um eine gesunde, persönliche und soziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu fördern;

… nutzt neueste wissenschaftliche Erkenntnisse über die Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit für Problemverhalten erhöhen (Risikofaktoren) und die Faktoren, die Wahrscheinlichkeit für Problemverhalten reduzieren (Schutzfaktoren);

… resultiert in lokalen Plänen mit den Zielen: Familien zu unterstützen und zu stärken, das Verantwortungsgefühl für Schulleistungen zu verbessern, verantwortungsvolles Verhalten zu fördern und ein stützendes Umfeld aufzubauen.

Warum mit CTC arbeiten?

In der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sind unter den Stichworten „integrierte Handlungsansätze“ und „Sozialraumorientierung“ in den letzten Jahren viele Fortschritte erreicht worden. Dies betrifft die Kooperation unterschiedlicher Akteure, die Beteiligung und Einbeziehung der jeweiligen Zielgruppen, die Abstimmung und Koordination unterschiedlicher Maßnahmen und die Entwicklung neuer innovativer Instrumente. Gleichwohl kommen viele Analysen zu dem Ergebnis, dass es Schwierigkeiten und Herausforderungen in folgenden Bereichen gibt, die elementar für die Weiterentwicklung dieses Handlungsansatzes sind:

  • Sozialräumliche Bedarfsanalyse: Welche Daten sind relevant für eine Analyse der Bedarfe in einem bestimmten Sozialraum? Wie stehen z.B. subjektive Einschätzungen im Verhältnis zu objektiven Sozialdaten? Stehen ausreichende Daten für eine angemessene Bedarfsplanung zu Verfügung und wie müssen diese beschaffen sein?
  • ressort- und institutionenübergreifende Kooperationsnetzwerke: Wie geht man damit um, wenn wichtige strategische Partner in den Netzwerken nicht vertreten sind, bzw. sich nicht aktiv einbringen? Wie können sich Netzwerke von der Ebene der operativen Absprache und projektbezogenen Zusammenarbeit zu lokalen Partnerschaften weiterentwickeln, in denen auch die langfristigen strategischen Entwicklungslinien abgestimmt werden?
  • Effektive Interventionen: Angesichts der Fülle von als „good“ oder „best“ bezeichneter Praxis und der Vielzahl von Programmen und Ansätzen auf dem Markt: Welches Programm oder welcher neue Handlungsansatz ist der jeweils „richtige“ angesichts der komplexen Problemlage in einem bestimmten Sozialraum? Kann es hier nicht andere Kriterien geben als der heute vielerorts herrschende Zufall, wer (wann und wie) etwas von einem neuen Programm gehört hat? Und sind diese ganzen Programme wirklich sauber evaluiert und auf ihre Wirksamkeit hin überprüft?

Angesichts dieser Herausforderungen haben der Landespräventionsrat Niedersachsen und die LAG Soziale Brennpunkte nach Ansätzen gesucht, die hier Fortschritte bringen können. Wir haben dabei das Steuerungsprogramm „Communities That Care – CTC“ gefunden, dass verspricht, auf die benannten Herausforderungen neue innovative Antworten geben zu können.

Dieses Programm und seine Annahmen muten auf den ersten Blick sehr wissenschaftlich und vielleicht sogar „technisch“ an.

