Gemeinwesenarbeit als Instrument neoliberaler Politik?

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– Kritische Reflexion von Theorie und Praxis der Gemeinwesenarbeit


Kontakt:

Prof. Dr. Sabine Stövesand, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Fakultät Wirtschaft und Soziales, Alexanderstr. 1, 20099 Hamburg, Email: sabine.stoevesand@sp.haw-hamburg.de

Sabine Stövesand, Prof. Dr., langjährige Frauenhausmitarbeiterin sowie Geschäftsführerin der GWA St.Pauli-Süd e.V., lehrt an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg Soziale Arbeit mit den Schwerpunkten Gemeinwesenarbeit, soziokulturelle Arbeit und Geschlechterforschung.

Dieser Text ist Teil der Online-Dokumentation der (letzten?) 14. GWA-Werkstatt im Burckhardthaus Gelnhausen, 17.-20.09.2007.


Mir geht es im Folgenden darum, erstens einzuschätzen, ob GWA heute eigentlich noch als kritische Instanz funktioniert oder ob sie nicht im Gegenteil mit dem stattfindenden Umbau und Abbau des Sozialstaats kompatibel ist. Zweitens möchte ich eine Schnittstelle herstellen oder vielleicht besser, eine Brücke schlagen zu der Debatte um neoliberale Gouvernementalität, die im akademischen Feld in den letzten Jahren recht intensiv geführt wird, und m. E. zum Verständnis aktueller politischer Programmatiken und der Rolle von lokalen Gemeinwesen und zivilgesellschaftlichen Akteuren hilfreich ist. Es geht also um einen Blick über den Tellerrand, damit Entwicklungen im eigenen Bereich besser eingeordnet werden können.

Zu Beginn der diesjährigen Tagung hat Tilo Klöck über die Traditionen von Gemeinwesenarbeit gesprochen. Als Bezugspunkte nannte er außer den Settlements vor allem Arbeiter- und Bürgerrechtsbewegungen bis hin zu den Black Panthers. Ergänzen möchte ich, dass GWA noch andere Wurzeln hat. Die systemkritischen und konfliktorientierten Ansätze sind nur die halbe historische Wahrheit. Verwiesen werden muss auch auf die staatstragend-harmonisierenden bzw. pragmatisch-manageriellen Strömungen innerhalb der GWA. Laut Silvia Staub-Bernasconi existieren sogar drei Entwicklungsstränge. Demnach steht GWA „erstens in der Tradition des ‚geplanten Wandels von oben' mittels gesellschaftlicher und institutioneller Träger und eingesetzter wissenschaftlicher ExpertInnen und PlanerInnen; zweitens in der Tradition der ‚sozialen Mobilisierung von unten', zusammen mit GW-ArbeiterInnen, die sich als (professionelle) BefähigerInnen und MitstrukturierInnen von Organisationskompetenz verstehen und drittens in der Tradition ‚sozialen Lernens', die professionelle Praktiker als PartnerInnen der Mitglieder von Gemeinwesengruppen definiert" (2002: 12) gegenüber standen. Aber selbst wenn GWA stets eine ausschließlich kritische Methode gewesen wäre, ist die Frage, ob sie heute noch so funktionieren kann (vgl. Stövesand 2007).

Für mich persönlich war Gemeinwesenarbeit lange Zeit quasi ein Synonym für den emanzipatorischen Ansatz Sozialer Arbeit. Dieses GWA Verständnis wurde praktisch gestützt und genährt durch die besonderen Bedingungen des Stadtteils, in dem ich gearbeitet habe. In St. Pauli gibt es eine ausgeprägte, widerständige politische Tradition und eine breite Vernetzung von selbstbewussten StadtteilaktivistInnen, insbesondere durch die jahrzehntelange Auseinandersetzung um die besetzten Häuser der Hafenstraße.

Mittlerweile jedoch hat sich die Situation im Stadtteil dahingehend verändert, dass die Hafenstraßenhäuser legalisiert und renoviert sind und die Geschichte des Protests eher zum Imagefaktor eines „irgendwie echt lebendigen" Viertels geworden ist. Das Viertel selber wird zunehmend schick und teuer. Kürzlich wurde das Gebiet um die Reeperbahn zum Innovationsquartier und „Business Improvement District" ausgerufen. Früher schmuddelig und vernachlässigt, werden heute schicke Theater bespielt, Punker und Obdachlose vertrieben und Überwachungskameras installiert. Die Kommerzialisierung des St. Paulis schreitet schnell voran und gigantische, teure Neubauprojekte verändern und bestimmen zunehmend seinen Charakter.