Die Wirkung von Risikofaktoren

  • Risiken gibt es in mehreren Bereichen
    Risikofaktoren können in verschiedenen Lebensbereichen auftreten, in denen die Entwicklung von Kindern stattfindet: in der Familie, in der ein Kind aufwächst, in der Schule, die ein Kind besucht, bei anderen Kindern und Jugendlichen, mit denen das Kind Kontakt hat, und in der Nachbarschaft, bzw. dem Stadtteil, in dem das Kind lebt. Verhaltensprobleme werden sich nicht zurückdrängen lassen, wenn nur ein Risikofaktor in einem Bereich in Angriff genommen wird. Die CTC-Methode will die Risikofaktoren in mehreren Lebensbereichen gleichzeitig reduzieren. Für die Einführung von CTC bedeutet das, dass Prävention jeden im Gebiet etwas angeht, vom Polizisten bis zur Kindergartenpädagogin, vom verantwortlichen Verwaltungsmitarbeiter bis zum Jugendsozialarbeiter.
  • Je mehr Risikofaktoren, desto größer das Risiko
    Ein Kind, das einem Risikofaktor ausgesetzt wird, wird später nicht immer ein Problemverhalten entwickeln. Studien haben ergeben, dass die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung eines Problemverhaltens mit der Anzahl der Risikofaktoren, denen ein Kind ausgesetzt ist, steigt. Die CTC-Methode kann nicht alle Risikofaktoren in einem Gebiet mindern. Aber die Eindämmung oder Eliminierung einiger Faktoren werden die Risiken, die auf Kinder in einem Gebiet einwirken, deutlich reduzieren.
  • Dieselben Risikofaktoren führen zu unterschiedlichen Problemverhalten
    Die fünf unterschiedlichen Problemver-haltensweisen werden von denselben Risikofaktoren hervorgerufen. Das bedeutet, dass sich die Beeinflussung einiger Risikofaktoren auf alle fünf Problemverhalten auswirkt. Oder: Indem ein Risikofaktor reduziert wird – zum Beispiel „Probleme mit dem Familienmanagement“ – sinkt die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung aller fünf Problemverhaltensweisen.
  • Risikofaktoren haben in den verschiedenen ethnischen Gruppen und Kulturen dieselben Auswirkungen
    Studien haben ergeben, dass das Ausmaß der Risikofaktoren in verschiedenen ethnischen und kulturellen Gruppen unterschiedlich sein kann. Die Art der Wirkung der Risikofaktoren unterscheidet sich hingegen kaum.
     

Dahinter steckt die Idee, in der Prävention und in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen verstärkt mit Verfahren und Ansätzen zu arbeiten, die auf ihre Wirksamkeit und Effektivität hin geprüft sind oder doch zumindest den bestehenden Standards in diesem Bereich entsprechen. Dieser „evidenz-basierte“ Ansatz ist für hiesige Verhältnisse recht neu und sicher z.T. ungewohnt, wird aber angesichts des bestehenden Legitimationsdrucks für die Wirksamkeit von Kinder- und Jugendarbeit und Prävention in Zukunft auch hier an Bedeutung gewinnen.

Was ist das Konzept hinter dem Programm?

Communities That Care wurde in den späten 80er Jahren in den USA an der Universität Washington in Seattle, von J. David Hawkins und Richard F. Catalano (Social Development Research Group, SDRG), entwickelt.
Aus den international vorliegenden Langzeitstudien seit 30 Jahren Forschung über Entwicklungen bei Kindern und Jugendlichen stellt die SDRG diejenigen empirisch gesicherten Risiko- und Schutzfaktoren zusammen, aus denen sich in bestimmten Konstellationen die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung von Problemverhaltensweisen bei einem Kind bestimmen lassen.

Diese Auswertungen ergeben folgende Resultate:
Fünf jugendlichen Problemverhaltensweisen - Gewalt, Delinquenz, Schulabbruch, problematischer Drogen- und Alkoholgebrauch sowie frühe Schwangerschaften - liegen nicht jeweils unterschiedliche Risikofaktoren, sondern dieselben 19 Faktoren in unterschiedlicher Kombination zugrunde. Umso mehr Risikofaktoren ein Kind ausgesetzt ist, umso höher die Wahrscheinlichkeit von Problemverhalten (siehe Grafik 2 unten).

Schutzfaktoren wirken als Puffer bei Kindern und Jugendlichen und können auch bei starken Risikobelastungen ein Problemverhalten verhindern. CTC greift hier einen resilienztheoretischen Ansatz auf. Kinder können sich gesund entwickeln, wenn die Erwachsenen in ihrer Umgebung gesunde Auf-fassungen vermitteln und klare Verhaltensnormen anwenden. Kinder und Jugendliche übernehmen Normen und Auffassungen eher, wenn sie sich mit ihrer Familie, der Schule und der Nachbarschaft, bzw. dem Gebiet, in dem sie leben, stark verbunden fühlen. Sie müssen Chancen bekommen, einen sinnvollen Beitrag dazu zu leisten. Das setzt voraus, dass sie Fähigkeiten entwickeln können und Anerkennung für ihre Beteiligung erhalten. In diesem Prozess haben manche Kinder und Jugendliche mehr individuelle Eigenschaften mit schützender Wirkung als Andere. (Zum CTC-Modell der Schutzfaktoren siehe Grafik 3 unten: die „Soziale Entwicklungsstrategie“.)