Was die GWA betrifft oder sagen wir eher, ihre zentralen Begrifflichkeiten (Vernetzung, Aktivierung, Empowerment, Partizipation, Sozialraumorientierung) so erleben auch sie einen Aufschwung und haben ihre Randständigkeit verloren. Man muss kaum jemanden mehr von der Bedeutung der lokalen Gemeinwesen überzeugen. Und das erscheint mir ebenso so zwiespältig und besorgniserregend wie die Entwicklung im Stadtteil selbst.

Ein Grund liegt darin, dass den benachteiligten Quartieren und ihren BewohnerInnen, in Hamburg unter dem Label der „Aktiven Stadtteilentwicklung" (früher: „soziale Stadtteilentwicklung"), immer mehr Verantwortung für die Stabilisierung und Verbesserung der lokalen Verhältnisse zugeschrieben wird, während die zur Verfügung gestellten Mittel recht bescheiden bleiben. Gerade auch wenn man das mit dem vergleicht, was in Hamburg für einzelne Leuchtturmprojekte wie die Elbphilharmonie ausgegeben wird (39 Millionen Euro für den Zeitraum von 2005 bis 2008 gegenüber 77 Millionen). Die eine oder andere Million mehr für die Stadtteilentwicklung würde aber auch nicht auffangen, was übergreifende Politiken wie die Demontage der sozialen Sicherungssysteme, die Deregulierung des Arbeitsmarktes oder die Kommodifizierung im Wohnungssektor anrichten.

Es ist wichtig, sich klarzumachen, dass Formen und Funktion sozialarbeiterischer Handlungskonzepte nicht unabhängig von politisch-ökonomischen Realitäten und Rationalitäten existieren. Aktivierung, Beteiligung und Sozialraumorientierung bedeuten heute nicht dasselbe wie zu Anfang der 1970er Jahre. Schon 1980 Boulet, Krauss und Oelschlägel fest:

"Die angewandten Methoden ähneln sich sehr, die Stoßrichtungen im gesellschaftlich-strategischen Sinne stehen sich diametral gegenüber" (S. 23).

Das gilt heute umso mehr. Methoden und Begriffe haben mittlerweile eine Art „Doppelleben" entwickelt. So sprachen Tilo Klöck und Stefan Gillich zu Beginn der Tagung mehrfach davon, dass nicht überall, wo heute „GWA" draufsteht, auch GWA drin ist. Sehr aufschlussreich fand ich in diesem Zusammenhang, dass diese Abkürzung verschiedentlich auch von Agenturen und Arbeitsgemeinschaften synonym für „Gemeinwohlarbeit" benutzt wird. Darauf hatte Maria Lüttringhaus (2004) vor einiger Zeit hingewiesen. Gemeinwohlarbeit/GWA ist ein neuerer Ausdruck für gemeinnützige öffentliche Beschäftigungsverhältnisse, die für Arbeitslose, insbesondere für solche unter 25 Jahren, im Zuge von Hartz IV angeboten bzw. ihnen aufgezwungen werden. Das bringt, so könnte man es sehen, die aktuellen Transformationen auf den Punkt: Eine einst als emanzipativ gedachte Methode zur Aktivierung von Menschen auf freiwilliger Basis, die auf die Unterstützung kollektiver Veränderungen benachteiligender Lebenssituationen gerichtet war, ist begrifflich nicht mehr unterscheidbar von der staatlichen Zuweisung von Tätigkeiten, deren Ablehnung zum Verlust des Existenzminimums führt, und die gleichzeitig die Lücken füllen sollen, welche u. a. durch den vorherigen Sozialstaats- und Stellenabbau entstanden sind.

Die Konjunktur von Sozialraumorientierung und Bürgerbeteiligung verläuft, wie wir schon länger beobachten, bemerkenswert parallel zum Abbau und zur Privatisierung staatlicher Leistungen und dem Erstarken neoliberaler Konzepte. Bürgerengagement und nachbarschaftliche Netzwerke werden tendenziell zu Ausfallbürgen des Wohlfahrtstaats gemacht. Diese Entwicklung führt sukzessive zu einer Verlagerung der Verantwortung für die „Lebensbewältigung" (Böhnisch) von einem übergreifenden sozialstaatlichen Gemeinwesen auf die Subjekte und ihr engeres soziales Umfeld. Kollektive Risiken werden zunehmend individualisiert. Neuere Untersuchungen z.B. von Fabian Kessl arbeiten heraus, wie die Verfügung über Ressourcen zur Privatsache, „das heißt in die Nahräume von Familie und informellen sozialen Netzwerken überwiesen" wird (2005: 142, Hervh. i.O.). Festgestellt wird ein sich abzeichnender Paradigmenwechsel von der „aktiven Sozialstaatsorientierung hin zur aktivierende(n) Sozialraumorientierung" (Kessl/Otto 2005:59). Stefan Lanz kommentierte das bereits vor einigen Jahren folgendermaßen:

„In einer solchen Situation stehen die lokale Fixierung von sozialen Strategien und die Mobilisierung nicht-staatlicher Potentiale in Verdacht, die neo-liberale Politik zu unterstützen." (Lanz 2000: 45). 