Welche Instrumente werden bei CTC eingesetzt?

CTC geht von Faktoren aus, die im Lebensumfeld tatsächlich vorhanden sind, nicht von Problemen, von denen einzelne Akteure glauben, dass sie vorhanden sind. Die Risiko- und Schutzfaktoren in einem Gebiet werden zuerst anhand der CTC-Schülerstudie ermittelt. Diese Studie wird an einer repräsentativen Gruppe von Jugendlichen zwischen 12 und 18 Jahren in einer bestimmten Wohnumgebung durchgeführt. Auf Basis dieser Schülerstudie werden zuerst die unterschiedlichen Dimensionen jugendlichen Problemverhaltens und entsprechende Indikatoren aufgelistet.
Nach dieser Studie wird die Suche nach den lokalen Problemen und Ursachen mithilfe weiterer vorhandener Daten („Quellenbuch“) fortgesetzt. Das Quellenbuch bietet Möglichkeiten zum Vergleich von lokalen und nationalen Daten.
Aus dieser lokalen Problemanalyse werden Schlüsse über die Art und das Ausmaß des Problemverhaltens gezogen. Die Akteure im Gebiet sind nun in der Lage, einzelne diesem Verhalten zugrunde liegende Faktoren (sowohl Risikofaktoren als auch Schutzfaktoren) als vorrangig festzulegen. Die Jugend-Präventionspolitik in dem jeweiligen Gebiet konzentriert sich in den Folgejahren auf diese Prioritätsfaktoren.

Wenn die Probleme und die ihnen zugrunde liegenden Faktoren in einer Prioritätenliste aufgestellt wurden, gilt es, sie in Angriff zu nehmen. Im Rahmen von CTC erfolgt dies im Rahmen eines lokalen Aktionsplans:

  1. durch den Einsatz effektiver und erfolgversprechender Programme. CTC bietet eine Gesamtübersicht von präventiven Programmen, die in Deutschland in den verschiedenen Entwicklungsstadien (von der Schwangerschaft bis zum Jugendalter) und Bereichen (in der Familie, der Schule, im Freundeskreis oder im gesamten Gebiet) angewandt werden können. In Deutschland existieren derzeit nur wenige Studien, in denen aufgezeigt wird, welche Programme effektiv sind, um Schutzfaktoren zu verstärken und Risikofaktoren zu verringern. Deshalb entwickelt CTC klare Kriterien zur Feststellung, welche der bestehenden Programme effektiv und erfolgversprechend sind und welche dies nicht sind.
  2. durch die Weiterentwicklung der bestehenden Angebotsstruktur mittels Abstimmung auf die vorrangigen Faktoren und einer Qualitätsverbesserung durch die Orientierung an Standards für effektive Programme.

Die CTC-Gebiete erhalten bei der Einführung des Programms Unterstützung durch zertifizierte Coaches, die Fortbildungen und Schulungen über das Arbeiten mit CTC durchführen.

Wie läuft das Programm in der Praxis ab?

Für eine reibungslose Einführung von CTC auf lokaler Ebene müssen einige Mindestbedingungen erfüllt sein. Obwohl CTC stark auf die Charakteristiken eines Gebietes eingeht, muss jeder Standort denselben CTC-Prozess durchlaufen. Die Einführung der CTC-Strategie ist ein Prozess, der auf einer aktiven Teilnahme einer möglichst breiten „Koalition“ von Schlüsselpersonen, Organisationen, Behörden und Bewohnern in einem Gebiet aufbaut. An dem lokalen Veränderungsprozess sind mehrere Parteien beteiligt, jedenfalls aber eine Lenkungsgruppe und ein Gebietsteam.

  • Einige aktive Schlüsselpersonen bilden zusammen eine breit zusammengesetzte Lenkungsgruppe. Dabei handelt es sich um Akteure an einem Standort, die einen direkten Einfluss auf die Politik, die Zuweisung von Finanzen, die öffentliche Meinung, usw. haben. Die Lenkungsgruppe hat unter anderem die Aufgabe, ein Gebietsteam zu bestellen und zu unterstützen.
  • Das Gebietsteam ist die treibende Kraft hinter allen Anstrengungen von CTC. Es ist eine repräsentative Gruppe, die aus Vertretern des Schul- und Bildungsbereichs, der Kinder- und Jugendarbeit, des Gesundheitswesens, der Polizei, der Justiz, freier Träger, Sportvereine, Kirchengemeinden und lokaler Politik besteht. Das Gebietsteam hat die Aufgabe, den CTC-Prozess auszuführen und die Bewohner, Eltern und Jugendlichen darin einzubinden.

Es hat sich bewährt, wenn aus bestehenden Strukturen (Kommunale Präventionsräte, Stadtteilrunden etc.) heraus diese Gruppen eingerichtet werden oder diese CTC jeweils als einen Tagesordnungspunkt behandeln.
Der CTC-Prozess durchläuft insgesamt fünf Schritte oder Phasen. Die nächste Phase wird jeweils erst in Angriff genommen, wenn vorher festgelegte Meilensteine erreicht worden sind. Der Prozess dauert ca. 1,5 Jahre bis zum Ende von Phase 4. Die Phase 5 und die weitere Arbeit mit CTC als Monitoring- und Evaluationsinstrument (z.B. mit der Wiederholung des Schülersurveys alle 2 – 3 Jahre) ist zeitlich nicht begrenzt.
 

DIE PHASEN UND DIE DAZUGEHÖRIGEN ZIELE

Phase 1: CTC vorbereiten

  • Die Einbindung einer begrenzten Anzahl von Personen/Organisationen in CTC
  • Die Definition von Rahmenbedingungen für eine gut verlaufende Einführung von CTC
  • Der Überblick über die Faktoren des jeweiligen Viertels, die den CTC-Prozess beeinflussen können
  • Die Vorbereitung der CTC-Schülerumfrage

Phase 2: CTC einführen und Rückhalt für CTC schaffen

  • Die Durchführung der CTC-Schülerumfrage
  • Die Zusammensetzung und Gründung einer CTC-Lenkungsgruppe
  • Die Zusammensetzung und Gründung eines CTC-Gebietsteams
  • Die Information und Einbindung des betreffenden Gebietes in den CTC-Prozess

Phase 3: CTC-Gebietsprofil erstellen

  • Das Sammeln und Analysieren von Daten über Problemverhalten, Risikofaktoren und
  • Schutzfaktoren im Gebiet
  • Das Priorisieren der Risikofaktoren und der Schutzfaktoren
  • Die Beschreibung und Analyse der bestehenden präventiven Programme und Aktivitäten
  • in dem Gebiet
  • Die Erstellung eines CTC-Gebietsprofils

Phase 4: CTC-Aktionsplan erstellen

  • Die Ziele, die die CTC-Strategie im Hinblick auf Problemverhalten, Risikofaktoren und
  • Schutzfaktoren langfristig erreichen will, sind formuliert
  • Es wurde ein Plan erstellt, in dem Programme/Einrichtungen in dem Gebiet ein integriertes Angebot bereitstellen, um die Risikofaktoren abzuschwächen und die Schutzfaktoren zu verstärken
  • Rückhalt für den CTC-Präventionsplan schaffen

Phase 5: CTC-Aktionsplan einführen

  • Die Schaffung einer Organisationsstruktur für den CTC-Prozess, die die Einführung des CTC-Aktionsplans unterstützt
  • Die Durchführung von Evaluationen und die Nachbesserung des CTC-Aktionsplans
  • Die langfristige Sicherung des Rückhalts für den CTC-Prozess an dem Standort
     

Welche Wirkungen sind zu erwarten?