Ausbildung von Handlungsfähigkeit als Element von Herrschaft?

Unterstützung neoliberaler Politik ist vermutlich nicht gerade das, was zumindest die in Gelnhausen versammelten GWAlerInnen zum Arbeitsziel erkoren haben. Man wird also gezwungen, sich zu fragen:

Wie können dieselben Begriffe und Vorgehensweisen einerseits von emanzipatorischen Bewegungen genutzt werden und in fortschrittlichen Konzepten Sozialer Arbeit auftauchen und gleichzeitig zum Vokabular offizieller Regierungsprogramme gehören? Können die Unterstützung von Selbsthilfe und die Stärkung lokaler Netzwerke ein Instrument neoliberaler Regierungspraxis sein? Kann es sein, dass die Ausbildung von Handlungsfähigkeit und Eigentätigkeit heute verstärkt als Element von Herrschaft funktioniert?

Antworten, zumindest Anregungen bietet hierzu die Debatte, die im Rahmen der Gouvernementalitätsstudien quer über verschiedene Disziplinen - von Politik- über Sozial- und Erziehungswissenschaften bis hin zu Philosophie und Kunst - geführt wird. Sie gehen auf den französischen Philosophen Michel Foucault zurück.

Worum geht es dabei? Der Begriff Gouvernementalität verbindet zwei Aspekte:

Einmal ein sehr breites Verständnis von regieren (gouverner), das ganz allgemein die verschiedenen Arten meint, wie Menschen auf das Handeln anderer und auch auf ihr eigenes Verhalten einwirken. Es geht also sowohl um Techniken der Fremdbestimmung wie auch der Selbstbestimmung - und damit um sehr viel mehr als nur die institutionalisierten politischen Regierungsformen, wie das Merkel Kabinett.

Zum anderen ist das Wort „mentalité" darin enthalten. Gouvernementalität bezieht sich damit auch darauf, wie über Regieren nachgedacht wird. Also auf politische Rationalitäten, die ihrerseits Reaktionen auf historisch jeweils aktuelle Probleme des Regierens darstellen. Diese Rationalitäten schlagen sich nieder in der Art, wie Regierungsziele und -programme formuliert werden.

Die jeweiligen Argumentationsmuster, Bearbeitungs- und Lösungsstrategien entfalten sich in Abhängigkeit von einem bestimmten historisch verfügbaren Wissen und von politischen, ökonomischen und technischen Bedingungen. So war früher der Klimawandel kein Thema, dafür war aber die Pest etwas, auf das man reagieren musste und zwar mit den Mitteln und innerhalb der Interessenkonstellationen der damaligen Zeit. Oder: noch vor einigen Jahren galten Arbeitslose als Opfer der Gesellschaft, heute hingegen als Leute, die lieber den ganzen Tag vor der Glotze hängen und sich nicht genug bemühen. Die wissenschaftlichen Begleittheorien dazu sind nicht mehr die strukturell, sondern die individuell orientierten.

Der Begriff Gouvernementalität umfasst also die Wechselseitigkeit von Machttechniken (Macht verstanden als Fähigkeit, das eigene und das Handeln anderer zu bestimmen) und Wissensformen bzw. politischen Programmen.

Mit Gouvernementalisierung bezeichnet Foucault insgesamt einen Prozess, in dessen Verlauf sich der Staat seit dem 16., insbesondere aber seit dem 18. Jahrhundert immer weiter vor verlagert, so dass das Regieren sich nicht mehr nur an staatlichen Institutionen festmacht, sondern zunehmend an zivilgesellschaftlichen Instanzen und an Praxen der Selbstführung oder Selbstbestimmung - sich also in die Individuen selbst hineinverlagert (Foucault 2000b: 69). Im Verlauf dieser Entwicklung verlieren die staatlichen Machtmechanismen an Rigidität, vervielfältigen und verändern sich. „Regierung" operiert nicht mehr nur mit expliziten oder indirekten Verboten, mit Autorität und Repression, sondern mit der Erfindung und Förderung von Selbsttechnologien, die an Regierungsziele gekoppelt sind (Bröckling/Lemke/Krasmann 2000: 29). Im neoliberal geprägten Staat ist diese Entwicklung besonders ausgeprägt.

Regieren heute funktioniert in immer stärkerem Maße über die Einbeziehung nicht-staatlicher Akteure, von Wohlfahrtsverbänden über NGOs bis zu Nachbarschafts- und Selbsthilfeinitiativen sowie von „autonomen", selbstverantwortlichen Subjekten. Das vollständige Einbringen der eigenen, individuellen "Humanressourcen" und die Selbstformung zur "Ich-AG" werden zu zentralen Elementen in der Transformation des Sozialstaates und der ökonomischen Regulationsweise.

Es wird in der Literatur von einem "Regieren über Freiheit" gesprochen (Krasmann 1999). Sein Kennzeichen ist die Einbindung der Eigentätigkeiten der Menschen in ein neues staatliches Regierungskonzept, ob in der Form der sich selbst aktiv vermarktenden Arbeitslosen oder der engagierten Stadtteilaktivistin. Diese Form ist nicht voraussetzungslos und gewinnt im Kontext einer historisch-genealogischen[1] Betrachtung, wie Foucault sie vornahm, an Konturen. Das jetzt genau auszubuchstabieren führt zu weit.

Vielleicht nur so viel, dass Foucault davon ausgeht, dass die pastoralen Führungstechniken des Christentums in früheren Jahrhunderten Subjektivierungsweisen ausarbeiteten, also Selbstkonzepte, nach denen Individuen sich formen und geformt werden, auf denen dann der moderne Staat und die kapitalistische Gesellschaft historisch aufbauten (Lemke 1997: 157). Die Pastoralmacht ist eine Form der Macht, so Foucault, welche "die Existenz der Menschen in allen Details und in ihrer gesamten Entwicklung von der Geburt bis zum Tod in Beschlag nehmen will, und zwar um sie zu einer bestimmten Weise des Verhaltens, zu ihrem Seelenheil zu zwingen" (Foucault 2003c: 691). Die Kirche verknüpfte die Erlangung des Heils mit der Notwendigkeit, dass jede/r sich in jedem Lebensaspekt und lebenslang gleichzeitig selbst regieren und durch eine christliche Autorität lenken lassen müsse. Hier haben wir die Verbindung von Selbst- und Fremdbestimmung.

Die Menschen wurden dazu angehalten ihr Selbst „unter der Perspektive von Prinzipien zu problematisieren" (Masschelein 2003: 138). Als Instrumente dienten Gewissenslenkung, Selbstprüfung und das Geständnis, welches die Individuen dazu verpflichtete, die Wahrheit zu sagen. Dies wiederum bot dem Hirten Ansatzpunkte für Einwirkung und Führung, d.h. die Individuen konnten mittels ihrer Wahrhaftigkeit gelenkt werden und "die Wahrheit der verborgenen Seele" (Foucault 2004 a: 267) wurde zum Element des Gehorsams gemacht. Da die Versuchung durch das Böse als permanent und allgegenwärtig gedacht wurde, wurden die Menschen kontinuierlich und schon im Vorfeld von Handlungen dazu angehalten, ihre Gedanken und Wünsche zu erforschen und zu korrigieren.

Nachvollziehbar wird anhand dieser Überlegungen, dass Selbst- und Fremdführung keine Gegensätze bilden, sondern sich ergänzen. Das Gebot, dass man sich Autoritäten - dazu gehören auch SozialarbeiterInnen - zu offenbaren hat, ist ebenso in der westlich-christlichen Kultur verankert wie die Prämisse, dass man über eigenständige Handlungsmöglichkeiten verfügt, um das Böse abzuwenden - und bei Unterlassung dafür verantwortlich gemacht zu werden.

Heutzutage, so könnte man es sehen, sind vor allem SozialarbeiterInnen dafür zuständig, Menschen darin zu unterstützen, sich selbst zu regieren (Aktivierung, Bewusstwerdung, Empowerment) und der Entstehung „des Bösen", sprich, von Problemlagen, wie z. B. der Drogensucht schon im Vorfeld zu begegnen (Prävention). Damit kommen die Individuen gleichzeitig ihren BürgerInnenpflichten nach, dienen dem Gemeinwohl und entlasten den Staat (Stichwort: Selbstverantwortung).

Damit sind wir wieder bei den aktuellen Entwicklungen und der neoliberalen Gouvernementalität.

Foucault thematisierte den aufkommenden Neoliberalismus am Beispiel des in den 1920er Jahren vom so genannten „Freiburger Kreis" entwickelten Ordoliberalismus und an der „Chicago School". Diese Konzepte sind auch heute noch von Interesse, denn ihre unterschiedlichen Ausrichtungen finden sich aktuell einerseits im sogenannten „Dritten Weg", den die europäischer Sozialstaaten bei ihren Reformen einschlagen (vgl. Autor ??? Redaktion Theorie und Praxis Sozialer ArbeitTUP 8 /2001, also Schröder und Blair: 283 – 291) und andererseits dem US-amerikanischen Gesellschafts- und Wirtschaftsmodell wieder.