Die CTC-Strategie bietet eine maßgeschneiderte Rahmenstrategie, in dem sich alle Beteiligten gemeinsam dafür einsetzen, Probleme, Anforderungen, Programme, Initiativen und Studien aufeinander abzustimmen. Jeder Standort, der die CTC-Methode anwendet, kann so verschiedene Programme und Aktivitäten einsetzen, um eine positive Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu fördern. Welche Programme und Aktivitäten dies sind, hängt von der soziokulturellen Geschichte des Gebiets und dem jeweiligen Profil ab.

CTC geht davon aus, dass in vielen Gebieten schon Maßnahmen zur Zusammenarbeit im Bereich von Kindern und Jugendlichen verfolgt wurden und werden. Die Strategie baut deshalb so viel wie möglich auf bestehenden, zusammenarbeitenden Teams, erstellten Plänen, vorhandenen Strukturen, Datenprofilen, Programmen und Aktivitäten des Gebietes auf. Eine der Stärken von CTC ist, dass es einen verbindlichen Rahmen bietet, um die verschiedenen Aktivitäten zur positiven Entwicklung von Kindern und Jugendlichen an einem Standort miteinander zu verbinden.

    Das amerikanische Office of Juvenile Justice and Delinquency Prevention (OJJDP) fasst die Ergebnisse von CTC in seinem jährlichen Bericht an den Kongress so zusammen:
    „Verglichen mit der Situation vor der Einführung von CTC haben die Einrichtungen ihre Zusammenarbeit verstärkt; gibt es weniger Überschneidungen im Einrichtungsangebot; verläuft die Zuweisung von Mitteln koordinierter; gibt es eine bessere Abstimmung der Mittel bei der Planung des Angebots von Präventionseinrichtungen; sind die Präventionsaktivitäten besser auf Risikofaktoren und Schutzfaktoren abgestimmt, was zu einer strategischeren Herangehensweise führt; werden häufiger erprobte, vielversprechende Ansätze genutzt; und werden jene Personen, die beruflich in diesem Feld arbeiten, aber auch die Jugendlichen und andere Bürger, stärker in die präventiven Aktivitäten eingebunden.“

Evaluationsstudien über den Einsatz von CTC (in den USA, in Großbritannien und den Niederlanden, mittlerweile wurde CTC auch in Australien und Kanada eingeführt) bestätigen die Wirksamkeit der gewählten Methoden und Instrumente.
Die durch CTC zu erwartenden Innovationen für die sozialräumliche Arbeit mit Kindern und Jugendlichen können so zusammengefasst werden:
Mit CTC wird den Standorten ein Instrument in die Hand gegeben, ihre bestehenden Aktivitäten auf der Basis neuer wissenschaftlicher Untersuchungsmethoden weiter zu entwickeln, indem:

  1. ein auf Sozialräume bezogenes Profil bestehender Risiko- und Schutzfaktoren für jugendliches Problem-verhalten erstellt wird (Schülersurvey)
  2. die bestehenden Netzwerke und Arbeitsstrukturen durch CTC-Trainings qualifiziert werden, mit dem datengestützten Verfahren gut umzugehen und ihre Zusammenarbeit durch ein geteiltes strategisches Handlungsprogramm weiter zu intensivieren
  3. analysierte Lücken vor Ort durch passgenau auswählbare und geprüfte Programme geschlossen werden können. Bestehende Angebotsstrukturen können weiter entwickelt werden und ein strategisches Monitoring der Angebote kann etabliert werden.
     

2) Das Modellvorhaben in Niedersachsen: SPIN

Das Niederländische Jugendinstitut (NJI) hat in den vergangenen Jahren CTC an die niederländische, bzw. europäische Situation angepasst. Der Landespräventionsrat Niedersachen wird in den kommenden Jahren in Kooperation mit der LAG Soziale Brennpunkte Nds. e.V. eine Adaption für bundesdeutsche Verhältnisse vornehmen und CTC in einem Modellversuch an drei Standorten in Niedersachsen testen. Diese Modellphase läuft unter dem Projektnamen „SPIN – Sozialräumliche Prävention in Netzwerken“ von 2009 – 2011.