Der Ordoliberalismus vertritt ein anti-naturalistisches Konzept des Marktes, d.h. der Markt regelt sich nicht von alleine durch das Spiel der Kräfte. Marktfreiheit und Konkurrenz müssen in dieser Sicht durch juristische, institutionelle und kulturelle Maßnahmen gesichert (nicht: begrenzt) werden. Auch soziale Interventionen sind vorgesehen, allerdings nicht, um soziale Verwerfungen abzumildern, sondern Primat hat das Funktionieren des Marktes (vgl. Foucault 2004b/1979: 202). Der Wettbewerbsfreiheit des Marktes sollte eine Kultur entsprechen, die alle Lebensaspekte als Verfolgung einer Reihe von unterschiedlichen Unternehmungen neu entwirft. Kein Abhängen mehr, alles - auch die Freizeit - will effektiv gestaltet bzw. gemanagt werden.

Während der Ordoliberalismus die Sphären des Sozialen und der Ökonomie als miteinander vermittelt sieht, also nicht in eins setzt, postuliert die US-amerikanische Tradition das Soziale bloß als eine Form des Ökonomischen. Die ökonomische Rationalität taugt demzufolge zur Analyse aller Aspekte des menschlichen Verhaltens und zum Entwurf politischer Richtlinien und sollte auf alle Gesellschaftsbereiche, ob Familie oder Kriminalität ausgeweitet werden. Das Konzept des „Homo oeconomicus" feiert seine Wiederauferstehung. Allerdings in einer neuen Variante: Nicht mehr der tauschende Mensch als Teil einer Transaktion zwischen Partnern wie in klassisch liberalen Vorstellungen ist gemeint, sondern er gilt als „Unternehmer und zwar ein Unternehmer seiner selbst [...], der für sich selbst sein eigenes Kapital ist, sein eigener Produzent, seine eigene Einkommensquelle" (ebd: 314). Bildung und Sorgetätigkeiten werden in dieser Logik zu Investitionen in Humankapital, und insofern legitim, als sie Wert und Leistungsfähigkeit der Subjekte steigern (ebd.: 319). 

Hallo Community – Tschüs Gesellschaft?

Im Neo-Liberalismus hört die Regierung auf, eine Regierung von Gesellschaft zu sein, denn sie sieht ihre Aufgabe nicht mehr darin, die Trennung zwischen öffentlichem und privatem Sektor aufrechtzuerhalten (oder zumindest den Anschein). Prinzipien und Funktionsweisen des Marktes sollen in dieser Perspektive alle gesellschaftlichen Sphären reformieren, Institutionen und Individuen werden angeleitet, die Werte und Orientierungen des Marktes zu übernehmen und zu verinnerlichen. Als Lösung für die Probleme des Wohlfahrtstaates werden künstlich Märkte geschaffen. Im Kontext neoliberaler Politik stellt der Staat z. B. nicht mehr einfach Zugang zu Job-Trainings, Arbeitsvermittlungsagenturen etc. her, sondern er kreiert über „Job-Gutscheine" Märkte im Bereich dieser Dienstleistungen. Zunächst haben die Individuen ihre „Konsumentenfreiheit" wahrzunehmen, bevor sie Unterstützung dafür erhalten, die Freiheit auszuüben, ihre Ware Arbeitskraft zu verkaufen. Die Logik des Marktes, des Geschäftemachens und Unternehmertums überformt alles andere. Das ist übrigens auch auf dieser Werkstatt an dem workshop zum „Marktplatz" zu sehen.

Begleiterscheinung ist eine Sichtweise, in der solidarische Sozialsysteme als überflüssig und sogar als kontraproduktiv gelten, da sie die Eigentätigkeit der Individuen blockieren. Das Soziale wird als einheitlicher, alle Schichtungen überwölbender Raum mehr und mehr aufgelöst und entsprechend gelten Individuen weniger als Sozialbürger mit gleichen, garantierten Rechten, denn als autonome, selbstverantwortliche Subjekte.

Der seit einigen Jahren rege Community-Diskurs verweist darauf, dass das Soziale als übergreifende Struktur zugunsten der Gemeinschaft als neuer Ebene, auf der mikro-moralische Beziehungen zwischen Personen begrifflich gefasst und verwaltet werden, in den Hintergrund rückt. Gesellschaft wird zunehmend, so Nicholas Rose (2000), als etwas bestimmt, das in eine Vielzahl von unterschiedlichen bis unverträglichen Überzeugungs-, Werte- und kulturelle Gemeinschaften mit bestimmten Bindungen und Verpflichtungen zerfällt (ebd.: 79ff).[2] Der Einzelne erscheint als von der Ordnung gesellschaftlicher Bedingungen losgelöst und existierende soziale Beziehungen, sowie die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, werden instrumentalisiert. In der Konsequenz zeichnet sich folgendes ab:

„Gerechtigkeitsstandards werden sukzessiv durch partikularistische Formen der Gemeinschaftssolidarität und Barmherzigkeitsformen substituiert." (Maaser 2003: 32).

Gleichzeitig ergänzt die Rede von Gemeinschaft und Gemeinsamkeit den mit eher technischen, amoralischen Begriffen operierenden Marktdiskurs (Rose 2000: 79). „Community" wird mit Familie und kleinräumigen sozialen Zusammenhängen, Wärme, Sicherheit und Geborgenheit assoziiert, was in einer Welt, die Unsicherheit und Konkurrenz zum grundlegenden Zustand gemacht hat, umso höher im Kurs steht (Bauman 2001: 1, 118). Das Regieren mittels community flankiert und korrigiert das neoliberale Regieren über den Markt und stellt der schnöden Moral des unternehmerischen Selbst eine auf Gegenseitigkeit beruhende Gemeinschaftsethik zur Seite (Bröckling 2005 o.S.). Gleichzeitig birgt sie eine permanente Forderung an die Individuen, denn Gemeinschaft ist stets auch etwas, das erst zustande gebracht und kontinuierlich gepflegt werden muss.

Insgesamt agiert der Staat in einer „Regierung aus der Distanz" (Miller/ Rose 1994). Zu den Technologien dieser Regierungsweise zählen im engeren und weiteren Bereich staatlicher Leistungserbringung Budgetgrenzen, nationale Standards und Leitbilder genauso wie Zielvereinbarungen und Erfolgskontrollen. Selbstüberprüfung der Akteure – ob in der Verwaltung oder bei kleinen freien Trägern - ist ein zentrales Steuerungselement, die Regeln dafür werden allerdings vorgegeben. Damit schließen die neuen Technologien des Regierens an die weiter oben erwähnten Traditionen des christlichen Pastorats an.

Einerseits werden Kontrakte vereinbart, Partnerschaften verhandelt und geschlossen, Handlungsfähigkeit, Wahlmöglichkeiten und Freiheit von Individuen und Organisationen, unterstützt. Andererseits werden Normen und Standards gesetzt, benchmarking und Qualitätskontrollen eingeführt, um Verhalten zu messen, zu beurteilen.

Die Rolle nicht-staatlicher, sozialer Akteure, sowohl der Individuen, der lokalen Gemeinschaften als auch von Organisationen verschiedener Art, wird insgesamt aufgewertet. Unter der Gouvernementalitätsperspektive betrachtet, handelt es sich dabei jedoch nicht um einen Herrschaftsverzicht. Eher geht es um eine Veränderung herrschender Regierungsweisen, die sich in einer Verschiebung des Verhältnisses zwischen Fremd- und Selbstführung ausdrückt. Regiert wird über bürgerschaftliche Technologien (Cruikshank 1999), wie Empowerment oder die Förderung von Beteiligung sowie mittels der Operationalisierung der Fähigkeiten und Ressourcen von Individuen, Vereinigungen, Bewegungen und Gruppen. Deren kritischere Impulse prallen dabei in der Regel an „Bussi-Bussi-Wänden" (Schenk 2000: 63) ab bzw. werden umarmend aufgenommen und umgeformt.

Man sah das z.B. an der rot-grünen Regierungskoalition, die das Konzept des „aktivierenden Staates" zur sozialpolitischen Leitvorstellung erhoben hat. Dabei geht es immer um mehr Eigenverantwortung und das „heißt nicht nur, mehr Rechte zu haben, sondern auch mehr Pflichten. Diese Pflichten muss die Gemeinschaft durch den Staat auch einfordern können. Fördern durch Fordern soll dabei ein grundlegendes Prinzip werden." (SPD Programmkommission 2001: 88, Hervh. S.St.).

An der öffentlichen Verantwortung für die „Gestaltung und Sicherstellung der Solidargemeinschaft" wird zwar (noch ?) festgehalten, zur Disposition steht aber, „welche Risiken des Einzelnen und der Gesellschaft solidarisch gesichert werden sollen" (ebd.). Bei den Grünen/Bündnis 90 klingt Ähnliches etwas dynamischer - der Sozialstaat wird um „Bewegungsangebot" stilisiert: "Ich mache mit, ich bewege mich, ich entwickle mich für und mit dem Ganzen, denn jeder und jede, die kann, soll einen Beitrag für die Gesellschaft leisten. Ein Angebot für jeden meint Chance und Pflicht zugleich, Verantwortung für das eigene Leben wahrzunehmen und für die Gesellschaft." (Göring-Eckhardt/Dückert 2003:1, Hervh. S.St.).

An den Zitaten wird deutlich, dass dieses Angebot von den „AktivbürgerInnen" nicht einfach abgelehnt werden kann. Die darin ausgedrückte, gesellschaftlich immer dominanter werdende Vorstellung einer Symmetrie von Rechten und Pflichten verabschiedet ein (Menschenrechts)Prinzip, wonach jeder Mensch grundsätzlich und voraussetzungslos als Träger von Rechten anzuerkennen ist. Die geforderte Eigenverantwortung ist umfassend und bezieht sich sowohl auf Fragen der Existenzsicherung, als auch auf Fragen der Alters- oder Gesundheitsvorsorge, der Verbrechensbekämpfung oder eben die Mitwirkung an der Gestaltung des lokalen Gemeinwesens. Nahe gelegt wird gleichzeitig, dass wer das nicht tut, der/die will wohl auch nicht und hat entsprechende Folgekosten und Konsequenzen selbst zu tragen. 