Steuerung auf Landesebene:

Die modellhafte Implementierung von CTC wird auf Landesebene von einem Lenkungskreis begleitet. In diesem sind der Landespräventionsrat Niedersachsen und die LAG Soziale Brennpunkte Nds. e.V. vertreten, die Niedersächsische Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände sowie folgende Landesministerien:

  • Niedersächsisches Justizministerium
  • Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit
  • Niedersächsisches Kultusministerium
  • Niedersächsisches Ministerium für Inneres, Sport und Integration

Das Projekt SPIN wird durch die Fachhochschule Köln, Fachbereich Sozial Raum Management extern evaluiert und wissenschaftlich begleitet. Das arpos institut Hannover führt den Schülersurvey aus.

Standorte:

Die drei Modellstandorte (Landeshauptstadt Hannover, Stadt Göttingen und Landkreis Emsland) stellen jeweils eine lokale Projektkoordination sicher. CTC wird an den einzelnen Standorten jeweils in bestimmten Stadtteilen oder Gemeinden in andere institutionelle Kontexte eingebunden und unter verschiedenen Rahmenbedingungen auf seine Übertragbarkeit getestet. Die Standorte sorgen dabei für klare Bezüge zur allgemeinen Jugendpolitik und –arbeit vor Ort.

GRAFIK 1

Communities That Care – CTC auf einen Blick

Gegenstand Mit einem integrierten Handlungsansatz jugendliches Problemverhalten reduzieren:
  • Gewalt
  • Kriminalität
  • problematischer Drogen- und Alkoholgebrauch
  • frühe Schwangerschaften
  • Schulabbruch
  • Depressionen und Ängste
Hintergrund
  • Empirisch gesichertes Wissen über die Auswirkungen von Risiko- und Schutzfaktoren für die Entwicklung von Problemverhaltensweisen
  • Forschung über die Wirksamkeit und Effektivität von Präventionsprogrammen
Handlungsansatz
  • Ermittlung der am schwersten wiegenden Risikofaktoren und der am schwächsten ausgebildeten Schutzfaktoren in einem Gebiet
  • gleichermaßen Einbeziehen der Handlungsbereiche Familie, Gleichaltrige, Schule und Stadtteil/ Gebiet
  • Einrichtung einer lokalen Projektkoordination
  • Einbindung von relevanten Schlüsselpersonen
  • Aufbauen auf vorhandenen Netzwerk- und Kooperationsstrukturen
  • Weiterentwicklung und Koordination bestehender Handlungsansätze
Instrumente / Methoden
  • Repräsentativer Schülersurvey zur Ermittlung der bestehenden Risiko- und Schutzfaktoren in einem Gebiet
  • Einbeziehung vorhandener Daten der Kommune
  • Schulungen und Fortbildungen durch zertifizierte Trainer
  • Ablauf in definierten Phasen mit festgelegten Meilensteinen und überprüfbarer Zielerreichung
  • Entwicklung lokaler Aktionspläne
  • Einsatz von überprüften Programmen
  • Monitoring und Evaluation der Umsetzung
Ergebnisse / Wirkungen
  • Verbesserte Zusammenarbeit von Einrichtungen, Projekten, Akteuren
  • Verbesserte Abstimmung von Angeboten, bessere Ausrichtung der Angebote auf Zielgruppen
  • Entwicklung einer langfristigen, abgestimmten und überprüfbaren Entwicklungsstrategie an den Standorten
  • Zurückdrängung von Risikofaktoren, Stärkung von Schutzfaktoren

GRAFIK 2: Risikofaktorenmatrix

 

Grafik Risikofaktoren

© SAMHSA/NIZW Der Zusammenhang zwischen Risikofaktoren und Problemverhalten bei Jugendlichen, 1997: Jeder Haken bedeutet, dass mindestens zwei wissenschaftliche Längsschnittstudien den Zusammenhang bestätigen.

GRAFIK 3: Schutz aufbauen – die „Soziale Entwicklungsstrategie“

Grafik