Eine schlechte und eine gute Nachricht

In der Perspektive der Gouvernementalität scheint also einiges dafür zu sprechen, dass ein gemeinwesenbezogenes, beteiligungsorientiertes, aktivierendes Handlungskonzept eine Katalysatorenfunktion in Bezug auf die Verantwortlich-Machung von Einzelnen und Gemeinwesen für soziale Probleme haben könnte, und dass es sich als neoliberale Herrschaftstechnik lesen lässt.

Allerdings wäre das, und das ist die gute Nachricht, auch im Sinne Foucaults, zu kurz gegriffen. Die Frage nämlich, ist GWA eine neoliberale Herrschaftstechnik oder nicht, führt insofern in eine Sackgasse als sie unterstellt, es gäbe tatsächlich den „leuchtenden Pfad" richtiger Erkenntnis und richtigen Handelns, der eindeutig identifizierbar und gangbar wäre und geradewegs in herrschaftsfreie Zustände führt.

Mit Foucault lässt sich gegen solche Einwände, die in ihrem Kern die Logik des „Entweder-Oder" beherbergen, argumentieren. Demnach stünde diese Frageperspektive in der Tradition eines orthodoxen Denkens in Kategorien von Unterdrückung versus Befreiung. Diese Kategorien taugen aber nicht so viel, denn sie unterstellen, das moderne Herrschaft letztlich ein einheitlicher Block ist und Macht ausschließlich etwas Unterdrückerisches. Macht kann mit Foucault stattdessen aber als ein Netz aus Kraftlinien beschrieben werden, das unterschiedliche Knotenpunkte hat, dicke und dünne. Dies beinhaltet auch individuelle Möglichkeiten des Handelns und der Einflussnahme. Kein Mensch ist nur ausgeliefert.

Im Konzept der Gouvernementalität geht es hauptsächlich um das Ineinander und Miteinander von Selbstgestaltung und Fremdbestimmung, von Freiräumen und Repression. Es geht darum, dass und wie Herrschafts- und Selbsttechnologien, Macht und Subjekt miteinander verbunden sind. Die Machtverhältnisse sind den Subjekten nicht äußerlich. Wir sind von ihnen durchzogen. Wir gestalten sie aktiv mit und sind somit Teil dieser Verhältnisse. Das heißt, es gibt kein Außerhalb oder Jenseits der Verhältnisse (vgl. Foucault 1987).

Dieser Gedanke läuft nicht auf die Verabschiedung einer Veränderungsperspektive hinaus, wohl aber auf den Abschied von der Vorstellung, es wäre möglich, die Struktur und das System in Gänze oder gar auf einmal und für immer abzuschaffen. Eher wird das Bild eines permanenten Ringens unterschiedlicher AkterurInnen an zahlreichen Konfliktpunkten bzw. Knotenpunkten entworfen, das je nachdem zu punktuellen Verschiebungen oder größeren Transformationen führen kann.

Auch Kritik ist Teil dieses Ringens und steht nicht außerhalb von Machtprozessen. Sie kann keinen im Außen gelagerten Standpunkt einnehmen, sondern bleibt den Verhältnissen auch in ihrer Verneinung verbunden. Indem sie auf diese zurückwirkt, trägt sie unweigerlich dazu bei bzw. wird benutzt, Herrschaft anzupassen und flexibel zu halten. Ihre Funktion ist also immer zwiespältig. Sie kann einerseits helfen, Zugewinne an Freiräumen und Rechten zu erstreiten, gleichzeitig spielt sie eine nicht unerhebliche Rolle für die Revitalisierung von hierarchischen und unterdrückerischen Strukturen. Foucault (1992: 12) sagt, dass Kritik im zugleich Widerpart und Partnerin der Verhältnisse ist.

Wenn dies von AkteurInnen sozialer Bewegungen oder einer kritischen Gemeinwesenarbeit nicht als eigenes Versagen oder als Unmöglichkeit von Emanzipation, sondern analytisch als grundlegender Funktionsmodus verstanden wird, dann könnte eine heilsame Distanz zum eigenen Handeln entwickelt werden, die schmerzhafte Desillusionierung und damit Resignation verhindert und gleichzeitig das Aufdecken von Handlungsspielräumen ermöglicht. Erkenntnisinstrumente, um diese nicht hintergehbare Verwobenheit erkennen zu können, wie die Gouvernementalitätsstudien sie bereitstellen, können gerade fortschrittliche SozialarbeiterInnen und Stadtteilaktivistinnen davor bewahren, begriffs- und ratlos vor der „Entwendung" ihres Vokabulars durch herrschende Instanzen zu stehen.

Regierungstechnologien, die auf die Stimulierung von Handeln zielen, können die Möglichkeit von Subversionen und Widerständigkeit niemals vollständig still stellen, außer sie arbeiteten mit massivem Zwang und Gewalt. Foucaults komplexes Konzept von Regierung schließt nicht-kalkulierbare, eigensinnige Momente der Selbstführung ein. Dies und der produktive, dynamische Charakter von Macht, der Freiheits- und Widerstandsmomente beinhaltet, verweisen auf Möglichkeiten zur Dynamisierung von Herrschaftsverhältnissen. Von daher besteht also Grund zur Annahme, dass ein GWA-Konzept, das auf Aktivierung und Selbstorganisation zielt, in der konkreten Praxis nicht nur die Fremdherrschaft im Gewand der Selbstführung intensiviert.

Um Handlungsspielräume zu gewinnen, müssten GemeinwesenarbeiterInnen eine kritische Haltung einnehmen und sie bei anderen ermöglichen. Das bedeutet, im Sinne Foucaults, die Kunst zu praktizieren „nicht dermaßen regiert zu werden", sprich: die herrschenden Zustände nicht zu akzeptieren. Es gilt, die Bedingungen zu studieren, unter denen Aussagen und Praktiken gesellschaftlich akzeptabel (gemacht) werden. Die Doppeldeutigkeit der Kernbegriffe von GWA und selbst ihre Vereinnahmung könnte auch als Chance zur Positionierung, zur Öffentlichkeitsarbeit und zum offensiven Streit um Inhalte genutzt werden.

Diskursive Strategien und kritisches Bewusstsein allein reichen jedoch nicht aus, es braucht auch eine materielle Komponente. Gefragt ist auf Seiten der GemeinwesenarbeiterInnen ein Handeln, das sich hartnäckig um die Sicherung der materiellen Existenzbasis und übergreifender sozialer Rechte der AdressatInnen bemüht. Das kann unter anderem bedeuten, sich mit aufgeschlossenen Teilen der Gewerkschaften zu verbünden. Zentral ist, dass Perspektive und Aktionen sich nicht auf das Quartier beschränken, sondern mit der Thematisierung der gesellschaftlichen Verteilung von Gütern und der Forderung nach Bereitstellung von Ressourcen von außerhalb des Stadtteils verbunden werden.


Literatur:

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  • Lanz, Stefan. 2000. Der Staat verordnet die Zivilgesellschaft. Widersprüche. Heft 78: 39 - 51
  • Lemke, Thomas. 1997. Eine Kritik der Politischen Vernunft. Foucaults Analyse der modernen Gouvernementalität. Berlin, Hamburg
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  • SPD Grundsatzprogrammkommission. 2001 Wegmarken für ein neues Grundsatzprogramm. Sozialdemokratische Vorstellungen zur nachhaltigen Gestaltung der globalen Epoche. Papier vorgelegt zum Parteitag der SPD in Nürnberg, 19.-22. November 2001
  • Staub-Bernasconi, Silvia. 2002. Community work around the world. In: Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Sozialarbeit. Heft April 2002: 6 - 12
  • Stövesand, Sabine. 2007. Mit Sicherheit Sozialarbeit. Gemeinwesenarbeit als innovatives Konzept zum Abbau von Gewalt im Geschlechterverhältnis unter den bedingungen neoliberaler Gouvernementalität. Münster 

Fußnoten:

[1] Der Begriff selbst bezieht sich nicht auf die Idee eines Ursprungs, sondern wird in der Bedeutung von "Herkunft" und "Entstehung" verwandt (vgl. Foucault 2001/1978: 336). Erkundet werden die Akzeptabilitätsbedingungen eines Systems und die Bruchlinien seines Auftauchens (vgl. Foucault 1992: 35). Es geht also nicht um Form, sondern um Formierung, um die Denaturalisierung selbstverständlicher Wahrheiten als kontingent und historisch-spezifisch.

[2] Die Vorstellung einer die ganze Bevölkerung überspannenden Gesellschaft wird auch dadurch unterminiert, dass in der globalisierten Wirtschaft weniger die Einzelstaaten miteinander in Konkurrenz treten, sondern Regionen und damit Teilbevölkerungen. Dies führt nach Rose (2000: 73 ff), unter anderem dazu, dass sich die politisch Regierenden nicht mehr ausschließlich als Akteure begreifen, die es mit einer ins System integrierten Bevölkerung zu tun haben, deren "sozialer" Zusammenhalt als Ganzes eine Bedingung des wirtschaftlichen Erfolges ist.